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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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ihm hinweggeholfen über die vergangenen Tage, doch jetzt war er wieder nüchtern, jetzt hatte der beißende Reitwind ihm den Schädel geklärt – und umso unverbrüchlicher wurde ihm jetzt die Gewissheit, dass er zwar vorübergehend, aber nicht ständig ohne seine Gattin, ohne seine Geliebte leben konnte. Und dann, ganz plötzlich, fand er die Lösung. Ein Weidenstrauch zeigte sie ihm, der vom Ostwind krummgepeitscht und dennoch nicht gebrochen war. „Beugen werde ich mich, ja, doch aus dem Beugen heraus wird mir die Kraft zum Widerstand erwachsen!“, rief er zwischen die spielenden Ohren des trabenden Hengstes hinein. „Statthalter von Straubing bin ich, und wenn ich mein Amt besser ausfülle als jeder meiner Vorgänger, dann schaffe ich mir damit gegenüber dem Alten die Nische, in der auch das andere gedeihen kann; das, was mir wirklich wichtig ist! Dann habe ich ein Druckmittel gegen den Vater, wenn er sich doch wieder dagegen zu stellen versucht, dass ich mit meiner Familie unter einem Dach lebe! Denn einen Versager kann er ducken – aber einen Erfolgreichen, auf den er angewiesen ist, nicht! Das ist der Weg, den wir gehen werden, Agnes! Du hattest recht: Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben …“
    Das Ross zügelte er, blickte auf den ziehenden Strom hinaus, fühlte die Kraft der Donau, die weiche und doch so unwiderstehliche, in sein Inwendiges eindringen. Und dann bäumte sich der Hengst, wurde herumgeworfen auf der Hinterhand; erneut im Jagdgalopp preschte der Wittelsbacher zurück zur Stadt. Er konnte es kaum noch erwarten, an Agnes zu schreiben, ebenso – wenn auch aus ganz anderen Gründen – an den Alten.
    Der Brief an die Geliebte, in dem er ihr seinen Plan darlegte, ging noch am gleichen Tag per Kurier nach Menzing ab; für die andere Depesche nahm der Dunkelhaarige sich mehr Zeit, bedachte jeden Satz gründlich; dennoch durfte Herzog Ernst schon kurz nach seiner Rückkehr nach München zufrieden zur Kenntnis nehmen, was sein Sohn ihm, zur Räson gekommen ganz offenbar, mitteilte: „Auf das geloben wir, dass wir im Niederland sitzen, und wesentlich dort sein wollen, und seinen Landesteil treulichst regieren bis auf sein Widerrufen; und wenn unserem Vater etwas zustößt, wollen wir ihm mit allen unseren Landen helfen, und dazu mit dem Niederlande. 59 Wir wollen auch keinen Krieg anfangen, noch Bündnisse machen, nichts verkaufen, versetzen, keine Diener ein- und absetzen, es sei denn nach seinem Rat und Wissen.“
    Damit hatte Albrecht seiner Loyalität Ausdruck gegeben, doch er hatte noch mehr getan, denn in anderen Passagen des Schreibens waren konkrete Vorschläge enthalten, wie die Straubinger Herrschaft zum Nutzen des gesamten wittelsbachischen Territoriums wieder in die Höhe gebracht werden konnte. Der Landwirtschaft im Gäu, dem Fischfang in der Donau sowie dem Holzeinschlag in den wäldlerischen Gebieten wolle er aufhelfen, hatte der Statthalter mitgeteilt; dadurch könne nicht nur die Wohlfahrt in seinem eigenen Land befördert werden, sondern es werde dann auch möglich sein, einen Teil der Überschüsse nach München abzuführen. Gewisse herzogliche Gläubiger könnten auf diese Weise mit der Zeit befriedigt werden; ebenso könne Straubing mehr als bloß ein Scherflein zur Finanzierung der oberländischen Hofhaltung beitragen. Aus all den genannten Gründen solle der Vater ihn, Albrecht, möglichst frei schalten und walten lassen; solle ihm als seinem ersten und eifrigsten Untertanen vertrauen. „Er wird es nicht zu bereuen haben“, lautete der letzte Satz der Depesche, „wir haben uns, was wir dargetan, sehr eifrig überlegt und sind sicher, dass wir das Unterland in eine lichte Zukunft führen können!“
*
    Während der folgenden Monate durfte Herzog Ernst feststellen, dass sein Sohn damit nicht nur leere Worte gemacht hatte.
    Ein frischer Wind begann in der ersten Jahreshälfte 1433 durch den Straubinger Gäu zu wehen; vieles von dem, was in der Zeit der leidigen Erbstreitereien schiefgelaufen war, richtete der Dunkelhaarige jetzt wieder gerade. In den Jahren, da er seine kleine Grafschaft weiter oben an der Donau regiert hatte, hatte er sich das Rüstzeug dazu erworben; in Vohburg hatte er gelernt, auf die Fähigen zu setzen und nicht auf die Protzigen, und dies kam ihm nun auch im Rahmen seiner größeren Aufgabe zugute. Mit den jungen Zunftmeistern, mit den ehrgeizigen Patriziersöhnen und mit den erfahrenen Vögten jenseits des Stromes, im ruppigen Waldland, tat er

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