Afrika Saga 02 - Feuerwind
Cleopatra auf wenige Zoll, kraulte ihr noch einmal die Ohren und hob das Gewehr. Mit aller Kraft unterdrückte sie das Schluchzen, das ihr in brennenden Wellen in die Kehle stieg, damit ihre Hände ruhig waren, schickte ein Gebet zum Himmel und drückte ab.
Cleopatra fiel um wie gefällt. Ihre Beine zuckten ein paarmal, wobei der gebrochene Vorderlauf lose hin und her schlug, dann lag sie still, und Catherine hörte nur noch ihr eigenes Weinen. Sie weinte hemmungslos, bis raue Schreie ihre Trauer zerrissen. Ein großer Geier landete keine zwanzig Fuß entfernt von dem Pferdekadaver.
Schnabelklappernd hüpfte er näher, dabei gierige, kleine Laute ausstoßend. Sie machte eine wütende Bewegung, um ihn wegzujagen, hielt dann aber inne. Es würde ihr nicht gelingen. In wenigen Minuten würde die Kunde von dem Festmahl jeden Geier, jede Hyäne, jeden Schakal in der weiteren Umgebung anlocken, und vermutlich einige Löwen ebenfalls. Es war höchste Zeit für sie, das Weite zu suchen. In aufwallender Verzweiflung hob sie einen Stein auf, zielte und warf. Es war nur ein kleiner Trost, als sie den großen Vogel traf. Der schüttelte nur seine Federn, breitete seine Schwingen aus, schwebte auf die tote Cleopatra nieder und öffnete mit einem kraftvollen Schnabelhieb den weichen Bauch.
Sie zuckte zurück, wünschte, dass sie genügend Kraft gehabt hätte, ihrem Pferd ein Grab zu graben und eine große Steinpyramide darüber zu häufen, um die Aasfresser abzuhalten. Aber es war hirnrissig, auch nur daran zu denken. Weder hatte sie die Kraft noch die Zeit.
Nachdenklich wog sie ihr Gewehr in der Hand. Es war ein sehr gutes Gewehr und es war teuer gewesen, aber ohne Munition war es nichts weiter als ein hinderliches Stück Holz. Sie holte aus, um es in den Busch zu schleudern, ließ den Arm dann aber wieder sinken. Sie würde das später entscheiden. Mit schleppenden Schritten ging sie zu Cleopatra.
Mit einem Gewehrhieb trieb sie den blutbesudelten Geier ein paar Schritte zurück, kniete im strömenden Regen neben ihrem toten Pferd im Gras und durchsuchte die Satteltaschen. Nur kurz erwog sie, diese mitzunehmen, aber da sie ohnehin leer waren, machte es keinen Sinn.
Sie wären überflüssiges Gewicht. Mit zarten Bewegungen löste sie die Binde von Cleopatras Augen. Sie brauchte ihre Bluse noch. Sie drückte die schönen, trüb gewordenen Augen zu, streichelte ihr noch einmal den noch warmen Hals und lief, so schnell sie konnte, über den durchweichten, mit Geröll übersäten Weg davon. Hinter sich hörte sie das aufgeregte Lachen der Hyänen, das irrwitzige Geschrei der Schakale und einmal, ganz in der Nähe, das wütende Fauchen einer Löwin. Sie rannte blindlings, achtete nicht auf die Richtung, war nur versessen, zwischen sich und der blutigen Fressorgie möglichst viel Abstand zu bringen. Mehr als einmal hörte sie Knacken und Krachen wie von einem großen Tier, das durch den Busch brach, aber sie blieb nicht stehen, um herauszufinden, was es war.
Als sie irgendwann einmal Halt machen musste, weil ihre brennenden Lungen nicht mehr genügend Sauerstoff bekamen, hatte sie jegliches Gefühl für Zeit und Richtung verloren. Vornübergebeugt, die Hände auf die Knie gestützt, hielt sie keuchend Ausschau nach etwaigen Verfolgern, aber außer einer Gruppe jämmerlich nasser Webervögel, die sich auf einem Ast dicht aneinander drängten, war kein Tier zu sehen. Es war ihr klar, dass ihr nur noch wenig Zeit bis zur Dunkelheit blieb, und die würde heute früher kommen, weil der Regenhimmel alles Licht schluckte. Sie musste bald einen Unterschlupf finden, der ihr Schutz vor dem Regen bot, dichtes Gebüsch, einen ausgehöhlten Baum oder, was am besten wäre, eine Höhle. Die fand man entweder in der Nähe der Felsformationen, die überall aus der Erde wuchsen, oder am Ufer der Flüsse. Doch war sie weder imstande, im feuchten Nebel irgendwelche Felsen zu entdeckten, noch wusste sie, wo das Flussufer sich befand.
Ihr nutzloses Gewehr umklammernd, ging sie weiter, langsamer dieses Mal, vorsichtiger. Hoffnung keimte in ihr auf, als sie, durch die dichte Vegetation gedämpft, Frösche quaken hörte. Es war also entweder ein Fluss in der Nähe oder ein Sumpf, und beide waren beliebte Aufenthaltsorte für Krokodile, aber fand sie ihn, wäre es ihr auch möglich, ihre Richtung zu bestimmen. Argwöhnisch prüfte sie jeden Schritt, den sie tat, um nicht in ihrer Panik, Löwen, Hyänen und anderem Getier davonzulaufen, vor Unachtsamkeit
Weitere Kostenlose Bücher