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Agentur der boesen Maedchen

Agentur der boesen Maedchen

Titel: Agentur der boesen Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Kinskofer
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schien weitgehend egal zu sein. Gero kam etwas zu früh. Als er klingelte, hatte ich gerade die Hände voll Teig. Ich hatte mich entschieden, heute gutbürgerlich zu kochen, mit Spätzle und so. Ich hatte die Nase voll von Italienisch und Griechisch, das stand bei zu vielen dienstlichen Terminen auf der Speisekarte. Also raste ich erst zum Händewaschen, dann an die Tür. Gero kam herein, drückte mir seinen überdimensionalen Blumenstrauß in die eine, ein Buch in die andere Hand und einen Kuss auf die Wange. Dieses Verhalten war mir neu. Entsprechend unsicher war meine Reaktion.
    »Gero, schön, dass du da bist. Und vielen Dank.«
    Ich würdigte das Buch kaum eines Blickes, legte es am Tisch ab, suchte eine Vase, drapierte die Blumen. Gero zog seinen Mantel aus, hing ihn an die Garderobe und kam mit in die Küche. Es entstand ein peinliches Schweigen. Das war sonst nicht üblich. Die Sprechpause behagte mir gar nicht, also fing ich einfach an zu reden.
    »Ich bin leider noch nicht ganz fertig. Willst du inzwischen schon was trinken? Du kannst die Weinflasche öffnen. Und da drüben sind die Gläser. So früh habe ich gar nicht mit dir gerechnet.«
    Gero sagte immer noch nichts. Er holte die Weinflasche aus dem Kühlschrank, entkorkte sie, schenkte zwei Gläser voll, kam damit auf mich zu und drückte mir eins in die Hand.
    »Zum Wohl, Annette.«
    Ich war direkt froh, dass er wieder sprach.
    »Zum Wohl, Gero. Auf einen schönen Abend.«
    Gero sah mich zweifelnd an. Doch dann lächelte er.
    »Ja. Auf einen schönen Abend.«
    Ich turnte immer noch vor meinem kochenden Salzwasser herum und versuchte, mit dem Schaumlöffel die letzten Spätzle aus dem Topf zu fischen, eine Beschäftigung, bei der ich regelmäßig versage, weil die kleinen Dinger einfach zu schnell für mich sind. Gero stand neben mir, hielt sein Glas in der Hand und sah zu. Irgendwann spürte ich sie, seine Hand, die über meinen Rücken fuhr, und ich zuckte zusammen. Das war eine Situation, auf die ich nicht vorbereitet war. Die Suppe, der Braten, das Gemüse, alles perfekt. Aber damit hatte ich nicht gerechnet. Und ich wusste nicht, was ich tun sollte.
    Gero fuhr mit seiner Hand hinauf in meinen Nacken, und ich spürte alle einzelnen Nervenbahnen, die sich meine Wirbelsäule hinunterzogen. Er fasste mich an der Schulter, drehte mich herum und küsste mich. Das weitere war ohnehin nur Formsache. Ich kam gerade noch dazu, den Herd auszuschalten.
    Gero wusste offenbar, in welcher Verfassung ich war, obwohl ich darüber nie mit ihm gesprochen hatte. Er traf auf einen ausgehungerten Menschen, der mit ein paar Streicheleinheiten mühelos davon zu überzeugen war, dass Widerstand zwecklos ist. Es war lange her, dass mich jemand gestreichelt hatte – das lange Alleinsein hatte mich gierig und anfällig gemacht. Warum sollte ich darauf verzichten, wenn mal jemand so großzügig war, Interesse an mir zu zeigen? Zumal ich Gero ja auch mochte. Ob es in Ordnung war, mit dem guten Freund der Tante, den sie gerne in ihrem Bett vorfinden würde, in meines zu gehen, konnte ich mir nicht mehr überlegen. Leider ließ mein Verstand in dieser Nacht schwer zu wünschen übrig. Das ging so weit, dass wir auch keinen ganzen Satz mehr wechselten. Es fiel fast kein Wort.
    Als ich am Samstagmittag aufwachte, hatte Gero schon die Küche aufgeräumt. Von Braten und Spätzle war nichts mehr zu sehen. Wie ich später feststellen konnte, fand sich alles ordentlich verpackt in meinem Gefrierfach.
    Stattdessen empfingen mich ein Frühstück der Sonderklasse und ein frisch geduschter Liebhaber. Ich war so gerührt, dass ich zu weinen anfing. Es musste Jahre her sein, dass sich jemand so intensiv um mein Wohlergehen gekümmert hatte. Unnötig zu erwähnen, dass wir das Bett an diesem Wochenende kaum verließen.

Eva   Schon wieder Scheidungsgrund. Den Termin hatte mir Annette aufs Auge gedrückt, eine andere Figur in unserem Kasperltheater, das sich Agentur nannte, kam einfach nicht in Frage. Denn der Scheidungswillige hieß Onkel Franz – und da konnten weder seine Ex-Frau Ricarda noch die Nichte Annette ihm zur Seite stehen.
    Ich musste also die Arbeit an meiner Kurzgeschichte über Hannes und mich, die inzwischen schon die Länge eines Romans annahm, abbrechen. Schade drum. Ich war gerade gut in Fahrt. Ich schilderte die Szene, wie er nach über zwölf Jahren wieder auftauchte. In meiner Geschichte lief die Sache allerdings ganz anders ab als in der Realität. Ich war witzig und

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