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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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sie zwischenzeitlich bereits schwanger ist! Damit ginge die Erbfolge an den anderen Zweig deiner Familie über, und wenn Ernst nun erfährt, dass wir wieder zusammen sind und unter einem Dach an der Donau leben …“
    „Dass die Konzilien den Teufel gesehen haben, habe ich immer gewusst!“, brach es aus dem Statthalter heraus. „Einen größeren Tort hätte der johannistriebige Wilhelm uns wirklich nicht antun können, als ausgerechnet jetzt ins Brautbett zu steigen! Warum, verflucht, hat er’s nicht mit dem Disputieren bewenden lassen können?! Dennoch mag ich mich von dieser Eheschließung in meinem Beschluss nicht wankend machen lassen! Ich will dich und Sibylla bei mir in Straubing haben, auch wenn der Ernst sich deswegen auf den Kopf stellt! Wir haben es jetzt mehr als ein halbes Jahr ohne einander aushalten müssen; nun verkrafte ich das Alleinsein einfach nicht mehr! Und dir ergeht’s doch nicht anders, mein Herz, meine Einzige! Ist’s nicht so?! Sag mir, ob’s nicht so ist!“
    Mit einem Kuss gab ihm Agnes die Antwort; leidenschaftlich schon wieder, und noch einmal wurden sie eins, während sich draußen allmählich die Abenddämmerung über die Menzinger Feldbreiten senkte. Am nächsten Morgen dann ritt Albrecht voraus in den Gäuboden; die Blonde sollte ihm mit dem Kind einen oder zwei Tage später unauffällig folgen.
*
    Drei Monate des Friedens, immerhin, waren dem Paar vergönnt.
    Taumelnd machte Sibylla ihre ersten Gehversuche in dieser Zeit; in den Gemächern, die sich unmittelbar an die Prunkräume des Statthalters anschlossen, geschah dies. Halb offiziell, halb inoffiziell lebte Albrecht auf diese Weise mit seiner Familie zusammen; manchmal dachte er an Vohburg, wo alles viel einfacher gewesen war, doch dann sagte er sich wieder, dass er und die Blonde mit der Entwicklung der Dinge durchaus zufrieden sein konnten. Jede Nacht durften sie nun einander wieder nahe sein; ihre Haut, ihren Duft, ihr Haar durfte er spüren, wenn er jäh hochschrak in der Dunkelheit, weil er geträumt hatte, sie sei noch immer in Menzing und fern. Auch tagsüber stahl er sich oft eine Stunde, um sie allein mit ihr und dem Kind zu verbringen; sein größtes Glück aber war das Bewusstsein, dass auch die Mooräugige in seiner Gegenwart wieder aufblühte – mager und blass war sie in Straubing angekommen, doch nun hatten sich ihre Wangen wieder gerötet, waren ihre Bewegungen wieder schwungvoller geworden.
    Manchmal dachte der Wittelsbacher beinahe erschrocken, sie sei noch nie so schön gewesen wie jetzt, in ihrer jungen Mutterschaft. Dass er ihr die lange Trennung zugemutet hatte, erschien ihm dann, auch wenn er die Schuld daran nicht wirklich bei sich suchen konnte, fast wie eine Sünde. Umso mehr gab er sich Mühe, sie zu entschädigen, sie auf Händen zu tragen; dies wiederum bewirkte, dass ihre Liebe jetzt noch weiter ausreifte, dem Herbstnebel und dem Regen über der Donau zum Trotz – doch aus dem schlierigen Ziehen und dem Nieseln heraus kam urplötzlich der Schlag, der den so mühsam gewonnenen Frieden erneut störte.
    In den letzten Novembertagen geschah es; der Kurier aus München hatte seinen Renner fast zuschanden geritten, um die Botschaft von Herzog Ernst so rasch wie möglich nach Straubing zu bringen. Dass Albrecht unverzüglich in die Hauptstadt kommen müsse, lautete der väterliche Befehl, um Ingolstadt gehe es, um den Gebarteten dort, möglicherweise gar um einen neuen Krieg!
    Der Dunkelhaarige fluchte, ließ die Leibwache alarmieren und für jeden Mann ein zweites, lediges Ross aufsatteln; keine halbe Stunde später sprengte er inmitten der Kavalkade davon. Agnes Bernauer – ihr Gatte hatte sie bloß noch mit knappen Worten einweihen können – blickte dem Trupp vom Söller aus nach, bis die einfallende Nacht ihn verschluckte; es war ihr zumute, als hätte der Krieg, von dem die Rede gewesen war, bereits mit dem Eintreffen des Boten begonnen.
    Schlammüberkrustet, durchnässt bis auf die Haut, langte der Thronerbe vierundzwanzig Stunden später in der Neuen Veste an. Noch während er die Kleider wechselte und einen hastigen Imbiss zu sich nahm, fiel der Alte über ihn her; mit den ungeheuerlichen politischen Neuigkeiten zunächst: „Der fehdesüchtige Ingolstädter Teufel hat den Bogen endgültig überspannt! Nicht nur uns, seinen Verwandten, hat er ein Unrecht nach dem anderen zugefügt, hat seine Söldner immer wieder rauben und morden lassen in unseren Grenzterritorien, sondern hat sich in

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