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Afterdark

Afterdark

Titel: Afterdark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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dir etwas gestehen.«
    »Was?«
    »Ich denke das Gleiche wie du«, sagt er. »Aber heute geht es nicht, ich hab meine gute Unterwäsche nicht an.«
    Mari schüttelt entnervt den Kopf »Ich bin müde, also lass die blöden Witze.«
    Takahashi lacht. »Um sechs hole ich dich hier ab. Wenn du Lust hast, können wir zusammen frühstücken. Hier in der Nähe gibt es ein Lokal, die machen tolle Omelettes. Gerade richtig weich ... Ach so, ja - oder sind Omelettes auch irgendwie belastet? Könnten sie Veränderungen der Erbmasse verursachen oder ist organisierte Tierquälerei im Spiel oder sind sie politisch unkorrekt oder ...?«
    Mari denkt kurz nach. »Politisch weiß ich nicht, aber wenn die Hühner Probleme haben, dann gilt das natürlich auch für die Eier, oder nicht?«
    »Schwierig.« Takahashi runzelt die Stirn. »Anscheinend ist alles, was ich mag, mit Problemen behaftet.«
    »Andererseits esse ich auch gern Omelette.«
    »Also finden wir irgendeinen Kompromiss«, sagt Takahashi.
    »Es sind wirklich erstklassige Omelettes, die sie da servieren.« Er winkt ihr zu und macht sich allein auf den Weg zur Probe.
    Mari rückt ihre Kappe zurecht und betritt den Flur des Hotels.

14
    04:25 Uhr
    Im Zimmer von Eri Asai.
    Der Fernseher ist eingeschaltet. Eri steht im Schlafanzug vor dem Bildschirm und sieht uns an. Die Haare fallen ihr in die Stirn, und sie wirft sie mit einer Kopfbewegung zurück. Beide Handflächen auf das Glas gepresst, sagt sie etwas in unsere Richtung. Sie wirkt wie ein Mensch, der sich in ein leeres Aquariumbecken verirrt hat und den Besuchern durch das dicke Glas hindurch seine verzweifelte Lage erklärt. Aber ihre Stimme erreicht unsere Ohren nicht. Sie vermag die Luft auf unserer Seite nicht in Schwingung zu versetzen.
    Wie es aussieht, sind Eris Sinne noch immer wie gelähmt. Sie scheint keine Kraft in ihren Händen und Füßen zu haben. Vielleicht weil sie zu lange und zu tief geschlafen hat. Dennoch bemüht sie sich, die geheimnisvolle Situation, in die sie geraten ist, zumindest ein wenig zu verstehen. Trotz all ihrer Verwirrung und Unsicherheit wendet sie ihre ganze Kraft auf, um so etwas wie eine Logik oder die Eigenschaften dieses Ortes zu erfassen und zu begreifen. Diesen Eindruck vermittelt sie durch das Glas.
    Eri schreit nicht. Sie klagt und weint auch nicht. Dazu scheint sie bereits zu erschöpft zu sein. Ihre Stimme würde uns ohnehin nicht erreichen, das weiß sie selbst.
    Sie versucht jetzt, das, was sie dort sieht und wahrnimmt, in wenige, aber treffende, leicht verständliche Worte zu fassen, halb an uns und halb an sie selbst gerichtet. Das ist natürlich keine leichte Aufgabe. Ihre Lippen bewegen sich nur schwerfällig und stockend. Als spräche sie in einer fremden Sprache, sind all ihre Sätze kurz, und zwischen den einzelnen Wörtern entstehen unregelmäßige Lücken, was die beabsichtigten Mitteilungen verzögert und abschwächt. Obwohl wir angestrengt auf die andere Seite spähen, ist schon schwierig auszumachen, ob ihre Lippen Worte formen oder nicht. Die Realität rinnt ihr durch die schlanken Finger wie der Sand durch eine Sanduhr. Dort drüben ist die Zeit nicht auf ihrer Seite.
    Sie wird es bald müde, nach draußen zu sprechen, und schließt resigniert den Mund. Ober die Stille dort legt sich eine neue Stille. Dann hämmert Eri mit den Fäusten leicht von innen gegen die Scheibe. Sie will ihr Möglichstes versuchen. Doch kein Geräusch dringt zu uns vor.
    Anscheinend kann Eri durch das Glas auf unsere Seite hinübersehen. Wir können das aus der Bewegung ihres Blicks erraten, den sie offenbar über die einzelnen Gegenstände in ihrem Zimmer (auf unserer Seite) gleiten lässt, über den Schreibtisch, das Bett, die Regale. Dieses Zimmer ist ihr angestammter Platz. Hier gehört sie eigentlich hin. Sie sollte friedlich in dem Bett schlafen, das hier steht. Aber sie befindet sich nun hinter der transparenten Glaswand und kann nicht auf diese Seite zurück. Irgendetwas hat bewirkt oder gewollt, dass sie im Schlaf in jenen Raum versetzt wurde und unbarmherzig dort gefangen gehalten wird. Eris Augen haben die Farbe der Einsamkeit, wie graue Wolken, die sich auf der stillen Oberfläche eines Sees spiegeln.
    Leider (müssen wir sagen) können wir nichts für Eri Asai tun. Wie gesagt, wir sind nur ein Blick. Wir können in keiner Weise an ihrer Situation teilhaben.
    Aber - so überlegen wir - wer war eigentlich dieser Mann ohne Gesicht? Was hat er mit Eri gemacht? Und wo ist er

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