Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Agentur der boesen Maedchen

Agentur der boesen Maedchen

Titel: Agentur der boesen Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Kinskofer
Vom Netzwerk:
auf, aber er kam nicht zu Wort. Ricarda hatte sich warmgeredet.
    »Übrigens: Ich werde einen Antrag stellen, die Überstunden auszubezahlen. Das mit dem Freizeitausgleich klappt ja nie.«
    »Wir haben noch nie Überstunden ausbezahlt.«
    »Einmal ist immer das erste Mal.«
    Schneider stand auf und stützte seine Fäuste auf die Tischplatte. Er sah aus wie ein Gorilla.
    »Verlassen Sie augenblicklich den Raum. Ich rede jetzt mit Frau Seehofer.«
    Ich war nun auch ganz gut drauf.
    »Herr Schneider, ich habe bereits mit zwei anderen Herren vom Vorstand und mit dem Betriebsrat Kontakt aufgenommen. Diese würden meine Bewerbung durchaus wohlwollend behandeln, haben sie mir gesagt.« Schneider lenkte ein.
    »Nun ja, versuchen Sie Ihr Glück. Ich hätte nicht gedacht, dass die anderen Kollegen vom Vorstand auch so fortschrittlich sind. Ich hätte Ihre Bewerbung ohnehin unterstützt. Ich möchte der Emanzipation natürlich nicht im Wege stehen. Sie wären wirklich ein Farbtupfer in unseren langweiligen Abteilungsleiterkonferenzen.«
    Da erhob sich Eva von ihrem Sitz im Hintergrund.
    »Sie ist kein Farbtupfer, du graumelierter Wichser, sie ist eine kompetente Frau.«
    Hübner sprang auf.
    »Ich muss doch sehr bitten. Sie spielen übrigens im Moment gar nicht mit.«
    Hübner nutzte die Gelegenheit, die Szene abzubrechen, bevor Herr Schneider komplett unterging. Schneider kam auf uns zu, gab uns die Hand.
    »Kompliment«, sagte er. »So hart habe ich mir den Auftritt mit Ihnen nicht vorgestellt.«
    Wir probten weitere Szenen, die alle ähnlich aussahen, allerdings mit wechselnder Besetzung. Jeder Manager durfte mal seine chauvinistischen Sprüche loslassen. Und sie wurden immer besser, die Kerle. Sie hatten schnell gelernt. Am Abend besprachen die Herren den Verlauf der Rollenspiele. Unsere Anwesenheit war nicht erwünscht, wir hatten also frei. Wir setzten uns in die Hotelbar und tranken auf Kosten des Seminarveranstalters. Eva war schlechter Laune.
    »Mir passt das alles nicht.«
    »Aber es läuft doch gut«, sagte Ricarda.
    Ich war Ricardas Meinung.
    »Hübner hat mir gesagt, dass er sehr zufrieden ist. Er würde uns gerne für Mitte Januar noch mal buchen.«
    Eva blieb hartnäckig.
    »Irgendwas gefällt mir hier nicht. Nicht nur, dass ich mich von den Typen so abfällig behandeln lassen muss, es ist noch etwas, aber ich komme nicht drauf.«
    Ich wollte ablenken. Es ging auf keinen Fall, dass Eva jetzt die Lust verlor. Ich wollte unbedingt den zweiten Auftrag, und Eva war einfach zu gut, als dass wir auf sie verzichten konnten.
    »Eva,, wir haben noch gar nicht über dein Manuskript gesprochen.«
    »Ach ja, richtig.«
    Ricarda wurde neugierig.
    »Läuft da irgendetwas an mir vorbei?«
    »Eva hat eine tolle Geschichte geschrieben über eine Beziehung.«
    Ich vermutete, dass es sich um Eva und Hannes handelte, die da in verbrämter Form auftraten, aber das wollte ich Ricarda nicht auf die Nase binden.
    »Darf ich sie auch lesen?«
    »Ich möchte erst wissen, was Annette davon hält.«
    »Ich war sehr beeindruckt. Sie ist spannend und witzig, manchmal auch rührend und sehr gefühlvoll.«
    Ricarda wurde taktlos.
    »Und sie ist wirklich von dir, Eva?«
    Jetzt ging Ricarda mir so auf den Zeiger wie vorhin Herrn Schneider im Seminar.
    »Ricarda, bitte, lass mich doch ausreden. Hast du schon über eine Veröffentlichung nachgedacht, Eva?«
    »Nicht direkt. Ich wollte erst dein Urteil hören.«
    »Ich würde es auf alle Fälle versuchen. Du hast ja beste Kontakte. Du kannst es praktisch selbst herausbringen in Lucies Verlag.«
    Eva ließ sich noch einen Cocktail kommen und sagte einige Zeit gar nichts. Dann erzählte sie uns eine Geschichte von ihren feministischen Freundinnen, bei der uns die Ohren auf- und die Augen übergingen.

Ricarda   Weihnachten hat mir noch nie gefallen. Es war ähnlich wie mit Sonntagen, ich kam einfach nicht in die Gänge, niemand rief an, nichts passierte, ich konnte nichts mit mir anfangen. Fast hätte ich mir gewünscht, Annettes Cousin würde auftauchen, aber dann erinnerte ich mich wieder an seine Besuche und war doch froh, ihn losgeworden zu sein. Er hätte meine Einsamkeit nur verstärkt. Am Nachmittag hatte Franz angerufen und mir ein frohes Fest gewünscht. Er war zurzeit solo, die zweite Frau war ausgeflogen, offenbar für immer. Seine Einladung zu einem gemeinsamen Weihnachtsessen hatte ich dankend abgelehnt, zum einen wollte ich nichts von inneren Organen anderer Menschen hören, zum

Weitere Kostenlose Bücher