Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin
letzter Zeit auch noch mit einem Dutzend anderer Mächtiger angelegt! Den Kurfürsten von Brandenburg hat er ausgerechnet auf dem Basler Konzil bis aufs Blut beleidigt, mehr als einen Tort hat er dem Pfalzgrafen von Neumarkt und den hochedlen Öttingern angetan; von dem Streit, den er außerdem mit den Bischöfen von Passau, Augsburg und Regensburg gleichzeitig vom Zaun gebrochen hat, gar nicht zu reden! Dass er mit den Reichsstädten Donauwörth, Rothenburg, Nördlingen, Weißenburg, Bopfingen und Dinkelsbühl seit langem schon Händel hat, kommt hinzu; die alle und darüber hinaus mehr als hundert niedrige Edelleute haben den Hundsfott kürzlich gemeinsam beim Kaiser verklagt! Und die Majestät, lange genug hat’s gedauert, hat nun endlich einen Urteilsspruch gegen den Ingolstädter gefällt! Abgesetzt ist er als Beherrscher des Teilherzogtums; die Regentschaft soll an Bayern-München fallen: an meinen Bruder Wilhelm – und später an dessen Erben …“
Albrecht zuckte zusammen; der letzte Halbsatz hatte ihn aufgeschreckt bis ins Innerste.
„Ja!“, brüllte der Glotzäugige nun los. „Genau darum geht’s! Nicht um den Krieg, den wir vermutlich führen müssen, um den Gebarteten vom Thron zu stoßen; um den Urteilsspruch des Sigismund an ihm zu vollziehen! Der Feldzug ist meine Sorge nicht, da werden uns genügend Verbündete zur Seite stehen! Viel ärgeres Leibgrimmen verursacht mir die Frage der Erbfolge! Allein deswegen, weil Wilhelm in Kürze einen legitimen Nachfolger haben wird, hat ihm der Kaiser das verfallene Teilherzogtum in Aussicht gestellt! Weil die Dynastie über meinen Bruder und seinen Spross weitergeführt werden kann! Weil die Margarethe von Cleve ihm einen legalen Balg werfen wird, während du bis jetzt nichts anderes vollbracht hast, als deinen fürstlichen Samen im Schoß deiner Zuberhur’ zu vergeuden! Deswegen, vor allen Dingen, habe ich dich nach München befohlen! Weil ich jetzt auf der Stelle eine standesgemäße Heirat von dir erwarte und weil ich es, beim Leibhaftigen, nicht länger dulden werde, dass du die Badermetze vögelst! Hast sie dir heimlich nach Straubing geholt und hast geglaubt, ich würde die Augen davor verschließen, weil du bisher nicht schlecht regiert hast an der Donau! Und ich hab’ das Maul gehalten, auch wenn ich längst Bescheid gewusst hab’! Geschwiegen habe ich, weil ich immer noch hoffte, du würdest ihrer von selbst überdrüssig werden! Aber jetzt schreie ich dir’s ins Gesicht, dass du unseren Familienzweig absterben lässt durch den Umgang mit der Dirne! Keinen Tag länger nehme ich das hin; jetzt nicht mehr! Noch heute schickst du Botschaft nach Straubing und lässt sie hinausjagen aus dem Herzogsschloss dort! Und dann vermählst du dich mit einer, die ich dir aussuchen werde! Machst der so schnell wie möglich die nötigen Kinder, damit wir den Wilhelm und die von Cleve aus dem Feld schlagen können! Nur dann ist die Ingolstädter Herrschaft für uns zu retten – für uns, verstehst du, weil sie uns und niemandem sonst gebührt!“
Der Alte brach ab, keuchend. Fahrig griff er nach einem gefüllten Weinpokal auf der Kredenz, tat einen Sturztrunk, fuhr wieder herum, packte Albrecht am Wams, beutelte ihn. „Hast du das begriffen?! Hast du das endlich gefressen?!“
Der Dunkelhaarige setzte ihm keinen Widerstand entgegen, ließ sich schütteln wie eine Ratte, schien den Angriff kaum wahrzunehmen. Anderswo war er; in Straubing, in Menzing, in Vohburg – und während er verschwommen, vernebelt die Schauplätze sah, war gleichzeitig überall ihr Gesicht da. War da an der Donau, an der Isar, wieder an der Donau; war auch da auf einer Landzunge zwischen Wertach und Lech, wo zwei Flüsse sich einst nur für sie beide allein zu einem Strom vereinigt hatten. Und der Strom, auf dem immer und immer ihr Antlitz zu treiben schien, blieb; wurde zuletzt realer als das Zerren und Reißen des Alten an Albrechts Wams. Und der Statthalter hieb die Hand hoch, packte zu, umklammerte das Gelenk seines Vaters, machte sich frei im doppelten Sinn; schleuderte ihm die Wahrheit entgegen: „Du kannst keine Adelsheirat von mir verlangen, weil ich vor Gott bereits mit der Bernauerin vermählt bin! Weib und Mann sind wir, schon seit einem Jahr! Der Betzwieser, der Priester auf dem Vohburger Schloss, hat uns zusammengegeben im letzten Herbst! Hat das Sakrament vollzogen an uns, und kein Mensch kann’s mehr lösen! Die Agnes ist meine Gattin, bis einmal der Tod uns
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