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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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zittern.
    Mehr noch: Sie verbarg, versteckte, verkroch sich vor dem Abstoßenden hinter dem einzigen, das ihr verblieben war; die Hände, vom langen Haar umschleiert, hatte sie unwillkürlich vors Gesicht geschlagen, und auf diese Weise, zumindest im ersten Schreck, versuchte sie das Unabwendbare von sich abzuhalten. Die Geräusche freilich blieben; die Schritte des Kotbraunen, ihr plötzliches Abbrechen dann, dafür aber jetzt sein stoßartiger Atem, ganz nahe. Dem konnte die Siebzehnjährige nicht entkommen; dieses Ausgeliefertsein, trotz allem, blieb Realität, und dann begriff Agnes Bernauer auch, dass sie ihn nicht beleidigen, nicht zu tief treffen durfte! Er, gerade er, könnte sich rächen an ihr, am Vater, an der Familie, am Gewerbe; ein Leichtes wäre es für einen wie den, sie alle heimatlos und friedlos zu machen, falls sie seinen Zorn reizte! Also musste sie die Furcht, den Schock, die grauenhafte inwendige Beklemmung niederringen; ein Wort, wenigstens ein erstes, musste sie sagen zu ihm – um jeden Preis! Und sie versuchte es, obwohl ihr die Kehle wie gelähmt war. Doch sie brachte nur ein Krächzen heraus; zumindest schien es ihr so, denn in Wirklichkeit blieb sie völlig stumm.
    In ihre Lähmung hinein, in ihr körperliches und seelisches Gebeuteltwerden aber dann plötzlich tatsächlich ein Laut; von den Lippen Albrechts kam er, und zunächst erfasste Agnes ihn gar nicht – einen Herzschlag später aber begriff sie, dass er gesagt hatte: „Du …“ Und dann hörte sie ihn weitersprechen: „Du … musst keine Angst vor mir haben! Nicht du!“
    Es schwang etwas mit in diesen wenigen Worten, das sie – übers Verbale hinaus – als warm empfand; zögerlich begann der Knoten in ihr sich zu entflechten. Agnes, beschämt jetzt fast, löste die Hände von den Augen und erblickte nicht länger einen finster Verhüllten, sondern ein menschliches Gesicht. Nichts Blasphemisches, nichts Popanzisches, nichts Gockelhähnisches sah sie in den Zügen des Mannes; eher war da etwas Verletztes, Verprelltes – vielleicht sogar eine unsichtbare Wunde. Dies, genau dies, ließ die Brücke zwischen ihr und Albrecht noch tragfähiger werden; Agnes’ eigenes Verstörtsein hatte Widerlager und Halt gefunden in dem, was sie hinter der Hauthülle des jungen Herzogs erahnte.
    Als hätte er den mentalen Ruf verspürt, kam Albrecht nun näher; ganz nahe kam er heran, und dann breitete er die Arme aus. „Nein!“, hörte die Siebzehnjährige sich sagen; der Mann hielt in der Bewegung inne, verwirrt; einen Lidschlag später fügte Agnes Bernauer hinzu: „Die Kutte!“
    Der Herzog begriff; er lachte, und sein Lachen bewirkte einen weiteren Schritt zum Vertrautwerden hin. Einen beinahe heiteren Moment lang kämpfte er mit dem Habit, ließ es sodann achtlos zu Boden fallen, stand jetzt im Wams und in den Beinlingen 15 vor ihr, und die Siebzehnjährige dachte unwillkürlich: Er ist schön! An die Vesperstunde erinnerte sie sich gleichzeitig; an den Weinhändler, der sich mit der drallen Urschel in der Wanne gewälzt hatte; an ihre eigene Assoziation von den Rittern, den schlanken, die mit dem Feistwammigen überhaupt nicht zu vergleichen wären. Bewusst wurde ihr, dass ja auch dieser Herzog von Bayern ein Ritterlicher, ein Kavalier war, und so sah sie ihn jetzt wiederum in einem neuen Licht; gleich darauf vernahm sie zum zweiten Mal die warme Stimme.
    „Du bist schön!“, sagte er leise. „Peutinger hat nicht zu viel versprochen, als er dein prachtvolles Haar lobte, deine romantischen Augen, deinen bezaubernden Leib …“
    Während der Sechsundzwanzigjährige noch redete, dachte er: Aber da ist noch mehr … Etwas so Verletzliches, so Zartes – etwas, das man wie einen kleinen Vogel mit vorsichtigen Händen behüten möchte … Etwas Pflanzenreines auch, etwas Verwunschenes und Geheimnisvolles, als hätte Gott gleichermaßen Helles und Dunkles in ein verschleiertes Reis gelegt … – Gott!, dachte er; sie berührt mich stärker, als es bei einer wie ihr gut ist … Sie hat etwas an sich, das vielleicht kein Mann je wird ergründen können … Es geht etwas von ihr aus, das trifft etwas in mir, was ich bis heute nicht kannte … Es berührt mich an einer Stelle, von der ich nicht wusste, dass es sie gibt … – Und dann verwirrte sich ihm das Denken, und er konnte nur noch das eine empfinden: Ich will, muss sie auch berühren; spüren, ertasten, festhalten …
    Und so geschah es; ohne dass er den letzten Schritt bewusst

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