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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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sonderlich darüber. „Kommt mit in meine Zelle“, forderte sie die Stifterin auf, „dort können wir ganz ungestört miteinander sprechen.“
    Das Sprechen freilich schien der Blonden zunächst sehr schwerzufallen; eine ganze Weile saß sie stumm da, streichelte bloß wie entrückt das Haar ihres Kindes. Endlich aber brach es doch aus ihr heraus: „Wenn ich gestorben bin … könnte ich dann neben dem Altar in Eurem Kreuzgang beigesetzt werden?“
    Der Gedanke an den Tod, der doch nach ihrem Glauben eigentlich Erlösung und Geburt in ein besseres Leben hinein sein sollte, erschreckte die Nonne. Irgendwie empfand sie es sogar als blasphemisch, solche Worte aus dem Mund einer jungen Mutter zu hören. „Bis dahin ist es noch lange hin! Ihr sollt Euch jetzt noch nicht den Kopf darüber zerbrechen!“, versetzte sie – und wurde sich gleichzeitig bewusst, dass sie damit wiederum nicht das ausgedrückt hatte, was ihre Kirche lehrte. Der Tod hatte immer gegenwärtig zu sein in der katholischen Theologie; was sie soeben gesagt hatte, war ihr nicht vom Dogma diktiert worden, sondern war aus ihrem Herzen gekommen. Fast trotzig fügte sie hinzu: „Ihr habt Euer Kind, das Ihr aufziehen müsst; vielleicht bekommt Ihr noch weitere, schließlich seid Ihr vor Gott mit dem Herzog verheiratet, es wäre nichts Anstößiges daran! Daran solltet Ihr denken; an das Leben, nicht an den Tod!“
    Agnes nickte, wirkte in diesem Moment selbst wie ein unterwürfiges Kind; gleich darauf flüsterte sie: „Dennoch wollte ich das andere mit Euch abklären, heute! Ich möchte für später einmal einen Platz haben, von dem mich niemand mehr vertreiben kann! Bitte, versteht mich! Nehmt das, was ich Euch soeben sagte, als Beichte …“
    Die Äbtissin fühlte sich noch irritierter als zuvor, spürte aber gleichzeitig mehr denn je die Seelennot der anderen Frau und murmelte: „Es ist Euer Altar, und niemand im Kloster kann etwas dagegen haben, wenn irgendwann eine Grabplatte daneben angebracht werden soll.“
    „Ich danke Euch!“ Fast hastig erhob sich die Morganatische. „Mit dem geweihten Stein ist auch eine Messstiftung verbunden, das wisst Ihr ja …“
    Agnes’ letzte Worte verklangen unter dem Türsturz; ihr Abgang glich einer Flucht. Draußen, in der Sonne, fragte sie sich einmal mehr, was sie eigentlich dazu getrieben hatte, sich auf die Gruft im Karmeliterkloster zu versteifen. Sie umklammerte die Hand des Mädchens, zerrte das Kind hastig weiter, konnte es kaum mehr erwarten, zu Albrecht zurückzukommen. Als Bedrohung empfand sie den Kreuzgang in ihrem Rücken plötzlich; als leibhaftige Ausgeburt der Angst, unter der sie nun schon so lange litt. Erst in den Armen des Dunkelhaarigen wurde es besser; sie ließ sich hineinfallen in diese Geborgenheit, in diese männliche Kraft und schwor sich, den Nonnenbau nie wieder zu betreten. Denn nur in der Nähe des Gatten war das Leben, hier allein fand sie den wahren Halt. Seine Gegenwart löschte alles andere aus, und sie wünschte sich, dass es für ihn genauso war; dass hoffentlich auch sie ihm Stütze sein konnte.
    Daran konnte es keinen Zweifel geben; er hätte die so ungut in der Schwebe hängende Zeit nicht durchgestanden ohne sie, wäre mit Sicherheit einmal mehr abgestürzt in den alkoholischen Abgrund, ins halt- und hirnlose Toben seiner früheren Jahre. Doch weil die Blonde an seiner Seite war, geriet er nicht aus dem Tritt; reifte er sogar in diesen Monaten zwischen Februar und Sommer 1434. Inniger denn je wurde das Familienleben in den Räumen hinter den Staatsgemächern, nach außen hin wiederum zeigte der Statthalter jetzt erstaunlich viel Verständnis für das Volk. Die einfachen Menschen im Straubinger Land, deren ärmliche Schicksale beschäftigten ihn zunehmend, immer öfter hielt er sich in den Donaumarschen oder im Vorwald auf. Den Nöten der Fischer und Kleinbauern dort draußen lieh er sein Ohr; mit Leibeigenen, Witwen und Kriegskrüppeln kam er zusammen und tat ihnen unaufdringlich viel Gutes, auch wenn die Räte in der Residenz deswegen die Nasen rümpften und hinterfotzig über ihn herzogen. Der Wittelsbacher aber fand gerade durch das Beisammensein mit den Verachteten Kraft. In jedem Augenpaar, das er zum Aufleuchten brachte, schien etwas verborgen zu sein, das ihm neuerlich die seelische Brücke zu Agnes schlug. Auch sie war ja von ganz unten gekommen und hatte ihm dennoch so unendlich mehr als jeder andere Mensch geschenkt, und durch sein Handeln stattete der

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