Agentur der boesen Maedchen
Friede-Freude-Eierkuchen-Gesäusel etwas aufzulockern, fragte ich nach den Perspektiven.
»Wie geht es nun weiter?«
Ricarda schien mich nicht zu verstehen.
»Na, wie bisher. Läuft doch gut.«
»Ich weiß nicht. Ich spiele diese Ehescheidungsgründe wirklich ungern.«
»Aber sie stehen dir gut. Du siehst hinreißend aus im eleganten Outfit am Arm eines Mannes.«
Das war so ziemlich das Letzte, was ich hören wollte. Annette grinste unterdessen wissend in sich hinein.
»Wer von euch beiden hat an dem Wochenende Mitte Dezember schon was vor?«
Ricarda und ich sahen uns ratlos an und zuckten nahezu zeitgleich die Schultern.
»Was ist mit Clara?«
»Wenn du sie rechtzeitig buchst, wird sie auch Zeit haben. Ihr Typ ist relativ pflegeleicht, gut zu verschieben. Aber du kannst uns ruhig mal sagen, worum es geht.«
Annette grinste immer noch.
»Es geht um ein Managerseminar. Zwei Tage Garmisch. Sie zahlen Anreise, Hotel, und fünfzehnhundert Euro für jede von uns – pro Tag.«
Ricarda, obwohl die wohlhabendste von uns, war begeistert.
»Das macht dreitausend.«
Ich konnte mir eine anerkennende Bemerkung nicht verkneifen.
»Volkshochschulkurs in Mathematik belegt, oder?« Ricarda würdigte mich keines Blickes. Sie konnte Witze auf ihre Kosten nicht ausstehen. Ich versuchte abzulenken.
»Worum geht es genau?«
»Also es ist so: Der Architekten-Chef hat angerufen. Zum einen hat er Jürgen nach der Probezeit nicht übernommen, er war die Null, für die wir ihn gehalten haben. Aber das nur am Rande. Er sagte, das Beste an Jürgen seien wir gewesen, und er hat auch erst später erfahren, dass wir nur für Geld gekommen sind. Ich nehme an, das hat dein Liebhaber bewerkstelligt, Ricarda.«
Die Tante äußerte sich auch zu dieser Bemerkung nicht. Eigentlich war Diskretion ausgemacht, was die Kunden anging. Aber in diesem Fall wollten wir Gnade vor Recht ergehen lassen. Annette ließ es bei dieser Bemerkung, und ich hakte auch nicht nach. Jürgen war wirklich ein Schwachkopf gewesen. Annette konnte also in ihrem Vortrag fortfahren.
»Die Jungs haben Probleme mit den Frauen. Sie haben Kolleginnen, die an ihrem Stuhl sägen, sie haben Geliebte, die nicht nur in einem Apartment auf sie warten wollen, und sie haben Ehefrauen, die ihnen die Hölle heiß machen. Die Sekretärinnen bringen nicht mehr widerspruchslos den Kaffee, und der Nachwuchs macht Probleme, weil er das Geld zum Fenster hinauswirft. Der Architekt ist offenbar an einer Firma für Managerschulung beteiligt, und die suchen Frauen, mit denen die Manager ein bisschen üben können, was es heißt, künftig mit Frauen zusammenzuarbeiten. Wir sollen ihnen also das Leben schwermachen. Dass wir das können, hat er ja schon erlebt.«
Ich hielt das für keine schlechte Idee. Ricarda war völlig begeistert. Also war alles weitere kein Problem. Wir mussten nur noch die Rollen verteilen. Ricarda meldete sich zuerst.
»Ich bin die Geliebte.«
Ich wollte ihr nicht schon wieder zu nahe treten, aber es war unumgänglich.
»Ich glaube, das macht besser Annette. Die Kerle haben meistens jüngere Miezen.«
»Aber Eva, was ist das für eine frauenfeindliche Ausdrucksweise?«
Annette war wirklich entrüstet. Außerdem wollte sie den Hals aus der Schlinge ziehen.
»Ich spiele keinesfalls die Geliebte. Eva, das machst du. Du siehst umwerfend aus, wenn du nur willst. Und du kannst richtig ekelhaft werden. Ich übernehme die Sekretärin.«
Ricarda war aufrichtig enttäuscht.
»Dann bleibt für mich ja nur die betrogene Ehefrau. Das ist ja dann kein Spiel, das kenne ich schon.«
Annette rettete die Situation. Sie setzte sich neben ihre Tante, legte ihr den Arm um die Schulter und zog sie an sich.
»Ricarda, die Rolle der Geliebten kennst du auch, und zwar sehr gut. Aber ich finde es besser, wenn wir den Vorstellungen der Kunden zumindest beim ersten Mal ein bisschen entgegenkommen. Schau, es spielt ja auch Clara den anstrengenden Nachwuchs und nicht du.«
Da musste selbst Ricarda lachen. Und ich konnte mir meine Tochter als Ecstasy-Maus aus feinem Hause gut vorstellen, wenn sie ihrem Alten das Geld aus der Tasche zog. Annette war aber noch nicht ganz fertig.
»Außerdem müssen wir darüber nachdenken, ob wir nicht eine Frau brauchen können, die in der Firma auf Karriere geht. Wenn Eva das macht, dann bleibt vielleicht doch die Geliebte für dich. Aber die Ehefrau ist immer noch üblicher als der Betthase.«
Wir waren also einig und gingen zu privaten Themen
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