Agent der Sterne
geschädigt. Selbst wenn ich mich in ihrem Körper einrichte, könnte ich ihn nicht richtig steuern oder am Leben erhalten. Dazu brauche ich ein Gehirn, das wenigstens theoretisch funktioniert. Das hat Michelle nicht mehr. Es wäre so, als würde man versuchen, ohne Lenkrad Auto zu fahren.«
»Aber es wäre doch nur vorübergehend«, sagte ich. »Jetzt hast du die Gestalt von Ralph, aber du hast gesagt, dass in diesem Körper nichts mehr von Ralph ist.«
»Das stimmt. Aber Ralphs Gehirn war noch intakt, als ich ihn übernahm. Ich hatte genug Zeit, zu lernen, wie man ein Hund ist. Das ist mir in diesem Fall nicht möglich.«
»Das ist also das kann nicht«, sagte ich. »Vielleicht finden wir einen Weg, diese Probleme zu lösen. Was ist mit dem will nicht?«
»Ich will nicht, weil Michelle mir nicht die Erlaubnis erteilt hat, ihren Körper zu übernehmen oder ihre Persönlichkeit zu transferieren. Das ist von sehr großer Wichtigkeit, Tom. Andernfalls würde es einem Seelenmord gleichkommen. Das werde ich nicht tun. Es würde allen ethischen Grundsätzen der Yherajk widersprechen.«
»Du hast auch von Ralph kein ausdrückliches Okay bekommen.«
»Aber ich hatte das Gefühl, dass Ralph es wollte. Das ist schwer zu erklären. Außerdem war Ralph zumindest mein Freund, sogar ein sehr guter Freund. Bei ihm konnte ich besser einschätzen, was er wollte, als ich es bei Michelle kann, die ich überhaupt nicht kannte.«
»Aber ich will es so«, sagte ich. »Und Michelle hat mich befugt, in ihrem Namen medizinische Entscheidungen zu treffen.«
»Aber nicht eine solche Entscheidung«, sagte Joshua.
»Das kannst du doch gar nicht wissen«, erwiderte ich fast in anklagendem Tonfall.
Joshua seufzte. »Um genau zu sein, Tom, ich weiß es sehr wohl.«
»Wie meinst du das?«
»Erinnerst du dich, dass ich eingangs von einer schlechten und einer sehr schlechten Nachricht sprach? Nun, die schlechte Nachricht war, dass sie tot ist. Aber die sehr schlechte ist, dass sie es selber getan hat.«
»Was?«, entfuhr es Miranda.
»Ich habe es gesehen«, sagte Joshua, an Miranda gewandt. »In ihren letzten Erinnerungen. Nachdem du gegangen bist, Miranda. Michelle hat die Atemröhrchen herausgezogen und die Latexmaske über ihren Nasenlöchern geschlossen. Dann wartete sie auf den Erstickungstod. Sie hat Selbstmord begangen.«
Joshua sah wieder mich an. »Ob es nun richtig oder falsch war, es steht fest, dass Michelle sich entschieden hat, ihr Leben zu beenden, Tom. Und das ist der Grund, warum ich ihren Körper nicht übernehmen kann, ganz gleich, was du sagst. Sie wollte sterben. Und diese Entscheidung muss ich respektieren. Genauso wie ihr beiden. Wir alle müssen ihre Entscheidung respektieren.«
17
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Carl öffnete seine Haustür und sah uns blinzelnd an. »Ich hoffe, Sie haben einen guten Grund«, sagte er.
Es war kurz vor vier Uhr morgens.
»Den haben wir«, versicherte ich ihm.
Carl schnürte seinen Bademantel zusammen und trat von der Tür zurück. »Gut. Dann stehen Sie nicht länger auf meiner Schwelle herum. In dieser Gegend verhaftet die Polizei jeden, der sich nicht in einem Haus oder einem Auto aufhält.«
Joshua, Miranda und ich traten ins Haus. Carl war in Richtung Küche davongestapft. Als wir ihn einholten, schüttete er gerade Kaffeepulver in einen Filter.
»Ich kann nur sagen, dass Sie Glück haben, dass Elise in Sacramento ist«, sagte er. »Sie hätte Sie zuerst mit Pfefferspray attackiert und später Fragen gestellt.« Er stopfte den Filter in eine Kaffeemaschine und schaltete sie ein. Dann drehte er sich um und bekam mich zum ersten Mal richtig zu Gesicht.
»Mein Gott, Tom«, sagte er. »Wer hat Ihnen das angetan?«
»Ich«, sagte Miranda.
»Sie legen ein beachtliches Tempo vor«, bemerkte Carl. »Bei den meisten Paaren beginnt die Prügelphase frühestens nach der Hochzeit.«
»Carl«, sagte ich.
»Schon gut. Was gibt es?«
»Wir brauchen moralischen Beistand.«
Carl lachte. »Tom, ich bin Agent!« Er hörte auf zu lachen, als ihm bewusst wurde, dass keiner mitlachte. »Erzählen Sie weiter«, sagte er mürrisch.
Ich schilderte ihm die Ereignisse des Abends, von Joshuas Diagnose, meinem Übernahmevorschlag und Joshuas Weigerung. Joshua und ich hatten danach noch eine gute Stunde lang diskutiert und nur so lange aufgehört, wie eine Krankenschwester gebraucht hatte, um uns aus dem Zimmer zu werfen und mir die Leviten zu lesen, weil ich einen Hund in die Intensivstation mitgenommen hatte. Auf
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