Agrarwende jetzt
Inzwischen geht die Saat auf und wächst; wie, das versteht der Bauer selber nicht. Ganz von selbst lässt der Boden die Pflanzen wachsen und Frucht bringen. Zuerst kommen die Halme, dann bilden sich die Ähren, und schließlich füllen sie sich mit Körnern. Sobald das Korn reif ist, fängt der Bauer an zu mähen; dann ist Erntezeit« (Markus, 4,26-29).
Ich nenne Jesus auch deshalb einen Ökologen, weil er nicht nur ein großer Naturbeobachter, sondern ein noch größerer und zeitloser Naturpoet ist. Einige christliche Ökologen meinen, der Hinduismus und vor allem der Buddhismus seien eher ökologische Religionen als das Christentum. Das stimmt nur vordergründig. Wer mit den Augen unserer Zeit Jesu Geschichten liest, und wer auch nur ein wenig versucht, Jesus zeitgemäß zu machen, wird den ökologischen Anteil in ihm entdecken. Richtig ist, dass die christliche Theologie das bis zum heutigen Tag nicht geleistet hat. Ich möchte Hans Küngs einprägsame Erkenntnis »Kein Weltfrieden ohne Religionsfrieden« ergänzen durch die These: »Kein Weltfrieden ohne Frieden mit der Natur.« Und dazu liefern alle Weltreligionen und Weisheitslehren einen Beitrag - auch das Christentum.
Für den ökologischen Jesus spiegelt sich Gott in seiner ganzen Schöpfung. Jesus war so sehr Ökologe wie Theologe. Seine Theologie ist ökologisch. Die Natur ist die wahre Offenbarung seines schöpferischen Vaters.
In der Schule des ökologischen Jesus können wir wie in der Schule Rudolf Steiners oder des heiligen Franziskus’ die wichtigste Zukunftsressource überhaupt einüben: Vertrauen in die Schöpfungskräfte.
Religion im Sinne Jesu ist kein Buchstabenglaube und schon gar kein blinder Gehorsam gegenüber kirchlichen Dogmen, wohl aber hochgradig empfänglich gewordenes Bewusstsein des Göttlichen in uns und Offenheit für das Göttliche um uns in allem Leben.
Den Jesus, der unendliches Vertrauen in die Schöpfung seines Vaters und dessen Naturgesetze hat, nenne ich den ökologischen Jesus. Und dieser ökologische Jesus könnte die Leitfigur einer ganzheitlichen Umweltbewegung und einer ökologisch-biologischen Landwirtschaft im 21. Jahrhundert werden.
Das Überleben der Menschheit hängt heute zum ersten Mal von einer radikalen geistigen und seelischen Umkehr ab. Jesu Botschaft zeigt uns dafür den Weg. Der junge Mann aus Nazareth wollte keine neue Religion, sondern neues Leben. Er lehrte, dass es auf dieser Erde für jedermanns Grundbedürfnisse reicht, nicht aber für jedermanns Habgier.
Auch und gerade für die Agrarwende gilt: Die Technik allein wird uns nicht retten. Der entscheidende Rettungsanker liegt in einer spirituellen Erneuerung.
9. Keine Agrarwende ohne Agrarethik
Die christliche Theologie hat 2000 Jahre lang darauf geachtet, dass ihr kein Huhn durch ihre Wissenschaft trippelte und kein einziger Baum im Wege stand. Das Ergebnis ist bekannt. Wir führen am Beginn des 21. Jahrhunderts einen dritten Weltkrieg gegen die Natur - und damit gegen uns selbst.
Ohne ökologische Ethik wird jede Religion in Zukunft so gehaltlos sein wie jede Umweltpolitik ohne ethische Dimension erfolglos. Gelebte Spiritualität und erfolgreiche Umweltpolitik bedingen einander.
Wahrscheinlich sind wir heutigen Eltern die erste Generation, die gegenüber ihren Kindern keine Verantwortung mehr für die Integrität des Planeten übernehmen kann. Wir sind Weltmeister im Verdrängen der Realitäten geworden.
• Schweinepest verdrängt Hormonskandal.
• Dioxin verdrängt Formaldehyd.
• Ozonloch verdrängt Rußpartikel.
• MKS verdrängt BSE.
Und George W. Bush behauptet, dass CO 2 gar kein Treibhausgas ist. Die US-Kohle-, -Gas- und -Öllobby hat Bushs Wahlkampf finanziert - jetzt zahlt er es ihr zurück.
Klimawandel, Überschwemmungen, Artensterben, Wüstenbildung - alles keine Themen für den mächtigsten Politiker der Welt. Wichtig ist ihm allein das Wohlergehen seiner Pyromanen.
Für Europa gibt es in dieser Situation nur eine sinnvolle Alternative: Mehr selbst handeln als ewig weiter verhandeln. Dazu gehört auch ein Boykott gegen US-Ölfirmen. Während ich dieses schreibe, rufen die Grünen Parteien in der Welt bei einer Konferenz in Australien zu einem Boykott gegen »Ölfirmen wie Exxon« auf. Auch die deutsche Esso ist Tochter eines US-Konzerns. Der Boykott ist eine starke politische Waffe.
Als die deutschen Autofahrer 1996 den britischen Ölmulti Shell boykottierten, stieg Shell ins Solargeschäft ein. Es ist sehr
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