Agent der Sterne
Atemröhrchen entfernt zu haben, als fehlgeleitete Rache an der Lieblingsschauspielerin ihres betrügerischen Mannes. Aber das klang für mich sehr weit hergeholt.
Meine eigenen Vermutungen waren ebenfalls etwas weit hergeholt, aber nicht allzu weit. Demnach hatte Michelle in ihrem deprimierten Zustand vielleicht selber die Atemröhrchen herausgezogen, in einem melodramatischen und nicht sehr überlegten Selbstmordversuch. Entweder hatte sie damit gerechnet, dass Miranda ihr zu Hilfe kam, und war in Panik geraten, als das nicht geschah, oder sie hatte es ernst gemeint und kurz darauf erkannt, dass der Erstickungstod keine schöne Art zu sterben war. Wie auch immer, jedenfalls war sie an diesem Punkt vom Stuhl aufgestanden.
Und in diesem Moment setzte meiner Vermutung nach ihre Autosuggestion ein und machte sie bewusstlos, bevor sie gegen die Regale krachte. Der einzige positive Aspekt, den ich in diesem Szenario sehen konnte, war, dass sie wahrscheinlich gar nicht mehr bemerkte, wie ihr der Latexkanister auf den Kopf fiel. In diesem Fall hätte sie keine Schmerzen gespürt.
Ganz gleich, wie man es erklären wollte – nun lag Michelle in einem Krankenhausbett und wurde durch einen Schlauch in ihrer Kehle künstlich beatmet.
Ich traf über eine Stunde nach Mirandas Anruf ein. Als ich auf dem Set ankündigte, dass ich Joshua mitnehmen musste, bekam ich gleichzeitig wüste Drohungen und inständiges Flehen vom Drehteam zu hören. Ich sagte ihnen, dass ich warten würde, wenn sie die Szene in exakt fünf Minuten abgedreht hatten. In dieser Zeit rief ich in Carls Büro an und sagte Marcella, dass er mich so schnell wie möglich zurückrufen sollte. Danach gab es niemanden mehr anzurufen. Michelle war ein Einzelkind, und ihre Eltern lebten nicht mehr. Sie hatte auch nie geheiratet. Soweit ich wusste, war ich der Mensch, der ihr am nächsten stand. In diesem Moment kam mir das unendlich traurig vor.
Joshua bekam die Szene in einem Take hin und rannte anschließend sofort zu meinem Honda. Wir rasten mit quietschenden Reifen los, ohne uns zu verabschieden. Dann ging es über die 210 und die 605 auf die 10, wo wir eine Dreiviertelstunde im abendlichen Rushhour-Verkehr feststeckten. Carl rief an. Ich erklärte ihm, was geschehen war, und er sagte, dass er ein paar Telefonate tätigen würde. Ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte, aber es gab mir ein gutes Gefühl. Endlich konnte ich die 10 verlassen und kam auf den Landstraßen schneller als auf dem Freeway voran.
Als ich das Pomona Valley Hospital betrat, verstand ich, was Carl mit seinen Telefonaten in Bewegung gesetzt hatte. Im Empfangsbereich der Notaufnahme kam mir ein Mann im Anzug entgegen.
»Tom Stein?«, fragte er.
»Ja.«
»Mein Name ist Mike Mizuhara«, sagte er und streckte mir seine Hand hin. »Chefarzt von Pomona Valley.«
»Wo ist Michelle?«
»Sie liegt jetzt auf der Intensivstation. Ich werde Sie gleich zu ihr führen. Aber vorher müssen wir uns irgendwie um Ihren Hund kümmern.« Er zeigte auf Joshua.
»Was? Oh, tut mir leid. Ich habe ganz vergessen, dass ich ihn bei mir habe.«
»Kein Problem«, sagte Mizuhara. »Bringen wir ihn einfach in mein Büro. Er kann dort auf uns warten.« Wir gingen zu seinem Büro.
»Ist die Presse schon eingetroffen?«, fragte ich. Es hatte mich überrascht, keinen einzigen Reporter am Empfang zusehen. Derartige Nachrichten verbreiteten sich normalerweise sehr schnell.
»Bis jetzt nicht«, sagte Mizuhara. »Die Rettungssanitäter wussten nicht, wer sie ist, weil sie noch viel von diesem Zeug… Latex?… auf dem Gesicht hatte, als sie sie abholten. Auch die Ärzte, von denen sie behandelt wurde, haben sie nicht erkannt oder sich nicht dafür interessiert, wer sie ist, nachdem sie sie gesäubert hatten. Dann bekam ich deswegen einen Anruf von Carl. Wir führen sie vorläufig unter dem Namen Jane Smith. Sie kam kurz nach dem letzten Schichtwechsel rein. Der nächste ist um zwei Uhr nachts. Mit etwas Glück schaffen wir es, die Sache bis morgen früh zu deckein. Bis dahin werden unsere Pressesprecher auf alles vorbereitet sein. Außerdem soll ich Ihnen von Carl ausrichten, dass auch er herkommen will, sobald er kann. Er hat uns gebeten, auf unserem Parkplatz einen Hubschrauberlandeplatz freizumachen.«
»Carl kann einen immer wieder erstaunen, nicht wahr?«
»So ist es«, sagte Mizuhara. »Aber ich bin ihm sowieso noch einen Gefallen schuldig. Meinem Sohn hat er eine Stelle bei Century Pictures besorgt, kurz
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