Agentur der boesen Maedchen
mich dafür. Ich konnte doch nicht anderen Leuten die Beziehung versauen, nur weil es mir im Moment nicht besonders gut ging. Heute Abend konnte ich mich wirklich nicht leiden und alle anderen auch nicht.
Ich war schon bettfertig, als das Telefon klingelte. Es war Ralf. Er erzählte, dass es seinem Vater besser ging, ich bekundete meine Freude darüber. Auch wenn ich den sehr alten Herren nicht kannte, aber von mir aus konnte er gerne noch ein paar Jahre leben.
»Ich komme morgen Mittag, Ricarda. Ist dir das recht?« Ich konnte mich nicht verstellen. Es war wohl eindeutig, dass ich mich freute.
»Ich habe ja dann bis Silvester frei. Ich hoffe, du hast nicht allzu viele Termine, denn ich finde, wir haben einiges nachzuholen.«
Ich musste ihm recht geben. Beschwingt ging ich ins Bett und konnte nicht schlafen. Ich zählte die Stunden, bis Ralf kam. Meine guten Vorsätze, mich mehr um meine Interessen zu kümmern, sollten ja erst zum neuen Jahr gelten.
Annette Die Tage nach Weihnachten hatte ich mir ruhiger vorgestellt. Aber gerade jetzt mussten offenbar viele Menschen ihr Leben neu ordnen, riefen an und wollten ganz dringend Termine vereinbaren. Ich kam gar nicht dazu, Bilanz zu ziehen, und Gero war auch etwas sauer. Er hatte eigens die Praxis geschlossen, um mehr Zeit für mich zu haben. Aber ich ertrank in Arbeit, und sie machte mir auch noch Spaß. Oft schrieb ich morgens an der Doktorarbeit, machte nebenbei Telefondienst, nahm ab dem späten Nachmittag Termine wahr und warf mich abends todmüde, aber glücklich in die Federn. Eigentlich hätte Gero mich verstehen müssen, schließlich hatte er das jahrelang so gemacht. Aber er verstand mich nicht.
Ich musste bald zusätzliche Kräfte anheuern. Aber mir fiel niemand ein, den ich gerne beschäftigt hätte, und mich auf fremde Leute einzulassen, dazu hatte ich im Moment nicht die Kraft. Ricarda wollte ich auch nicht gerne anrufen, schon vor Weihnachten war das ein Problem für mich gewesen, wegen Gero, und jetzt wurde es eher noch schlimmer. Nach dem Abend bei ihr hatten Gero und ich noch über unsere gemeinsame Zukunft gestritten. Er sah zwar theoretisch ein, dass ich noch etwas jung war, um mich auf das Altenteil zurückzuziehen, aber zwischen Theorie und Praxis gab es eben Unterschiede. Die gemeinsamen netten Tage hatten wir verschoben, aber ich konnte nicht sagen, dass es mir schlecht ging. Wir sahen uns an meinen freien Abenden, es würden auch wieder andere Tage kommen, wo ich mehr Zeit für ihn hatte.
An diesem Morgen nach dem zweiten Weihnachtsfeiertag war ich früh aufgestanden und schrieb an meiner Doktorarbeit. Ich schaffte viel und war gerade am Überlegen, wie ich das Mittagessen bestreiten sollte, als es an der Tür klopfte. Der Mann kam mir bekannt vor, aber ich konnte ihn nicht so recht einordnen. Ich war inzwischen mit zu vielen Typen ausgegangen, um sie noch unterscheiden zu können.
Ich machte auf und sah ihn etwas verwirrt an. Ich war immer verwirrt, wenn man mich mitten aus der Arbeit herausholte, und es war schwer, so schnell von der Doktorarbeit auf die Agentur umzuschalten.
Der Mann grinste.
»Ich sehe, Sie erinnern sich nicht.«
»Doch schon, aber nicht genau.«
»Ich heiße Schneider. Ich war auf dem Managerseminar.«
»Ah ja, genau, Sie haben uns ganz schön zugesetzt.«
»Danke. War ja auch der Sinn der Übung. Ein Spiel sozusagen.«
»Na ja, ein Spiel stelle ich mir anders vor.«
»Darf ich reinkommen?«
Ich hatte ihn tatsächlich in der Kälte stehengelassen. Also bat ich Herrn Schneider höflich herein und bot ihm den Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches an.
»Sie werden uns doch nicht so gut gefunden haben, dass Sie einen neuen Auftrag zu vergeben haben?«
»Doch ich habe einen Auftrag, aber er hat nichts mit Managern zu tun. Höchstens am Rande.«
Ich setzte mein professionelles Gesicht auf.
»Ich höre.«
Schneider sah kurz auf meinen Schreibtisch, auf dem sich die Bücher über Annette von Droste-Hülshoff stapelten. Er lachte.
»Kein Wunder, dass Sie mich an der Tür so seltsam angesehen haben, wenn Sie gerade im 19. Jahrhundert waren. Ich bin nicht Levin Schücking.«
Ich erstarrte ob dieser Bildung.
»Sie haben auch nicht viel mit dem Liebhaber der Droste gemeinsam.«
»Wer weiß?«
Ich merkte, wie mir das Gespräch entglitt. Ich versuchte, zum Thema zurückzukehren.
»Womit kann ich Ihnen helfen?«
Schneider ließ sich nicht beirren.
»Erzählen Sie mir erst, was Sie mit der Droste im
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