Agentur der boesen Maedchen
lassen.«
»Du redest dich leicht. Würdest du noch zu Hause wohnen, dann wäre es bei dir genauso. Deine Mutter ist doch nicht viel anders. Aber du bist eben geflüchtet.«
»Stimmt.«
»Ich will meine Mutter auch nicht schlechtmachen. Ich bin ja selbst schuld, dass es so gekommen ist. Ich hätte eben rechtzeitig Grenzen ziehen müssen.«
»Nanu, neue Erkenntnisse?«
Rohmeister mochte offenbar auf das Thema nicht näher eingehen.
»Ich wollte dich bitten, am Samstag mit mir ein paar Wohnungen anzusehen.«
»Dienstlich?«
»Ja, natürlich. Und anschließend wollte ich dich zum Essen einladen. Ich möchte auch noch etwas Privates mit dir besprechen.«
»Privat?«
Ich wurde unruhig. Eine Liebeserklärung von Rohmeister hätte ich im Moment kaum verkraftet.
»Ja, ich will flirten üben.«
»Mit mir?«
»Mit wem sonst?«
»Vielleicht mit der, die es angeht?«
»Nein, ich will erst üben. Ist doch ein ganz neues Fachgebiet für mich.«
»Darf ich fragen, wer die Glückliche ist?«
»Ich habe dir doch von meiner Fortbildung erzählt. Da ist auch noch eine Kollegin dabei. Wir lernen gemeinsam auf die Prüfungen.«
»Eine Frau, die was Technisches macht?«
»Ja, das hat mir auch imponiert. Also einverstanden?« Ich zögerte kurz. Wieder eine Essenseinladung. Ich würde bald aus allen Nähten platzen. Und dann wieder der Samstag verplant. Allmählich wurde es wirklich zu viel. Außerdem wollte ich Rohmeister schon lange etwas fragen, aber ich traute mich kaum.
»Ferdinand?«
»Ja?«
»Kannst du dir das auf die Dauer überhaupt … Ich meine, ist dir das nicht zu teuer … Ich denke, wenn das so weitergeht …«
Ferdinand schien zu verstehen.
»Ich kann mir das leisten. Ich habe jahrelang kaum einen Cent ausgegeben. Ich habe ja bei meiner Mutter gewohnt und gegessen. Jetzt wird es allerdings anders. Mit eigener Wohnung und ohne Pausenbrote … Aber mit der Fortbildung bin ich ja bald fertig, und dann sehen wir weiter, vielleicht gibt es dann ja auch mehr Geld. Ich finde deine Arbeit sehr gut, du hast mir viel geholfen – es lohnt sich für mich.«
»Also gut, du holst mich Samstag ab.«
Ferdinand erhob sich gerade, da ging die Tür auf und Hannes kam herein. Er war leicht zu erkennen, der Herr aus der Karibik. Braungebrannt und in sportlichem Outfit, eine Mischung aus Skilehrer und Filmstar. Ich musste grinsen. Eva hatte sich offenbar damals einen Prototyp an männlicher Ausstrahlung zugelegt, um ein Kind zu bekommen. Außerdem sah er Clara auch noch ein bisschen ähnlich – oder wohl eher umgekehrt. Hannes zögerte kurz.
»Störe ich? Soll ich später kommen oder draußen warten?«
Ferdinand sah ihn erstaunt an.
»Wegen mir? Nein, nein. Ich bin gerade am Gehen.«
»Ich möchte aber wirklich nicht …«
»Kein Problem, wir sind schon fertig.«
Ich verfolgte den Dialog amüsiert. Diese rücksichtsvolle Tour kannte ich sonst nur von Frauen, die immer die Anliegen der anderen für wichtiger halten als die eigenen. Die beiden bewarfen sich noch einige Zeit mit freundlichen Worten der Klasse »Bitte, Sie zuerst«, dann ging Ferdinand, und Hannes nahm auf dem noch warmen Stuhl Platz.
»Sie sind also Hannes.«
»Sie sind also Annette.«
Wir lachten.
»Clara sagte, Sie sind Evas beste Freundin.«
»Vielleicht. Das heißt aber nicht, dass sie mir viel erzählt.«
»Das tut sie offenbar nie.«
»Das kann gut sein.«
»Es sieht nicht so aus, als hätten Sie Ihre Meinung geändert. Sie wollen nicht über Eva sprechen.«
»Ich verkaufe meine Zeit nicht, um mich über meine Freundinnen aushorchen zu lassen.«
Hannes nickte.
»Das ist eine gute Einstellung. Aber ich habe wirklich ein Problem.«
Beim Thema Problem wurde ich hellhörig. Fremde Probleme lenken so schön von den eigenen ab.
»Also erzählen Sie kurz.«
»Wollen wir nicht essen gehen?«
»Bitte nicht, ich muss heute Abend noch auf einen Empfang, und ich möchte in mein gutes Kleid passen.« Hannes grinste.
»Ich wusste gar nicht, dass man sich in feministischen Kreisen über die Figur noch Sorgen machen darf.«
»Ich bin nicht Feministin, dazu bin ich zu feige, zu angepasst und auch zu sehr angewiesen auf die Anerkennung von Männern.«
Hannes hob die Augenbrauen und sah mich erstaunt an. »Und Sie kommen mit Eva klar?«
»Eva hat gelernt, dass ich so bin, wie ich bin. Und da Evas feministische Freundinnen auch nicht immer solidarisch sind, muss sie wohl ein paar andere Leute kennen, sonst stünde sie allein auf dieser
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