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Agenten kennen kein Pardon

Agenten kennen kein Pardon

Titel: Agenten kennen kein Pardon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wie der Mathematiker sagt, ein an den Polen abgeglätteter Sphäroid … ein neuer Stern mit der Leuchtkraft von sechzehn Sonnen, nicht dreißig Meter hoch.
    Ein Stern, den ein Mensch schuf.
    Prof. Paerson saß vor dem Oszilloskop und beobachtete das Pendeln auf der Skala. Er war in diesen Tagen ein alter Mann geworden. Sein Gesicht war zerknittert, seine Gestalt nach vorn übergezogen, um seine Augen lagen tiefe Schatten, die unter den Brillengläsern unheimlich vergrößert wurden.
    Sein weißer, einfacher Labormantel hing um seine Schultern. Neben ihm stand Prof. Dr. Shuster und starrte auf die gleitende Skala des Atomthermometers.
    »Was willst du tun?« fragte er leise. Die Spannung, die über diesem Raum lag, dämpfte seine Stimme. »Willst du Gott versuchen, William?«
    Prof. Paerson schaltete an einigen Hebeln. Eine Sprechanlage verband ihn mit den Technikern hoch oben auf einem Balkon, wo man das technische Gehirn der Atomkugel in den Händen hatte.
    »Drei Borstahlstäbe weg«, sagte Paerson sicher. »Cadmium um vier verringern.«
    Man konnte hier unten nicht sehen, was hinter den dicken Wänden vor sich ging. Nur im Oszilloskop zeichnete sich die Urweltkatastrophe ab, die ein Mensch bändigte. Der Zeiger zitterte empor.
    100.000.000 … 150.000.000 … 200.000.000 … 225.000.000 Volt.
    Prof. Dr. Shuster wischte den Angstschweiß von der Stirn. Er klammerte sich an eine Stuhllehne und starrte wie gebannt auf den Zeiger.
    250.000.000 Volt. – Die Nadel stand. Bebte.
    »Ein Borstab weg.« Paerson schob die Brille näher an die Augen.
    »Das ist Wahnsinn!« sagte Dr. Shuster leise. »William, hör auf!«
    Das Oszilloskop stieg.
    300.000. 000 Volt. 320.000.000 Volt.
    »Ich habe jetzt fast das Doppelte als die bisherige Voltzahl«, sagte Paerson, als spräche er über ein allgemeines Thema. Seine Stimme war klar und fest. Er tippte an das Mikrofon. »Zwei Cadmiumstreifen weg und ein Borstab.«
    Auf dem Balkon war es still. Dann sagte eine Stimme:
    »Es ist unmöglich, Herr Professor.«
    »Nichts ist unmöglich! Tun Sie, was ich sage!«
    »Wir fliegen alle in die Luft!« schrie die Stimme des Ingenieurs. »Wir können die Voltzahl nicht mehr kontrollieren!«
    Prof. Paerson sah zu seinem Freund hinüber. Shusters Augen waren glasig.
    »Hast du auch Angst?« fragte er.
    »Ja, William. Ich habe Angst.«
    »Um dein bißchen Leben? Henry – wir werden nicht in die Luft fliegen. Wir haben unsere Kraft bisher nur unterschätzt. Ich habe neue Bremsanlagen eingebaut, neue Sicherungen, neue Mäntel aus verschiedenen Legierungen. Wir können den Druck halten! Henry, wir sind über uns hinausgewachsen!« Und plötzlich schrie er in das Mikrofon: »Zwei Cadmium und einen Stab weg!«
    Es war still in dem kleinen Raum. Außerhalb des Zimmers, auf der Brücke über dem Brenner, stand der Ingenieur und zögerte. Ich habe Frau und Kind, dachte er. Ich habe … ich habe … Seine Hand zuckte … Die Hebel flogen herum. Im Inneren der Kugel griffen automatische Hände den Borstab und die Cadmiumstreifen. Langsam glitten sie zurück in die neutrale Zone hinter das Graphit.
    Der Ingenieur wartete. Wartete auf den krachenden Tod.
    Es war still. Die Kugel lag stumm in ihrem Felsen- und Betonbett. Die Kontrolluhren tickten weiter.
    Da sank der Ingenieur in eine Ecke, ungläubig, als könne er das Wunder nicht begreifen.
    Prof. Paerson sah auf das Oszilloskop. Der Zeiger schnellte empor.
    400.000.000 … 500.000.000 … 700 . 000.000 Volt!
    »Aufhören!« brüllte Dr. Shuster auf und wich zur Tür zurück, als könne er damit der Katastrophe entgehen. »Aufhören! Henry … wir fliegen in die Luft!«
    Der Zeiger stand.
    750.000.000 Volt!
    Ein Sonnenheer in einer dreißig Meter hohen Kugel!
    Prof. Paerson drückte auf den Knopf. Mit einem Ruck fuhren alle Sicherungen in das Innere des Brenners. Der Zeiger fiel herab auf den Boden.
    0 Volt.
    Langsam drehte sich Paerson um. Seine Augen waren klein, müde, alt. Über seinem Körper lief ein Schauer.
    »Zwölf Jahre habe ich gebraucht«, sagte er leise. »Zwölf Jahre für diesen Augenblick. Vor zwei Tagen, in der Nacht, habe ich es geträumt. Da sah ich mich in meinem Labor, ich stand vor der Anlage und wußte keinen Weg. Keinen Weg in all den zwölf Jahren. Und plötzlich finde ich einen Zettel … im Traum … niemand wußte, wer ihn verloren hatte … und auf diesem Zettel stand die Formel. Stand die neue Dichte der Mäntel, stand die Doppelspaltung, nach der ich suchte, sah ich endlich

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