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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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geduckter Haltung, während der Herzog jetzt ausstieg, zischelte der Bader: „Geruht, diesen Umhang zu nehmen, Euer Hochwohlgeboren! Ein Kapuziner hat ihn kürzlich bei mir zurückgelassen als Bezahlung; die Kutte wird Euch bestens tarnen. Und dann sollt Ihr eine verschwiegene Kammer haben, für Euch und die Agnes; soll Euch an nichts fehlen dort, soll Euch allerbestens aufgewartet werden! Gestattet außerdem, dass ich Euch versichere, Fürst von Bayern, welche Ehr’, welch unglaubliche und unverdiente Gnad’ …“
    „Schon gut!“, schnitt ihm der Wittelsbacher das Wort ab. „Soll dein Schaden nicht sein, wenn deine Tochter wirklich so schön ist, wie der Peutinger sagt. Jetzt her mit dem Habit, hoffentlich sind keine Flöhe drin!“
    Unverdrossen ging in der dunstschwadigen Badestube der Lärm weiter, als der Augsburger Großkaufmann, der Mönch und der Eigentümer eintraten. Albrecht, sich durch den Trubel drängend, musste sich etliche derbe Zoten anhören; nahm sie innerlich amüsiert hin. Heimlich hielt er Ausschau nach der berühmten Agnes, bekam aber bloß ein Dutzend gewöhnlicher Wannenhuren und Mägde zu Gesicht. Kurz ehe der Herzog die Stiege nach oben erreichte, schnappte sich der Patrizier eine dieser Halbnackten und war im nächsten Moment mit ihr irgendwo im wabernden Brodem verschwunden. Der vermummte Wittelsbacher grinste, dann folgte er dem Bader in den ersten Stock, und hinter einer Biegung des holzverschalten Ganges klang das Toben von unten plötzlich gedämpfter. „Die beste Kammer, ganz hinten, habe ich für Euch vorgesehen“, raunte Kaspar Bernauer, setzte, nachdem Albrecht wohlwollend genickt hatte, hinzu: „Auch kommt mir sonst kein Gast dort hinein; der Schlafraum der Agnes ist’s – doch für Euch will ich die Ausnahme gern machen.“
    „Ist sie denn schon bereit für mich, deine … Agnes?“, wollte der Münchner wissen, während er die letzten Schritte zurücklegte.
    „Bei einem wie Euch, Herr, da darf es kein Zögern geben, das meinte sie auch, als ich es ihr sagte“, erwiderte beflissen der Bader. „Sie verehrt Euch, hat ja auch mitbekommen, wie kühn Ihr Euch beim Turnier geschlagen habt! Den ganzen Tag über hat sie schon von keinem anderen geschwärmt als dem schönen Herzog aus Bayern …“ Er unterbrach sich, drückte die Klinke, trat – wiederum katzbuckelnd – beiseite, und an ihm vorbei schritt Albrecht in den Raum.
*
    Die Kutte erschreckte sie; alles hatte sie erwartet, das nicht!
    Etwas von einem Münchner Herzog hatte der Alte ihr ins Ohr gezischelt, ehe er sie unter dem Feixen des Ratsherrn nach oben geteufelt hatte. Auf einen Protzigen hatte sie sich also gefasst gemacht, auf einen Herausgeputzten, einen Hochmütigen; einen Geilen sowieso. Die Mägde hatten den Zuber, die dampfenden Wasserkannen, den Wein und den kalten Braten dazu heraufgeschleppt; sie selbst war derweilen aus dem einfachen Hemd geschlüpft, hatte hastig ihr bestes Gewand angelegt und hatte sich gleichzeitig innerlich auf die Begegnung vorzubereiten versucht. Eingestellt, so gut ihr dies in der Eile eben möglich gewesen war, hatte sie sich auf die seit Jahren vertraute Erniedrigung; auf den flüchtigen und unpersönlichen fleischlichen Akt. Sie hatte sich eingeredet, dass sie ihn einmal mehr ohne innere Bewegung durchstehen würde; im Bottich oder auf dem Bett, ganz wie der Galan es wünschte, und schon bald dann würde sie wieder allein sein dürfen, würde die späte Nacht kommen – und damit der erlösende Schlaf; das Vergessen. Gegen die Scham, die möglicherweise später doch noch hochgequollen wäre in ihr, hätte es die Verachtung gegeben; gerade im Fall vermutlich des Herzogs hätte sie bloß an das Popanzische denken müssen, an das lächerlich Gockelhähnische, und das inwendige Spotten darüber – so hatte sie es sich jedenfalls ausgemalt – wäre zuletzt stärker gewesen als das klemmende Nachwabern des Sündigen. In diesem Bewusstsein, das ihr wie ein Schutzpanzer war, hatte Agnes das Herannahen der väterlichen und der fremden Schritte vernommen, hatte sie die Tür aufschwingen sehen – aber dann hatte das Unerwartete sie förmlich angesprungen. Den geilen Kunden in der Kutte hatte sie jäh als etwas Blasphemisches und zutiefst Widerwärtiges empfunden, als etwas, das ihr den schützenden Wall rettungslos zusammenhämmerte – und nun, da Albrecht von Bayern nähertrat, begann Agnes Bernauer, mit hängenden Schultern in der Mitte der Kammer stehend, wie Espenlaub zu

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