Agenten kennen kein Pardon
dem Stock. »Wenn man hundert Kilogramm Uran 235 nimmt und es möglich macht, daß sich alle Atome spalten, dann kann man eine Bombe haben von der Wirkung von 2.000.000 Tonnen Trinitrotoluol. Das sind 4.000.000 000 Pfund Sprengstoff auf einmal! Wissen Sie, was das bedeutet! Mit dieser Menge können Sie in einer Sekunde halb Japan auslöschen! Es gibt kein Land der Sonne mehr, wenn Prof. Paersons Entdeckung kein Bluff ist!«
»Er muß es sein, Exzellenz.« Dr. Yamamaschi schob ihm ein Blatt Papier hin. »Wir haben die genauen Zahlen der Versuche von Bikini. Als die erste Bombe explodierte, schleuderte sie eine Wassermenge von 10.000.000 Tonnen in die Luft! Die Flutwelle war so groß, daß sich das amerikanische Schlachtschiff ›Arkansas‹, das sich 170 Meter von der Explosion entfernt befand, aus dem Wasser hob. Eine schwimmende, stählerne Stadt tanzte auf der Flutwelle wie ein leichter Korken! Und das alles nur, weil man ein Gramm Materie – ein Gramm, Exzellenz – in Energie umsetzte! Glauben Sie, daß der Mensch höher nach den Sternen greifen kann? Auch uns Wissenschaftlern ist eine Grenze gesetzt.«
Der alte General sah auf seine Hände. Er schloß die Augen und blickte nach innen. Japan, sah er. Das Land, zerklüftet, Insel an Insel. Millionen auf engstem Raum. Er sah den Krieg, den Kampf, die Schlachten um Singapur, um Mindanao, um Okinawa, das Unglück von Hiroshima und Nagasaki, die Kapitulation. Er sah die Toten und die Verwundeten, die ewig Verkrüppelten, die Gezeichneten und Unheilbaren. Er dachte an den Sonnenblitz, der am 6. August 1945, 09.15 Uhr amerikanischer Zeit, über Hiroshima fiel, an die Frauen, denen die Radioaktiven und Hitzestrahlen das Muster ihrer Kimonos unlöslich in die Haut einbrannten, er dachte an die Kinder, die wimmernd herumlagen, aufgedunsen, dem Strahlentod preisgegeben. Er dachte an alles, was Japan hieß, und er senkte den Kopf auf seine Hände.
»Wissen Sie, Hakanaki, wie die Worte hießen, die man nach der Bombe von Hiroshima in Millionen Flugblättern über unsere Heimat streute? Ich habe sie auswendig gelernt, und ich werde sie nicht vergessen, bis ich aufhöre, zu denken!« Er hob den Kopf mit den geschlossenen Augen. Ein Schauder lief über die Rücken Hakanakis und Yamamaschis.
»An das japanische Volk!
Amerika fordert, daß ihr den Inhalt dieses Flugblattes sofort in Erwägung zieht.
Wir sind im Besitz des vernichtendsten Sprengmittels, das je von einem Menschen ersonnen wurde. Eine einzige unserer kürzlich entwickelten Atombomben entspricht in ihrer Sprengwirkung dem, was 2.000 unserer riesigen B-29er bei einem einzelnen Angriff zu tragen vermögen. Diese furchtbare Tatsache solltet Ihr Euch genau überlegen, und wir versichern Euch feierlich, daß sie grausame Wahrheit ist. Wir haben soeben begonnen, diese Waffe gegen Euer Heimatland einzusetzen. Wenn Ihr noch immer einen Zweifel hegt, erkundigt Euch, was in Hiroshima geschehen ist, als nur eine einzige Bombe auf diese Stadt niederging. Bevor wir diese Bombe weiter anwenden, um jede Hilfsquelle der militärischen Führung zu vernichten, durch die sie diesen nutzlosen Krieg zu verlängern vermag, verlangen wir, daß Ihr jetzt Euren Kaiser ersucht, den Krieg zu beenden. Unser Präsident hat für Euch die dreizehn Punkte einer ehrenvollen Übergabe umrissen. Wir fordern Euch dringend auf, diese Punkte anzunehmen und mit der Aufgabe zu beginnen, ein neues, besseres und friedliebendes Japan zu errichten.
Jetzt müßt Ihr Schritte unternehmen, um den militärischen Widerstand aufzugeben. Andernfalls werden wir mit aller Entschlossenheit diese Bombe und alle unsere übrigen überlegenen Waffen einsetzen, um den Krieg schnell zu beenden.«
Simanuschi sank nach vorn über. Sein Körper wirkte leblos. »Das war das Ende Japans«, murmelte er. »Es war keine Lüge, ebenso, wie es jetzt keine Lüge ist … diese neue Bombe.«
»Hören Sie auf!« schrie Dr. Hakanaki. Seine asiatische Beherrschung verließ ihn. Er schlug die Hände vor die Augen. »Wir können es nicht, General! Wir können es nicht! Das ist es! Wir sind zu dumm, wir sind zu klein! Wir sind keine Genies! Wir sind Menschen, einfache, dumme, stammelnde Menschen! Ich habe die Deutschen im Schilf des Roku gefragt … sie wissen nur, daß auch Rußland nicht weitergekommen ist. Ich habe unseren Agenten B 12 in Los Alamos gefragt … der Sender schweigt. Er schweigt seit Tagen! Ich habe alles versucht … ich habe die Zentrale in New York gebettelt –
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