Agent der Sterne
Vater. »Fakt ist, dass im Moment niemand diese Gedichte veröffentlichen wird. Wenn Sie Elie Wiesel wären, könnten Sie sie verkaufen. Aber hier haben Sie keinen Namen. Niemand kennt Sie. Kein Verleger wird Geld zum Fenster rauswerfen, um Gedichte zu drucken, die niemand lesen wird.«
Daraufhin schimpfte Krzysztof weitere zehn Minuten lang über die Dummheit meines Vaters, des Verlagswesens und des amerikanischen Volkes im Allgemeinen, weil es ein Genie nicht einmal erkannte, wenn es genau vor ihrer Nase saß. Mein Vater saß völlig ruhig da und wartete, bis Krzysztof wieder einmal Luft holen musste.
Als er es tat, nutzte mein Vater die Gelegenheit. »Sie haben nicht zugehört, was ich gesagt habe, Krzysztof«, erwiderte er. »Ich weiß, dass Ihre Gedichte Meisterwerke sind. Das steht überhaupt nicht zur Debatte. Das Problem sind nicht die Gedichte, sondern Sie. Niemand weiß, wer Sie sind.«
»Wen interessiert es, wer ich bin?«, sagte Krzysztof. »Meine Gedichte sprechen für sich.«
»Sie sind ein großer Künstler, Krzysztof. Aber Sie wissen absolut nichts über das amerikanische Publikum.« Dann erklärte mein Vater Krzysztof seinen Plan, der kurz darauf unter der Bezeichnung »Das Trojanische Pferd« bekannt wurde.
Der Plan war ganz einfach. Um Krzysztofs Gedichte verkaufen zu können, mussten die Leute zuerst erfahren, wer der Autor war. Zu diesem Zweck überredete mein Vater Krzysztof, nachdem er sich lange gegen diese »Erniedrigung« gewehrt hatte, ein niedliches Schlaflied, das er vor Jahrzehnten für seine Tochter geschrieben hatte, als Kinderbuch zu veröffentlichen. Das Buch mit dem Titel Die Träumer und die Schläfer wurde millionenfach verkauft, zum großen Entsetzen von Krzysztof und zum großen Entzücken meines Vaters.
Während der PR-Tour für das Buch wurde Krzysztofs Holocaust-Geschichte auf den Feuilletonseiten aller größeren und mittleren Zeitungen des Landes breitgetreten. Daraufhin leierte mein Vater Krzysztof die Genehmigung aus den Rippen, die Geschichte fürs Fernsehen verfilmen zu lassen. In jenem Monat war es die Fernsehsendung mit der höchsten Einschaltquote. Krzysztof war es extrem peinlich (er wurde von Tom Selleck gespielt), aber gleichzeitig war er jetzt reich und berühmt.
»So«, sagte mein Vater anschließend. »Jetzt können wir Ihre Gedichte verkaufen.« Und das tat er dann auch.
Ich brauchte ein Trojanisches Pferd. Irgendeine Hintertür, durch die man die Yherajk hereinschmuggeln konnte, genauso wie mein Vater es mit Krzysztof gemacht hatte. Aber ich hatte keine Ahnung, wie sich das bewerkstelligen ließ. Einen Gedichtband zu verkaufen war eine Sache, aber einen ganzen Planeten mit etwas vertraut zu machen, das seine Bewohner während des vergangenen Jahrhunderts gleichzeitig erhofft und gefürchtet hatten, war etwas ganz anderes.
Es klingelte an der Tür. Ralph blickte traurig zu mir auf. Seine Besitzer waren gekommen, um ihn zu holen. Ich tätschelte ihn, dann gingen wir zusammen zur Haustür.
6
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Durch das Fenster schaute ich in mein Büro. »Sagen Sie mir, dass das nicht Tea Reader ist, die ich da drinnen sehe.«
»Gut«, sagte Miranda. »Das ist nicht Tea Reader, die Sie da drinnen sehen.«
»Danke, dass Sie mit meiner Realität konform gehen.«
»Keine Ursache«, sagte Miranda. »Es ist mir immer wieder eine ganz besondere Ehre.«
Ich griff nach dem Türknauf, atmete einmal tief durch und trat in mein Büro.
Über Tea Reader konnte man immerhin sagen, dass sie atemberaubend schön war. Sie war halb hawaiianisch, halb ungarisch, knapp eins achtzig groß und hatte die angeborenen Proportionen, von denen die meisten Frauen behaupteten, sie würden nur bei handgroßen Plastikpuppen vorkommen. Der Presseagent ihrer Plattenfirma hatte mir einmal im betrunkenen Zustand anvertraut, dass schätzungsweise fünfundvierzig Prozent von Teas Plattenverkäufen auf das Konto von Jungen im Alter von dreizehn bis fünfzehn Jahren gingen, weil im CD-Booklet ein Foto abgedruckt war, auf dem sie den Wellen des Pazifiks entstieg und lediglich mit einem dünnen T-Shirt und einem Stringtanga bekleidet war, die sich beide durch eine gewisse Lichtdurchlässigkeit auszeichneten.
Daraufhin hatte ich ihm in gleichermaßen betrunkenem Zustand anvertraut, dass ich, als ich sie seinerzeit von meinem Agentenkollegen geerbt hatte, die kaum verhohlene Hoffnung hegte, sie könnte zu jenen Schauspielerinnen gehören, die gelegentlich mit ihren Agenten ins Bett gingen. Danach
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