Agent der Sterne
Weihnachtstypen?«
»Krzysztof«, sagte ich.
»Ich habe damit angefangen, aber dann musste ich aufhören, weil ich meinen Hund in den Schlaf wiegen musste, und es hat mich ziemlich deprimiert, diese Gedichte zu lesen. Ich musste die ganze Zeit an meinen Hund denken und weinen.«
»Ich finde es gut, Michelle, dass du dramatische Rollen spielen möchtest. Bestimmt würdest du es ganz wunderbar machen. Aber ich glaube einfach nicht, dass dies die richtige Rolle für dich ist. Für Bittere Erinnerungen brauchst du keine Technik oder Methode, dafür brauchst du Wissen. Ich weiß, dass du glaubst, eine Menge über den Holocaust und das Leben dieser Frau zu wissen, aber ich glaube nicht, dass du wirklich das nötige Wissen hast. Wenn du diese Rolle übernimmst, ohne genug darüber zu wissen, wird das auf dich zurückfallen. Melanie Griffith hat einmal einen Film mit dem Titel Wie ein Licht in dunkler Nacht gedreht, und auf der Pressekonferenz sagte sie: ›Im Holocaust starben sechs Millionen Juden. Das sind ziemlich viele Menschen!‹ Damit hat sie dem Film sehr geschadet.«
»Sechs Millionen sind ziemlich viele Menschen«, sagte Michelle. »Ich verstehe nicht, warum sich die Leute aufregen, wenn sie so etwas sagt.«
»Ich weiß, Michelle. Und genau das ist der Grund, warum du diese Rolle nicht übernehmen solltest.«
Michelle blickte mich zornig an und schien sich gerade in einen Wutanfall hineinzusteigern, als sie plötzlich die Augen verdrehte, so dass nur noch das Weiß zu sehen war. Ihr Mund öffnete sich ein wenig, und sie ließ die Gabel auf den Tisch fallen. Ich starrte sie an, geriet in Panik. Ich hatte sie so wütend gemacht, dass sie zusammengeklappt war. Ich wollte gerade mein Handy hervorziehen, um den Notruf zu wählen, als sie wieder zu sich kam.
»So ist es schon besser«, sagte sie.
»Mein Gott, Michelle«, sagte ich. »Was war das?«
»Seit kurzem gehe ich zu einem Hypnosetherapeuten, damit ich meinen Stress in den Griff bekomme. Er hat mir eine Autosuggestion ins Unterbewusstsein eingegeben, damit ich jedes Mal, wenn ich wütend werde oder gestresst bin, für ein paar Sekunden wegdrifte. Das hilft mir sehr dabei, meine Aufgaben zu bewältigen.«
»Dann hoffe ich sehr, dass du keine Aufgaben zu bewältigen hast, wenn du auf der 405 unterwegs bist.«
»Stress machen mir eigentlich nur Verkehrsstaus«, sagte Michelle. »Und da ist es kein Problem, weil ich dann sowieso nicht fahre. Hör mal, du hast mich eben sehr wütend gemacht.«
»Das ist mir bewusst geworden.«
»Eigentlich bist du mein Agent, wenn ich dich daran erinnern darf, und das bedeutet, dass du mir dabei helfen sollst, die Rollen zu bekommen, die ich haben will.«
»Ja, aber gleichzeitig bin ich dein Freund«, sagte ich, »und das bedeutet, dass ich auf dich aufpassen soll. Und als dein Agent muss ich auch deine langfristige Karriere im Blick haben. Wenn Bittere Erinnerungen floppt, würdest du weiterhin Rollenangebote bekommen, aber die Leute würden es sich gründlich überlegen, ob sie dich noch einmal in einem ernsten Drama mitspielen lassen. Und dann könntest du nur noch Sachen wie Summertime Blues und die Fortsetzungen von Mord an der Erde machen. Damit würdest du kurzfristig viel Geld verdienen, aber ich glaube nicht, dass du so etwas für den Rest deines Lebens machen möchtest.«
»Ich will nicht mal diese Fortsetzung von Mord an der Erde machen«, sagte Michelle missmutig. »Komme ich da noch irgendwie raus?«
»Ich fürchte, nein«, sagte ich. »Wir sind schon über das Stadium der mündlichen Vereinbarungen hinaus. Außerdem bekommst du dafür zwölf Millionen plus Prozente. Du bist jetzt unglaublich reich. Genieß es.«
Michelle stocherte im Salat herum. »Die Rolle im ersten Film habe ich nur bekommen, weil Brad mit mir vögeln wollte.«
»Das war nicht der einzige Grund, Michelle«, sagte ich. Und das stimmte sogar, denn damals war sie außerdem noch billig zu haben gewesen. »Aber jetzt kannst du ihn springen lassen. Zur Melodie von zwölf Millionen.«
Michelle zuckte mit den Schultern und blickte auf ihren Teller. »Ich sage doch nur, dass ich irgendwann mal etwas machen möchte, was ich nicht nur deshalb tun darf, weil irgendwer mir gerne an die Wasche gehen würde.«
Ich erinnerte mich daran, warum ich damals bereit gewesen war, Michelles Agent zu werden. Ich kam mir unbeschreiblich dreckig vor.
»Bist du fertig?«, fragte ich.
Sie schaute zu mir auf. »Was?«
»Lass uns gehen.« Ich zückte meine
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