Agentur der boesen Maedchen
musste ich an diesem Abend erleben. Irgendwie war es ungemütlich im Haus. Ich wusste, in einem meiner Zimmer saß dieser Weltenbummler herum, er konnte jederzeit auftauchen oder auch nicht – und es war unklar, wann ich wieder meine Ruhe hätte. Ich habe schon schönere Samstage erlebt.
Eva Die Einladung zu Ricarda freute mich. Und es war auch höchste Zeit, dass wir mal im gemütlichen Rahmen Bilanz zogen. Clara wollte eigentlich mitkommen, der Architekten-Abend hatte sie davon überzeugt, dass mit solchen Aufträgen bei wenig Aufwand viel Geld zu holen war, und es hatte ihr gefallen. Aber dann war sie doch lieber zu ihrem Freund gegangen. Ich sollte allerdings ausrichten, dass sie an einer weiteren Zusammenarbeit sehr interessiert sei.
Als ich bei Ricarda eintraf, war Annette schon da. Ich hatte den Verdacht, dass sie sich schon etwas früher getroffen hatten, um in Ruhe über einige private Dinge reden zu können. Mir sollte es recht sein. Dann aber bekam ich rasch mit, dass das Thema der Cousin war, der sich wieder bei Ricarda eingenistet hatte und den ich auch kurz als Schatten an der Wohnzimmertür vorbeihuschen sah. Wir waren uns einig, dass der Kerl so rasch wie möglich wieder verschwinden sollte, aber keine wusste so recht wie.
Jetzt kam er auch noch rein, als wir gerade das Thema wechseln wollten.
»Tag.«
Er bekam keine Antwort. Daher präzisierte er seine Anrede.
»Tag, Annette.«
»Hallo.«
Annette würdigte ihn keines weiteren Blickes. Es war ihr offenkundig peinlich, ihr Verwandtenproblem bei Ricarda abgelegt zu haben.
»Wollte nur guten Tag sagen.«
»Ja, hallo.«
Die gepflegte Konversation schien zu stocken. Karl-Heinz stand noch etwas unentschlossen da, dann wandte er sich zum Gehen.
»Und danke für den Tipp. Wirklich sehr nett hier.«
Das war für Ricarda fast zu viel. Doch sie wehrte sich nicht so, wie ich es erwartet hatte. Sie machte einfach die Wohnzimmertür zu, und der Typ war draußen. Wir atmeten alle tief durch.
»Über das Problem können wir ja später noch reden«, sagte Ricarda, »jetzt soll erst einmal Annette berichten.« Annette fing an. Es gab einige neue Aufträge, es gab auch neben ihrem speziellen Fall Rohmeister schon einige Kunden, die mehrfach auf die Agentur zugekommen waren. Am meisten gefragt waren Ehescheidungsgründe und schwierige Mütter, manchmal auch Kolleginnen oder Töchter. Die Mutterprobleme übernahm Annette meistens selbst, mit einigen war sie schon zu ihrer eigenen gefahren, weil sich das im Falle Rohmeister so sehr bewährt hatte. In zwei Fällen hatte Ricarda den Part der Mutter übernommen. Auch anspruchsvolle Ehefrauen oder Geliebte wurden gelegentlich zu Übungszwecken angefordert. Als Ehescheidungsgrund hatte ich selbst schon fungiert. Es ging einfach darum, sich am Arm eines Mannes in der Öffentlichkeit sehen zu lassen. Das wurde dann seiner Frau hinterbracht, und die sah meistens auch ein, dass ihre Ehe zum Scheitern verurteilt war. Mir war das nicht ganz recht, den Ehemännern so schnell aus der Patsche zu helfen. Aber zum einen lockte mich das Geld, das deutlich der Moral überlegen war, und zum anderen tröstete ich mich mit dem Scheinargument, dass ich den Frauen ja einen Gefallen tat, wenn ich sie von ihren Idioten befreite. Aber so ganz wohl war mir doch nicht.
Zweimal hatten wir noch eine Party aufgemischt, das hatte uns Ricardas neuer Liebhaber vermittelt. Er fand unseren Auftritt bei der Architekten-Fete ganz einsame Spitze.
Annettes Bilanz konnte sich wirklich sehen lassen. Sie hatte sehr gut verdient, und wir mit ihr. Wenn das so weiterging, mussten wir uns neue Frauen zum Vermieten suchen. Ich wollte auf keinen Fall öfter als zweimal die Woche auftreten, und Annette sagte selbst, dass jeder weitere Termin einfach tödlich anstrengend war.
Auch Ricardas persönliche Bilanz der bisherigen Ereignisse war positiv. Schließlich hatte sie über die Agenturarbeit ihren Ralf kennengelernt.
Überhaupt hatte sich viel verändert, seit es die Agentur gab. Annette wirkte selbstbewusster und zufriedener. Sie erzählte von ihren Terminen, von ihrem hohen Verdienst, von ihrer Freizeit, die sie vor allem mit ihrer Doktorarbeit zubrachte. Sie hatte sich von diesem Armleuchter namens Thomas distanziert, sie hatte wieder Kontakt zu ihrem Doktorvater aufgenommen und war von ihm herzlich empfangen worden. Vielleicht hatte er schon bemerkt, dass er die männliche Pfeife und nicht das weibliche Talent engagiert hatte.
Um dieses ganze
Weitere Kostenlose Bücher