Agent der Sterne
Sie haben ihr noch gar keine Chance gegeben«, sagte ich. »Sie sollten Michelle tatsächlich vorsprechen lassen.«
»Wer hat so viel Zeit?«, sagte Avika. »Wenn die Missverständnisse wegen falscher Szenen und die Ohnmacht überwunden sind und bis wir die richtige Szene durchgegangen sind, ist Rolands Option längst abgelaufen. Als würde das jetzt noch eine Rolle spielen. Offen gesagt, Mr. Stein, ich weiß nicht, was Roland sich dabei gedacht hat. Ihre Klientin ist gut, wenn die Rolle eines Teenagers besetzt werden soll, der sich entjungfern lassen will. Aber bei dieser Rolle geht es um etwas ganz anderes. Michelle Beck hat ungefähr genauso viel mit meiner Tante gemeinsam wie David Hasselhoff mit Gandhi. Jetzt würde ich die Rolle lieber einem Golden Retriever geben.«
»Das könnte ich arrangieren«, sagte ich.
Roland schaltete sich ein, bevor Avika antworten konnte. »Vielen Dank, dass Sie sich herbemüht haben, Mrs. Spiegelman«, sagte er und führte sie zur Tür. »Und machen Sie sich keine Sorgen. Wir werden schon noch jemanden für die Rolle finden.«
»Nichts für ungut, Roland«, sagte Avika, »aber wenn das der gegenwärtige Stand des Castings ist, dann hege ich ernsthafte Zweifel daran.« Sie nickte mir zu und ging hinaus.
Roland drehte sich zu mir um und sackte leicht in sich zusammen. »Einen Scotch?«, fragte er.
»Nein danke. Ich muss demnächst zurückfahren.«
Michelle stöhnte leise, als sie langsam wieder zu Bewusstsein kam.
»Auch gut«, sagte Roland. »Dann werde ich für uns beide einen doppelten nehmen.«
»Schlechter Tag?«, fragte Miranda, als Michelle und ich im Büro eintrafen.
»Sie haben ja keine Ahnung«, sagte ich und führte Michelle in mein Büro, damit sie sich dort auf die Couch legen konnte. Michelles Reaktion auf ihre monumental verpatzte Audition ging inzwischen weit über eine bloße Depression hinaus und näherte sich den Regionen pharmazeutisch nicht mehr behandelbarer geistiger Zustände. Ich drängte sie, ein Nickerchen zu machen, bevor sie sich Latex über das Gesicht schütten ließ.
»Wie schrecklich«, sagte Miranda, nachdem ich ihr von unserem kleinen Abenteuer berichtet hatte. »Ich meine, nicht dass ich geglaubt hätte, dass sie gut für die Rolle ist, aber es ist schon schlimm, auf diese Art und Weise zu scheitern.«
»Wenn ich ihr Hypnosetherapeut wäre, würde ich jetzt für ein paar Wochen untertauchen. Ich glaube nicht, dass die nächste Sitzung sehr angenehm für ihn wird. Haben Sie inzwischen mehr darüber erfahren, was Carl von mir will?«
»Ja«, sagte Miranda und griff nach ihrem Notizblock. »Ich bin zu Marcella rübergegangen und habe es jetzt einigermaßen verstanden. Offenbar hat sich ein Stunthund, den sie für einen Bruce-Willis-Film engagiert haben, eine böse Räude eingefangen, und jetzt brauchen die Leute einen Ersatz für die Szenen, die sie heute Nachmittag drehen wollen.« Sie riss die betreffende Seite aus ihrem Notizblock und reichte sie mir. »Sie werden sehr viel Zeit in der Maske verbringen müssen, Tom.«
»Haha«, sagte ich und warf einen Blick auf den Zettel. Die Dreharbeiten fanden in Pasadena statt, was gut war, weil es nicht weit von meiner Wohnung entfernt war und fast in der Nähe von Pomona lag, wo Michelle ihre Gesichtsbehandlung bekommen sollte. »Es geht nicht um mich, sondern um Joshua, den Wunderhund.«
»Ist das nicht der Name Ihres Freundes, der hier ständig anruft?«, sagte Miranda.
»Auch das. Erstaunlicherweise sehen sich die beiden sogar etwas ähnlich. Wann soll ich am Set sein?«
»So schnell wie möglich«, sagte Miranda. »Was wohl bedeutet, dass Sie sofort losfahren sollten.«
»Gut«, sagte ich. »Miranda, ich möchte, dass Sie etwas für mich tun. Sie müssen Michelle begleiten, wenn man diese Sache mit ihrem Gesicht macht.«
»Ich habe hier gerade ziemlich viel zu tun.«
»Tatsächlich?«, wunderte ich mich. »Was haben Sie zu tun?«
»Anrufe entgegennehmen?«, sagte Miranda vorsichtig.
»Wer soll jetzt anrufen? Carl nicht, weil ich seinen Hund zum Set bringe. Michelle nicht, weil sie mit Latex zugekleistert wird. Der einzige Mensch, der anrufen könnte, ist Van Doren, und mit ihm will ich sowieso nicht reden.«
»Hrmpf«, machte Miranda.
»Gibt es ein Problem?«, wollte ich wissen.
Miranda verzog das Gesicht. »Nein. Es ist nur so, nachdem Michelle jetzt völlig deprimiert ist, habe ich Schuldgefühle, weil ich nicht wollte, dass sie die Rolle bekommt. Manchmal vergesse ich, dass
Weitere Kostenlose Bücher