Agentur der boesen Maedchen
über. Ricarda schilderte ihr Liebesglück, Annette pries die Vorzüge des Alleinlebens, und ich hielt mich dezent zurück. Ich mochte nicht erzählen, dass ich im Verlag um meinen Job fürchtete, und von Hannes hatte ich auch seit einiger Zeit nichts mehr gehört. Und auf keinen Fall wollte ich den Eindruck erwecken, dass mich das ärgerte.
Annette Montag war offenbar nicht nur mein Erledigungstag. Alle Leute schienen sich Anfang der Woche vorzunehmen, etwas in ihrem Leben zu ändern – und sie fingen auch gleich damit an. Nur so war zu erklären, dass das Telefon nicht stillstand. Ich hatte kaum dem Typen vom Managerseminar Bescheid gegeben, dass wir zu seiner Veranstaltung kommen würden, da ging es schon rund. Eigentlich wollte ich mich meiner Doktorarbeit zuwenden. Aber dazu sollte es so schnell nicht kommen. Der erste Anrufer war Onkel Franz. Er hatte sich mit seiner Frau verkracht, brauchte aber für diesen Abend dringend weibliche Begleitung.
»Du kennst meine Kollegen ja schon. Es sind weitgehend dieselben wie das letzte Mal.«
»Und der Tarif ist derselbe?«
Ich musste mich über mich selbst wundern. In wenigen Wochen hatte ich gelernt, über Geld nicht dezent nebenbei zu reden, sondern konkret meine Forderungen anzusprechen. Schließlich war die Agentur kein Wohlfahrtsverband. Onkel Franz wand sich etwas.
»Nun ja, ein Kleid hast du ja schon. Also bleibt es bei zweitausend.«
»Ich habe eigentlich wenig Lust, im selben Kleid noch mal vor den gleichen Leuten aufzutauchen. Aber ich habe ohnehin keine Zeit, mir heute ein neues zu besorgen, also bin ich einverstanden, weil du’s bist. Ich werde auf meinen Privatfundus zurückgreifen.«
»Danke.«
Onkel Franz meinte es ernst. Er gab zwar viel Geld aus, hatte aber dennoch das Gefühl, gespart zu haben. Und mir war klar, dass mir noch ein langer Abend bevorstand.
Ich hatte kaum aufgelegt und mir eine Tasse Kaffee geholt, als es schon wieder klingelte.
»Hallo, mein Name ist Hannes.«
»Hannes wie?«
»Ich bin der frühere Freund von Eva.«
»Ach der.«
»Wir haben doch schon mal telefoniert.«
»Ja, aber das habe ich fast schon vergessen.«
»Das heißt, Eva spricht nicht über mich.«
»So kann man das sagen, ja.«
»Aber ich hätte gerne mit Ihnen gesprochen.«
»Worüber, wenn ich fragen darf?«
»Ich möchte Sie zum Essen einladen, dann kann ich Ihnen mein Anliegen ja unterbreiten. Es ist ein geschäftliches Essen, Sie dürfen also ruhig den üblichen Tarif verlangen.«
»Ich gebe aber keine Auskünfte über Freundinnen. Und ich stecke meine Nase auch nicht in ihr Privatleben, wenn sie das nicht wollen.«
Das war wieder einmal eine Notlüge. Es dürfte wenige Menschen geben, die so gerne ihre Nase in fremde Angelegenheiten stecken wie ich.
»Lassen Sie uns mal in Ruhe reden.«
»Ich vermische Privatleben und Beruf nicht.«
Hannes lachte. Und ich musste an Onkel Franz denken, an Thomas, an Gero und wie sie alle hießen, die wir schon dienstlich betreut hatten – oder bei denen wir zumindest so taten.
»Da hat mir Clara aber schon ganz andere Sachen erzählt. Aber da Sie unbedingt einen offiziellen Agenturauftrag wollen, würde ich ihn so formulieren: Ich möchte Sie mieten, um mit Ihnen zu üben, wie ich mit meiner früheren Freundin wieder entspannt umgehen kann.«
»Ich dachte, Sie beide vertragen sich ganz gut, auch wenn es nicht gerade die große Liebe ist?«
»Ich möchte das nicht am Telefon ausmachen. Bitte sprechen Sie mit mir.«
Ich sagte zu. Da der Abend schon vergeben war, wollte Hannes mich mittags abholen. Die Doktorarbeit konnte ich für diesen Tag vergessen.
Ich machte mir gerade ein paar Notizen für das Treffen mit Hannes, als die Tür aufging und Rohmeister hereinkam. Er nahm auf der anderen Seite des Schreibtisches Platz und lächelte mich an. Inzwischen entdeckte ich schon sehr charmante und liebenswerte Züge an ihm.
Ich legte den Stift zur Seite und sah ihn gespannt an.
»Hallo Annette. Den Samstag gut überstanden?«
»Das sollte ich wohl besser dich fragen.«
»Was ist mit nächstem Samstag? Wir haben nach dem Auftritt bei meiner Mutter gar nicht mehr darüber gesprochen.«
»Willst du die ganze Geschichte wiederholen?«
»Nein, im Moment lieber nicht. Meine Mutter spricht nicht mit mir.«
»Schlimm?«
»Geht so. Sie tut mir leid. Der Vorteil ist allerdings, dass ich keine Pausenbrote mehr mit in die Arbeit bekomme.«
Ich musste lachen.
»Du hast dir viel zu lange viel zu viel gefallen
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