Agent der Sterne
Miranda die bessere Kandidatin. Aus moralischen Gründen lehnt sie es ab, dass Joshua den Körper von Michelle übernimmt, aber ich traue ihr zu, dass sie sich nicht durch ihre Meinung beeinflussen lässt, wenn sie Michelles Erinnerungen beurteilen soll. Doch nun hat es sich so ergeben, dass jemand unter uns weilt, der völlig unparteiisch ist, da er überhaupt keine Ahnung hat, was mit Michelle geschehen ist. Also sollte Jim Van Doren die Aufgabe übernehmen, sich ihre Erinnerungen anzusehen.«
»Was?«, sagte Van Doren.
»Du wirst der Mensch sein, der Michelle Becks Gedanken liest«, sagte ich.
»Wie soll das funktionieren?«
»Indem ich dir dünne Tentakel in den Schädel stecke«, sagte Gwedif.
»Wird das mit Schmerzen verbunden sein?«
»Nicht, wenn du von nun an netter zu mir bist«, antwortete Gwedif.
»Tom, du hast mir nicht gesagt, dass mein Gehirn sondiert werden soll.«
»Darum geht es überhaupt nicht«, sagte ich. »Na los, Jim. Als Reporter brennst du doch bestimmt darauf, die wahre Geschichte zu erfahren.«
»Ist das wirklich nötig?«, fragte Van Doren.
»Ja«, sagte ich. »Wirklich. Was du erfahren wirst, könnte die Geschichte unseres Planeten verändern.«
»Es klingt sehr abgedroschen, wenn du es so formulierst.«
»Es mag abgedroschen sein, aber es ist wahr.«
Van Doren wandte sich an Gwedif. »Versprichst du mir, dass mein Gehirn am Ende nicht in einem Glasbehälter landet?«
»Es wird wohlbehalten in deinem kleinen Dickschädel bleiben«, sagte Gwedif. »Das verspreche ich dir. Du hast nichts zu befürchten.«
»Mein Gott, worauf habe ich mich da nur eingelassen!«, rief Van Doren. »Na gut. Einverstanden. Wie ihr meint.«
»Der Ientcio möchte Jim Van Doren eine Frage stellen«, sagte Gwedif.
»Bitte«, sagte Van Doren.
»Tom hält es für richtig, wenn Joshua versucht, den Körper von Michelle Beck zu übernehmen. Miranda ist dagegen. Der Ientcio möchte wissen, wie du darüber denkst.«
»Ich müsste sie dann von der Liste der Leute streichen, mit denen ich gerne ausgehen würde«, sagte Van Doren. »Ansonsten habe ich keine Meinung dazu.«
»Die Schiffsoffiziere werden nun über die Angelegenheit diskutieren und zu einer Entscheidung gelangen«, sagte Gwedif. »Also könnte die Geruchsintensität in den nächsten Minuten spürbar zunehmen.«
So war es. Als sie fertig waren, tränten mir die Augen. Miranda musste sich hinsetzen. Van Doren hielt sich auf den Beinen, wenn auch nur mit Mühe.
»Die Offiziere haben entschieden, mir zu erlauben, in Michelles Gehirn einzudringen und ihre Erinnerungen an Jim Van Doren weiterzuleiten«, verkündete Gwedif schließlich.
»Gut«, sagte ich. »Wenn ihr noch eine Minute länger diskutiert hättet, wären meine Nasennebenhöhlen implodiert.«
»Es war kein einstimmiger Beschluss«, sagte Gwedif. »Die Diskussion wurde mit großer Lautstärke geführt.«
»Was soll ich jetzt machen?«, fragte Van Doren.
Gwedif erklärte ihm, dass er sich neben die Trage setzen sollte, und stellte ihn vor die Wahl, durch seine Nase einzudringen, was die einfachere, aber auch unangenehmere Methode war, oder durch die Ohren, was angenehmer, aber schwieriger war. Van Doren entschied sich für die Ohren.
»Was werde ich zu sehen bekommen?«, wollte er von mir wissen, während Gwedif sich auf die Prozedur vorbereitete.
»Die letzten Augenblicke ihres Lebens«, sagte ich. »Kurz bevor sie ins Koma fiel.«
»Und wonach soll ich suchen?«
»Such nach gar nichts«, sagte ich. »Das ist der Grund, warum du es tun sollst – weil du gar nicht weißt, worum es geht. Erzähl uns einfach, was du siehst und spürst.«
»Kann ich es erzählen, während es passiert?«
»Woher soll ich das wissen? Ich habe so etwas noch nie gemacht.«
»Mann, dein Alienhund hatte Recht«, sagte Van Doren. »Das ist wirklich die verrückteste Nacht meines Lebens.«
Gwedif hielt ihm die Ohren zu, bevor er ein weiteres Wort sagen konnte.
»Was siehst du, Jim?«, fragte ich Van Doren.
»Ich sehe dein hässliches Gesicht, Tom«, sagte Van Doren.
»Dann schließ die Augen.«
Van Doren tat es. »Was ist das denn?«, sagte er schließlich. »Ich sehe eine Frau, die mir irgendein klebriges Zeug über den Kopf gießt. Ich spüre, wie es über mein Gesicht fließt. Was ist das für ein Zeug?«
»Konzentriere dich ganz auf deine Empfindungen«, riet Gwedif. »Als wären es deine eigenen Erinnerungen.«
Eine Weile herrschte Schweigen.
»Es ist Latex«, sagte Van Doren dann.
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