Afterdark
richtig bei mir an. Das war schon sehr seltsam.«
Als die kleine Katze merkt, dass von dem Thunfischsandwich nichts mehr übrig ist, windet sie sich aus Maris Händen und springt von ihren Knien auf den Boden. In ein paar Sätzen verschwindet sie im Gebüsch. Mari knüllt die Papierserviette zusammen, in die das Sandwich eingewickelt war, und stopft sie in ihre Tasche. Dann wischt sie sich die Brotkrümel von den Händen.
Takahashi sieht ihr ins Gesicht. »Verstehst du, was ich meine?«
»Ja, einigermaßen ...«, sagt Mari und seufzt. »So was Ähnliches wie das, was du gerade geschildert hast, empfinde ich gegenüber Eri auch. Zumindest in den letzten Jahren.«
»Als würden Worte sie nicht richtig erreichen?«
»Ja.«
Takahashi wirft die restlichen Fischbällchen anderen Katzen zu, die sich genähert haben. Nachdem die Katzen sie wachsam beschnuppert haben, verschlingen sie sie gierig und aufgeregt.
»Du? Ich hätte noch eine Frage, aber du musst ehrlich antworten«, sagt Mari.
»Gut.«
»Das Mädchen, mit dem du im >Alphaville< warst, war nicht zufällig meine Schwester?«
Takahashi blickt erstaunt auf und sieht ihr in die Augen, als sähe er zu, wie sich Wellenringe auf einem kleinen Teich ausbreiten.
»Wie kommst du darauf?«
»Nur so. Intuition. Stimmt es nicht?«
»Nein, das war nicht Eri, sondern ein anderes Mädchen.«
»Wirklich?«
»Wirklich.«
Mari überlegt einen Moment.
»Kann ich dich noch was fragen?«
»Klar.«
»Mal angenommen, du wärst mit meiner Schwester in das Hotel gegangen und ihr hättet Sex gehabt.«
»Angenommen.«
»Nur angenommen. Und angenommen, ich würde dich fragen, ob du mit ihr im Hotel warst und ihr Sex hattet.«
»Angenommen.«
»Würdest du dann ehrlich mit ja antworten?« Takahashi denkt kurz darüber nach.
»Ich glaube nicht«, sagt er. »Wahrscheinlich würde ich Nein sagen.«
»Warum?«
»Um die Privatsphäre deiner Schwester zu schützen.«
»Aus Diskretion?«
»In gewisser Weise.«
»Wäre die richtige Antwort dann nicht >Das kann ich nicht beantworten Wenn es dir um Diskretion geht.«
»Aber wenn ich das sagen würde, käme es in diesem Zusammenhang doch einem ja gleich, oder? Das ist dann ein bedingter Vorsatz.«
»Also würdest du in jedem Fall mit Nein antworten, oder?«
»Logischerweise.«
Mari sieht ihm forschend ins Gesicht. »Für mich spielt beides keine besondere Rolle. Auch wenn du mit Eri geschlafen hättest. Wenn es das war, was sie gesucht hat.«
»Was Eri Asai sucht, weiß sie selbst nicht genau, oder? Aber können wir jetzt mal damit aufhören? Denn sowohl hypothetisch als auch tatsächlich war es ein anderes Mädchen, mit dem ich im >Alphaville< war, und nicht Eri.«
Mari seufzt leise und lässt eine Pause entstehen. »Ich hätte auch gern ein engeres Verhältnis zu Eri«, sagt sie dann. »Besonders am Anfang der Teenagerzeit habe ich mir oft gewünscht, dass meine Schwester zu meiner besten Freundin würde. Natürlich habe ich sie auch bewundert. Aber zu der Zeit war sie immer unheimlich beschäftigt - damals hat sie angefangen, als Model für diese Mädchenzeitschrift zu arbeiten. Und sie hatte auch viel Unterricht, und alle haben sie unheimlich verwöhnt. Für mich war da kein Platz. Als ich Nähe suchte, hatte Eri nicht die Zeit, darauf einzugehen.«
Takahashi hört Mari schweigend zu.
»Obwohl wir Geschwister sind und von Geburt an unter einem Dach leben, sind wir in völlig verschiedenen Welten aufgewachsen. Zum Beispiel essen wir nie das Gleiche. Wegen ihrer Allergien muss sie eine besondere Diät einhalten und isst ganz andere Sachen als wir anderen.«
Eine kurze Pause tritt ein.
»Ich will unserer Mutter nicht die Schuld geben, aber ich fand immer, dass sie Eri zu sehr verhätschelt. Mittlerweile ist das egal. Ich will nur sagen, dass wir so etwas wie eine Geschichte oder Vorgeschichte haben. Und auch wenn sie jetzt sagt, sie würde mir gern näher kommen, habe ich, ehrlich gesagt, keine Ahnung, wie das gehen soll. Verstehst du das?«
»Ich glaube schon.«
Mari sagt nichts mehr.
»Im Gespräch mit Eri ist mir plötzlich etwas aufgefallen«, sagt Takahashi. »Ich hatte andauernd das Gefühl, dass sie dir gegenüber Komplexe hat. Vielleicht schon ziemlich lange.«
»Komplexe?«, fragt Mari. »Eri mir gegenüber?«
Ja.«
»Nicht umgekehrt?«
»Nein.«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Auch wenn du die jüngere bist, hattest du immer eine genaue Vorstellung von dem, was du erreichen willst. Du konntest
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