Afrika Saga 02 - Feuerwind
es hier eines Tages aussehen würde?« Mit seiner Hand beschrieb er einen weiten Bogen, der die geschäftige Straße, die blitzenden Fenster, die Läden mit den reichhaltigen Auslagen umfasste. »Genauso ist es eingetreten. Heute gibt es schöne Läden, in denen du alles kaufen kannst, was dein Herz begehrt, und Hotels, gediegene Stadthäuser und einen Park, wie ich es gesagt habe …«
Sein Blick fiel auf Madame Coqui's Ladies Fashion Shop, der erst kürzlich eröffnet worden war. »Sieh einmal, dieser schöne Hut da, der ist doch genau für dich gemacht«, rief er übertrieben laut und zeigte auf ein elegantes Modell, das auf einem Holzständer im Schaufenster ausgestellt war. Der Hut war breitkrempig, aus schwarz glänzendem Stroh mit einem kühnen Federgesteck. Bevor sie antworten konnte, hatte er schon die Ladentür geöffnet und begrüßte die füllige Madame Coqui, deren schwarze Ringellocken mit jeder Kopfbewegung um ihr weiß gepudertes Gesicht hüpften. »Wir hätten uns gern diesen Hut dort angesehen.«
Catherine setzte den Hut auf und lächelte Johann im Spiegel zu.
»Hinreißend«, murmelte er.
Catherine griff nach einem anderen, eine Komposition aus feinstem, tiefblauem Strohgeflecht und kornblumenblauen Seidenblüten und probierte auch den. Außer ihnen befand sich nur noch eine Kundin im Laden, die gerade Anstalten machte, eine von Madame Coqui's Kreationen aufzusetzen. Diese war mit wenigen Schritten bei ihr und riss ihr den Hut aus den Händen. »Nichts da! Entweder Sie kaufen den Hut oder Sie lassen ihre Finger davon! Wo kommen wir denn sonst hin, eh?«
Die Angesprochene fuhr zurück, ihre Unterlippe zitterte. Catherine nahm sie erst jetzt richtig wahr. Sie war eine exotische Erscheinung in einem voluminösen Kleid ganz in Türkis, eine karamellfarbene Grazie mit dunklen Augen, die auberginefarbenen Lippen so voll und schön geschwungen, als hätte Michelangelo sie geformt. Eine Schönheit, aber in Natal würde man sie als Farbige bezeichnen. Langsam wanderte Catherines Blick zur Ladenbesitzerin. »Verzeihen Sie, ich war unter dem Eindruck, dass man die Hüte vor dem Kauf aufprobieren darf.« Damit hängte sie beide Hüte zurück auf die Ständer und machte einen Schritt auf die Tür zu.
»Mais non, Madame, doch nicht Sie …«, plusterte die Hutmacherin, »so warten Sie doch … ich meine …« Sie wies auf die junge Farbige und zuckte die Schultern. »Sie ist die … ist das …«, ihre Hände flatterten wie aufgescheuchte Vögel, »nun, also, sie ist mit … Mr Cramer, dem Zuckerbaron … wissen Sie? Ein Skandal …«, raunte sie den Steinachs zu.
Johann beäugte sie wie ein besonders widerwärtiges Insekt. »Es ist also gestattet?« Damit hob er den blauen Hut vom Ständer und reichte ihn der schüchtern dreinschauenden Frau. Diese zögerte, schien auf ein Zeichen von Madame Coquis zu warten.
»Diese Kreation ist wie für Sie gemacht, gnädiges Fräulein«, sagte Johann mit einer leichten Verbeugung. »Er würde Sie aufs Entzückendste kleiden.«
»Danke«, flüsterte die junge Frau und setzte sich den Hut auf. »Ich behalte ihn gleich auf.« Sie zählte der verbissen dreinschauenden Madame Coqui das Geld auf den Tresen, sank vor Catherine und Johann in einen graziösen Knicks und verließ den Laden mit federnden Schritten.
Johann deutete Madame Coqui eine äußerst knappe Verbeugung an. »Adieu, Madame. Wir haben nichts gefunden, das uns gefiel.« Er nahm Catherines Arm, und sie verließen den Laden. »Grässliches Weibsstück«, murmelte er angewidert. »Wir werden woanders einen schönen Hut für dich finden.«
»Das war sehr galant von dir.« Liebevoll strich sie ihm das störrische Haar aus dem Gesicht, bemerkte, dass seine Schläfen in der letzten Zeit grau geworden waren, was ihm, wie sie fand, ein sehr distinguiertes Aussehen verlieh. Sie ließ ihre Hand auf seiner Wange ruhen und lächelte ihm in die Augen.
Er versank in ihrem Blick. Noch heute wurden ihm die Knie weich, wenn er ihr in die Augen schaute, sich in dem tiefen Kornblumenblau verlor. Zärtlich nahm er ihre Hand und drückte einen Kuss auf die Innenseite. Catherine, seine Hand direkt vor Augen, sah den Stummel seines kleinen Fingers, den Konstantin von Bernitt an jenem Tag mit einem gezielten Hieb abgetrennt hatte, und für einen pechschwarzen Augenblick schob sich Nicholas Willingtons Gesicht über das von Konstantin, und alle Alarmglocken schrillten in ihrem Kopf, schrie ihr Instinkt, den Geschwistern
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