Agentur der boesen Maedchen
Mutterprobleme zu lösen.«
»Das ist doch das Letzte. Im Zweifelsfall für die Mutter.«
»Eva, jetzt hör doch mal zu.«
»Ja.«
Ich faltete die Hände über dem Bauch und sah Annette aufmerksam an. Sie zog einen Stuhl heran und ließ sich auf der Kante nieder. Wie ich das hasste. Konnte sie sich nicht mit dem Hintern auf die Fläche platzieren wie andere Leute auch?
»Die Mutter macht ihm das Leben schwer.«
»Wahrscheinlich verdient er’s gar nicht anders, als dass sie ihn schlecht behandelt.«
Annette wurde wütend. Ich sah es daran, wie aus dem Rollkragen heraus allmählich die Röte in ihr Gesicht stieg, immer höher, bis unter die Haarwurzeln. Annette wurde selten wütend, aber das war nicht ungefährlich. Ich hatte es übertrieben. Außerdem stand sie wieder auf.
»Es ist wohl besser, ich gehe. Und du solltest dir überlegen, ob du an unserem Unternehmen beteiligt sein willst oder nicht.«
Ich wurde versöhnlich.
»Komm, Annette, tut mir leid. Ich wollte nicht so böse sein. Setz dich hin, und lass uns reden.«
»Also, der Mann hat eine schwierige Mutter. Und er will sich von uns eine Mutter mieten, um mit ihr zu üben, damit er lernt, der eigenen zu widersprechen.«
Seltsam, wie kompliziert sich Annette manchmal ausdrücken konnte. Im Nebenzimmer hörte ich Lucie rascheln, sie war also wieder da – und lauschte. Das setzte mich, rein feministisch gesehen, unter Druck.
»Er braucht eine Frau, bei der er lernt, wie er die eigene Mutter fertigmachen kann.«
»Ganz so hart würde ich das nicht ausdrücken. Wir haben uns doch auf so was spezialisiert, wir wollten doch die etwas andere Agentur …«
»Ich will das Patriarchat unterwandern, sonst nichts.«
Im Büro war ich wirklich ganz besonders streng. Hätte Annette mich zu Hause erwischt, wäre sie vielleicht besser gefahren.
»Eva, nun sei doch nicht so stur. Ich wollte den Auftrag dir geben, er hat schon die Verwaltungsgebühr bezahlt, und du kriegst für jedes Date mindestens fünfhundert.«
Das war ein Argument. Aber sollte ich dafür meine Prinzipien verkaufen? Ich versuchte, beim Neinsagen freundlich zu sein, weil es Annette war.
»Liebe Annette, dein Fall ist nichts für mich. Wenn du so komplizierte Typen annimmst, musst du sie auch selbst betreuen.«
Annette stand auf. Sie hatte Tränen in den Augen. Ich hasste es, wenn Frauen Frauen mit Tränen unter Druck setzten. Aber ich hielt ihr zugute, dass sie wirklich richtig enttäuscht war.
»Gut, dann hat sich das erübrigt. Tut mir leid, dich gestört zu haben.«
Annette war jetzt sauer. Ich wollte mich kompromissbereit zeigen.
»Mensch, Annette, ein andermal gern. Aber den Typen will ich wirklich nicht übernehmen. Und außerdem habe ich im Moment wenig Zeit.«
Annette entfernte sich grußlos. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Irgendwie musste ich versuchen, sie wieder mit mir zu versöhnen. Ich sollte mal mit Ricarda reden, was man da machen könnte.
Annette Ricarda war nicht zu erreichen. Ich hatte ihr schon zweimal auf die Mailbox gesprochen wegen des Herrn von den Stadtwerken, aber sie hatte sich nicht gemeldet. Ich fühlte mich von meinen Freundinnen alleingelassen. Es war klar, dass ich den Fall selbst anpacken musste. So hatte ich mir unsere Agentur nicht vorgestellt. Die Sache hatte nur einen Vorteil. Das ganze Geld war für mich.
Ich schloss die Tür zu meiner Wohnung mit dem vorgelagerten Büro auf. Gelüftet war immer noch nicht, es roch nach verdunstetem Alkohol und altem Kaffee. Mit Resten von beiden Getränken hatte ich meine Blumen gegossen. Ich behandelte sie wirklich nicht besonders gut, aber sie gingen nicht ein.
Ich entschied mich dafür, die nächsten Tage der Lösung von Mutterproblemen zu widmen, und fing gleich mit meinen eigenen an. Ich rief meine Mutter zurück.
»Wir wurden vorhin unterbrochen, tut mir leid. Das Telefon scheint nicht gut zu funktionieren.«
Notlügen mögen feige sein, aber in Notlügen war ich immer gut. Sie retteten mich vor Auseinandersetzungen. »Seit Wochen warte ich darauf, dass du mich einmal besuchst, aber du bist ja nicht mal telefonisch für mich erreichbar. Ich bin alt und krank, da könntest du doch wirklich Rücksicht nehmen. Ich meine, schließlich habe ich doch nur dich, dein Bruder ist viel zu beschäftigt mit seiner anspruchsvollen Tätigkeit und seiner Familie.«
Mein Bruder hatte es eindeutig besser.
»Außerdem würde ich auch gern mal wissen, was aus meiner Tochter wird. Bist du jetzt noch an der
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