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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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ein. Albrecht hatte jetzt den Ehrenplatz zur Rechten des Vaters inne, dennoch blieb die Barriere zwischen ihnen bestehen. Immerhin aber konnte sich der Junge gegenüber dem Alten nun hinter den Schutzwall der alkoholischen Vernebelung flüchten. Der allmählich steigende Rausch ließ ihn auch die Gegenwart der Provinzadligen besser ertragen. Von mir aus schneidet ihr mich, aber kuschen werdet ihr doch müssen vor mir!, dachte der frischgebackene Statthalter zwischendurch mehr als einmal. Trotzig begann er ihnen zuzuprosten; zwang er sie, ihm Bescheid zu tun. Um Trinksprüche, wenn er das richtige Quantum erst intus hatte, war er noch nie verlegen gewesen. Der Falerner, der Rheinwein drückten die Spannung zusehends auf ein zumindest erträgliches Maß zurück. Als der Gleißenthaler zu Zeltsch bömakelnd 57 Zoten von sich zu geben begann, brandete erstmals Gelächter auf; freilich – doch das registrierte der Thronerbe nicht mehr – mit doppelbödigem Unterton.
    Ernst fiel ein, beugte sich zu seinem Sohn hinüber, hielt nun endlich doch ein persönliches Wort für angebracht: „Du wirst schon auskommen mit ihnen! Sind ruppige Herren, aber wirklich zuwider ist keiner! Zeig ihnen, wo der Bartl den Most holt, mach mir keine Schande im hiesigen Schloss! Kannst ein neues Leben anfangen, hier an der Donau, kannst dich bewähren; vor allem deswegen habe ich dich ernannt! Zu Vohburg hast du ja auch nicht schlecht regiert – das andere wollen wir vergessen! Die Baderin mit dem Bankert sitzt gut auf dem Hof bei der Blutenburg – jawohl, ich weiß es, hab’ auch nichts dagegen –, aber jetzt hältst du dich mit den Zuchteln 58 einmal im Zaum! Halt lieber ein scharfes Auge auf die Finanzen und auf die Hussen dazu, das ist wichtiger! Nicht die Weiberröcke zählen im Fürstenleben, sondern die Goldsäcke und die Waffenehre, das musst du dir merken!“
    Der Dunkelhaarige wollte protestieren, aber da hatte der Glotzäugige seinerseits bereits einen Trinkspruch ausgebracht, und im allgemeinen Grölen ging Albrechts Aufmucken unter. Nur die jäh wieder quälende Sehnsucht blieb ihm; das Herzweh nach der, die ihm durch die Ernennung so plötzlich von der Seite gerissen worden war. Doch dann schwemmte der Rausch auch das weg, die Seelenbrunst verlor sich im Toben und Dröhnen des Gelages, des besinnungslosen Suffs zuletzt. Nur vage wurde Albrecht sich noch bewusst, dass etliche Lakaien ihn in seine Gemächer schleppten, während unten im Saal der Adel des Straubinger Landes jetzt unter die Tische zu sinken begann; dennoch, selbst ins kotzüble Wegtreten hineinschlagend, schien das raue, triumphierende Lachen des Vaters gegenwärtig zu bleiben.
*
    Schon am übernächsten Tag ritt der regierende Fürst zurück in seine Münchner Residenz; die Kleinadligen und der Nothafft, nachdem sie dem neuen Statthalter pflichtgemäß noch einmal die Reverenz erwiesen hatten, nahmen ebenfalls ihren Abschied vom Straubinger Hof. In immer noch fremder Umgebung, nichts als die duckmäuserischen Schranzen zur Gesellschaft, fand der verkaterte Einunddreißigjährige sich wieder. Versucht war er, auf der Stelle selbst aufsatteln zu lassen und nach Menzing zu preschen; ins Refugium, das man ihm so brutal geraubt hatte. Dann sagte er sich aber doch, dass der Alte einen derartigen Tort ums Verrecken nicht hinnehmen würde, und so sprengte Albrecht stattdessen auf seinem Vollblüter bloß in die Donauauen hinaus; des Firnschnees und der Eisplatten in den sumpfigen Niederungen nicht achtend.
    Den eigentlichen Fluss suchte er, nördlich des Altwassers; als er den Strom nach etwa einer Meile frostdämpfig dahinziehen sah, lenkte er den Rappen nach Osten um und folgte dem Ufer. Verwundert starrten ihm die Zollbüttel an der balkenverstrebten Holzbrücke nach; wenig später sah der Statthalter zur rechten Hand die Doppeltürme der uralten Peterskirche auftauchen. Einsam, wie ausgegrenzt aus der Stadt, stand der Bau da. Nur das Pfarrhaus und ein paar Höfe duckten sich zu seinen Füßen zusammen; vom Friedhof dahinter war nichts zu erkennen. Der Dunkelhaarige beutelte sich unter einem jähen Frösteln, setzte gleich darauf die Sporen noch schärfer ein und trieb den Hengst in den Jagdgalopp. Wie Messerklingen schnitt ihm der Reitwind jetzt in die Augen, bis sie tränten, und Albrechts Blickfeld schien eins zu werden mit dem Dahinschlieren des Flusses. Doch gerade diesen Schmerz hatte der Reiter gesucht, damit er ihm den Schädel klären sollte; ungefähr eine

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