Agrarwende jetzt
steigen.
Das heißt, ohne den radikalen Wandel zu solaren Ressourcen gibt es keine nachhaltig ökologische Wirtschaft - das gilt für die Landwirtschaft, für die Lebensmittelproduktion, für die Energiewirtschaft, für die Chemieindustrie, aber auch für die Informationstechnologien. Es gibt entweder ein solares Informationszeitalter oder es wird überhaupt kein Informationszeitalter geben können. Die flotten Protagonisten der Informationsgesellschaft haben sich bis heute noch nicht die geringsten Gedanken darüber gemacht, woher sie den Stoff nehmen wollen, um ihre Milliarden Geräte betreiben zu können, wenn in wenigen Jahrzehnten die alten Energiequellen nicht mehr sprudeln.
Ökologisches Wirtschaften muss das ökonomische Zentralprinzip der gesamten Wirtschaft werden - ohne dieses neue Zentralprinzip in der ökonomischen Praxis bleibt alles Gerede von Nachhaltigkeit nur Blabla. »Der Schlüsselbegriff ist Dezentralität«, sagt Hermann Scheer, Präsident von Eurosolar. Und am Beginn einer dezentralen Wirtschaft steht wieder der primäre Sektor - die Landwirtschaft.
Sie ist keine ökonomische Restgröße mehr, wie die letzten 40 Jahre, sondern unersetzbare Basiswirtschaft. Die Landwirtschaft von morgen wird erneuerbare Nahrungs-, Energie- und Rohstoffwirtschaft in regionalisierten, dezentralen Strukturen.
Zum Beispiel ist die Transparenz der Produktwege, die seit der BSE-Krise plötzlich überall gefordert wird, nur auf regionaler Ebene möglich. »Ich esse nur noch Fleisch«, sagt mir mein Regisseur, Michael Schulze, im Südwestrundfunk, »weil ich meinen Metzger seit fünfzehn Jahren gut kenne und ihm vertraue.« In den alten Lebensmittelfabriken kennen wir niemand und deshalb trauen wir ihnen auch nicht, sondern trauen ihnen im Gegenteil »alles« zu.
Kulturell gilt - auch bei vielen Ökokunden in den Städten - die Landwirtschaft als nicht gerade attraktiv. Es hat eine generelle Entfremdung der Gesamtgesellschaft von ihrer Urproduktion auf dem Land stattgefunden. Und die Bauern selbst haben sich auch ihrer Agrarkultur entfremdet. Der Ökopionier Carl Amery erzählt in »Klimawechsel - Von der fossilen zur solaren Kultur«: »Im fetten Niederbayern, das nur noch ein flächendeckendes Maisfeld mit den entsprechenden Pestiziden ist, da wissen die Bauern genau, wann die Wasserkontrolle kommt für die Hausbrunnen, und am Tag vorher verteilt der Bürgermeister Pillen, um die Brunnen zeitweise zu sterilisieren. Augen zu und durch. Die Bauern wollen Produktionsflächen, mit Ökologie und Naturschutz kann man denen kaum kommen.«
Wenn nun aber Landwirte künftig auch Energiewirte werden, dann bedeutet ihre erweiterte Geschäftsgrundlage auch eine größere Vielfalt auf ihren Äckern. Sie werden verschiedene Sorten von Schilfgras, Lein, Hanf, Sonnenblumen, Raps, Flachs und Holzsorten zusätzlich anbauen.
Nachwachsende Rohstoffe werden aber künftig nicht nur zunehmend zur umweltfreundlichen Energiegewinnung, sondern generell als Rohstoffquelle verwendet. Zum Beispiel auch beim Bau von Häusern und Autos, als Verpackungsmaterial für Geräte aller Art sowie Fahrräder. Die Dämmstoffe, Fußbodenbeläge, Deckenverkleidungen oder Farben sowie Autoteile gibt es künftig aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holzfasern und Stroh. Die neuen Kunden der Landwirte sind Bauherren, Architekten, Baustoffhändler, Auto- und Fahrradhersteller.
Bauern können die Ölscheichs des 21. Jahrhunderts werden. Schon heute werden Briketts aus Stroh, Wärme aus Schilfgras, Strom aus Holz in Blockheizkraftwerken, Autosprit aus Pflanzenöl, Papier, Kleider und Verpackungsmaterial aus Hanf und Biogas aus Luzernen gewonnen.
Im Wald wächst Wärme. Der Holzweg ist ein guter Weg. Wir können lernen, die Sonne in den Tank zu packen.
In Österreich werden heute schon 15 Prozent des gesamten Energieverbrauchs aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen. In Deutschland weniger als ein Prozent. Deutschland ist ein Biomasse-Entwicklungsland.
Das Nächstliegende, die Bioenergie, die direkt vor unserer Haustür im Wald, auf Äckern und Wiesen wächst, übersehen wir noch immer. Viele Millionen Tonnen Treibhausgase können wir jährlich der Umwelt ersparen, wenn wir die Rohstoffe von Land- und Forstwirtschaft endlich energetisch nutzen lernen.
In der Stadt Schwäbisch Hall gibt es die dichteste Konzentration von Sägewerken in Baden-Württemberg. 75 000 Tonnen Restholz fallen hier jährlich an. Sie sollen künftig über ein Holzkraftwerk fünf Megawatt
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