Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
Vom Netzwerk:
sie wohltuendes Schweigen, das nicht einem Mangel an Worten entsprang. Aber meistens unterhielten sie sich. Er schien ihr jedoch ein verweichlichter Stadtmensch zu sein, konnte, einen Spatz nicht von einer Drossel unterscheiden, aß kein Fleisch, weil er das Bild des geschlachteten Tiers nicht loswerden konnte, und begegnete Vierbeinern jeglicher Größe mit äußerster Zurückhaltung.
    »Hunde riechen, Katzenhaaren und Pferde sind zu groß«, erwiderte er lapidar auf ihre herausfordernde Frage.
    Anständig reiten konnte er auch nicht, wie sie bei der ersten Fuchsjagd ihres Lebens feststellen konnte. Schon beim zweiten Hindernis war der junge Herr Mellinghoff, natürlich tadellos gekleidet bis hin zu blütenweißen Handschuhen und einem ebenso blütenweißen Taschentuch in der Brusttasche, ganz stillos vom Pferd gefallen.
    »Manchmal denke ich, dass du aus einer anderen Welt kommst«, flüsterte er plötzlich, »und so unerreichbar bist wie ein ferner, strahlender Stern. Wenn ich deinen Geschichten lausche, erscheint mir mein Leben eintönig und freudlos. Mit Freuden würde ich den Rest meines Erdendaseins dir so zu Füßen liegen, dich anschauen, dir zuhören, dir in Gedanken nach Afrika folgen.«
    Maria spürte, dass ihr das Blut in die Wangen stieg. »Ach, was du so redest«, wehrte sie hastig ab.
    Seit den sommerlichen Spaziergängen hatte sich das Verhalten der Mellinghoffs Maria gegenüber deutlich verändert, war kühler geworden, schroffer, und nicht selten fühlte sie, dass Elise Mellinghoff sie mit misstrauischen Blicken verfolgte, und jetzt hatte sie ihr Onkel sogar gewarnt, sich nicht an Leon heranzumachen. Was befürchteten sie nur? Glaubten sie ernsthaft, dass sie eine Heirat mit Leon anstreben könnte? Allein die Vorstellung, nie wieder nach Zululand zurückkehren zu können, dafür den Rest ihres Lebens im Haus der Mellinghoffs zubringen zu müssen, ließ ihr eine Gänsehaut über den Rücken laufen, auch wenn Leon selbst nicht die schlechteste Wahl wäre. Auch äußerlich.
    Sie musterte ihn verstohlen. Schöne Hände hatte er, das war ihr gleich aufgefallen. Langsam wanderten ihre Augen höher. Schultern breit, erfreulich kräftiges Kinn, Mund nicht zu groß, nicht zu klein, eher unauffällig, Nase gerade und schmal. Die war wohl das Erbteil seiner Mutter. Die dunkelblonden Haare hingen ihm glatt wie ein glänzender Pelz bis über den Kragen. Er sah gut aus, aber in einer Menge würde er nicht hervorstechen.
    Bis man ihm in die Augen sah, dachte sie, denn die waren ganz und gar ungewöhnlich. Hellblau wie der Himmel über Norddeutschland, eher kühl, so hatte es den Anschein, doch manchmal, für einen flüchtigen Moment, der so schnell verging, dass sie anfänglich glaubte, sich geirrt zu haben, lag ein Glitzern darin, ein unterdrücktes Lachen, Neugier, mühsam gezähmte Energie und ungeheure Kraft. Das einzige Wort, das ihr dazu einfiel, war Lebensfreude. Aber die Umgebung, in der er lebte, war wohl wahrlich nicht dazu geeignet, diese auszuleben. Darunter litt er, und das war, was sie in seinen Augen lesen konnte.
    Ihr wurde bewusst, dass er ihre Hände noch immer festhielt. Sanft befreite sie sich, ließ ihre Fingerspitzen aber auf seinem Arm liegen.
    »Erzähl du mir von der Universität. Ich möchte dich am liebsten ausquetschen wie eine Zitrone und dein Wissen aufsaugen. Warst du bei Obduktionen dabei?«
    »Ja, und mir ist so schlecht geworden, dass ich mich übergeben habe.« Er lachte trocken. »Genau über die Hosen des Professors. Ich fürchte, das werde ich nie wieder gutmachen können.«
    »Warum bist du eigentlich Arzt geworden?«
    Wieder dieser flüchtige Ausdruck in seinen Augen, diese enorme Energie, dann aber wurden sie undurchsichtig wie hellblaue Steine.
    »Du kennst doch den hanseatischen Ausspruch …«
    »Das heißt, dass deine Geistesgaben nicht so weit reichen, um mit Gewürzen und Kaffee zu handeln?«, rief sie mit herzlichem Lachen.
    »Du lieber Himmel, wie borniert doch die Pfeffersäcke sind.«
    Er sah ihr in die sprühenden, dunklen Augen und hätte sie am liebsten hier und jetzt in den Arm genommen und geküsst, bis ihr schwindelig geworden wäre und sie um Gnade gebettelt hätte. Aber derartig spontane Gemütsäußerungen hatte man ihm früh ausgetrieben, und das hatte ziemlich wehgetan und eine schmerzende Narbe hinterlassen. Das Verlangen überwältigte ihn fast, und er wandte sich zum Fenster, weil er sich selbst in diesem Augenblick nicht traute. »Sicher, so wird's

Weitere Kostenlose Bücher