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Agenten kennen kein Pardon

Agenten kennen kein Pardon

Titel: Agenten kennen kein Pardon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Stämme.
    Nichts. Es gab keine Straße. Warum war das Auto von der Straße abgewichen und vielleicht hunderte Meter in den Wald gefahren?
    Ohne Reifen? Schleudernd und stoßend?
    Plötzlich dachte sie an die Russen. Gregoronow, der Mann, der sie schlagen wollte. Zanewskij, der Frau und Kinder zu Hause hatte und es nicht konnte, sie zu erschießen.
    Die Russen!
    Eine unheimliche Angst erfaßte sie. Man verfolgte sie ja … mein Gott … sie streiften die Wälder ab, um sie zu suchen … Man hatte diesen Mann dort am Steuer erschossen, weil er sie rettete. Man hatte Ralf angeschossen, weil er sie von der Straße aufnahm. Man kannte keine Rücksicht mehr … man mordete.
    Ralf!
    Sie rannte den Weg zurück zu Behrenz' Auto. Als sie atemlos um die Ecke der Schneise bog, schrie sie jubelnd auf. Dr. Bouth stand an das Schutzblech gelehnt und drückte die rechte Hand an die schmerzende Brust.
    »Ralf!« jubelte sie. »Ralf … Ralf!«
    Sie rannte in seine Arme und küßte ihn. Und plötzlich weinte sie, hing sie schluchzend in seinen Armen und konnte es alles nicht fassen, was um sie herum geschah.
    »Mabel.« Dr. Bouth drückte sie an sich. Sein Gesicht verzog sich schmerzhaft, aber er schwieg. »Ich habe gedacht, es sei alles umsonst gewesen. Ich habe gedacht, sie hätten dich wieder geholt. Ich war so verzweifelt … bis du um die Ecke ranntest.« Er küßte sie immer wieder auf die Augen und den Mund. »Jetzt bist du wieder da«, sagte er leise, »und ich gebe dich nie wieder her … nie wieder … nie wieder.«
    Sie schmiegte sich in seine Arme. Sie hörte sein Herz schlagen … und dieses Klopfen in der Brust war schöner als alles, was sie bisher in ihrem Leben gehört hatte. Sie dachte an nichts mehr … an keinen Russen … an keine Flucht … an keine Gefahr … Es klopft, dachte sie nur … Sein Herz klopft. Sein Herz, mein Herz, unser Herz … Es klopft … O wie schön ist es weiterzuleben.
    Dr. Bouth sah sich um, während er sie an sich gedrückt hielt. Er sicherte wie ein Wild, das man hetzt und im Dickicht etwas verschnaufen will.
    »Wir müssen weg, Mabel«, sagte er.
    »Ja, Ralf. Ich höre dein Herz.«
    »Man wird die Spur des Autos finden und nachgehen. Wir sind verloren, wenn Gregoronow und Zanewskij uns finden. Wer weiß, wo die nächste Straße ist. Wir sind hier mitten in den Uinta Mountains. Ich bin zu schwach, um gegen die Russen zu kämpfen.«
    »Ja, Ralf.« Sie lächelte glücklich. »Aber dein Herz schlägt so stark.«
    Er löste seine Umarmung und führte sie an die Wagentür. Wieder sah sie den Toten und schauderte zusammen.
    »Wer ist es, Ralf?«
    »Ein Deutscher, Mabel. Heinz Behrenz. Ich verdanke ihm dein und mein Leben. Er war einmal unser Gegner. Warum er unser Freund wurde, weiß ich nicht. Er wollte es mir sagen, wenn er dich gefunden hatte. Armer, guter Junge.« Er kroch in den Wagen und holte den Rucksack ibn Menras hervor. Er war noch gefüllt mit Konserven und Zwiebackbeuteln. Aus der Tasche des blutgetränken Jacketts Behrenz' nahm er noch einen Revolver und beugte sich dann über den Toten. Ruhig suchte er alle Taschen ab und steckte die gefundenen vollen Magazine zu sich. »Wir werden sie vielleicht brauchen«, sagte er stockend. »Es ist ein weiter Weg zurück nach Santa Fé.«
    Sie lächelte schwach. »Und es fing damit an, daß ich mir ein Hochzeitskleid aussuchen wollte.«
    Dr. Bouth biß sich auf die Lippen. Heimlich sah er Mabel von der Seite an. Ob ich es überlebe, dachte er. Ob ich sie wirklich einmal heiraten kann?
    Aus dem Kofferraum holte er zwei Decken und wickelte sie um den Rucksack.
    »Wir müssen quer durch die Berge, Mabel.« Auf dem Kühler breitete er die Karte aus, die er in Behrenz Seitentasche fand. Auf den Gebieten von New Mexico und Nevada waren große Blutflecken. »Wir sind jetzt etwa hier südlich des Emmons Peaks. Von der Straße können wir gut dreißig Kilometer entfernt sein. Das ist in unserem Zustand ein Marsch von gut drei Tagen, wenn …«, er stockte … »wenn Gregoronow und Zanewskij uns nicht den Weg verlegen.«
    »Wir werden es schaffen, Ralf«, sagte Mabel fest. Sie glaubte es nicht. Sie sah sein blasses, blutleeres Gesicht, das Zucken um die Augen, das Zittern der Finger, mit denen er ihr den Weg auf der Karte zeigte, die Fahlheit der Lippen, die wieder trocken waren, stumpf und rissig. Er wird Fieber bekommen, dachte sie. Sie wußte, was dies bedeutete. Er wird nicht weiterkommen, wir werden irgendwo in den Bergen liegen und warten

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