Agrarwende jetzt
Verzicht auf Tier- und Knochenmehl sowie weitgehend auf Importfutter, schonende Transporte ins nächste Schlachthaus statt tierquälerische Fahrten durch halb Europa oder nach Nordafrika zum Schlachten.
An deutschen Hochschulen gehören neben Insekten, Krebsen und Ratten auch Tauben, Kaninchen, Hunde und sogar Pferde noch immer zu den Versuchstieren. Frösche sind trotz jahrelanger Proteste und gerichtlicher Auseinandersetzungen als Demonstrationsobjekte in Biologieund Medizinpraktika noch immer beliebt. Der »Tierverbrauch« für die Grundlagenforschung ist 1999 gegenüber dem Vorjahr um 60 000 Tiere gestiegen. Die Zunahme betrifft Hunde, Katzen, Affen und vor allem Mäuse und Fische.
Lebenden, nicht betäubten Fröschen wird der Kopf abgeschnitten und das Rückenmark aufgebohrt, um das Funktionieren des zentralen Nervensystems zu erforschen. Nach dem Versuch landen die zerstümmelten Tiere im Mülleimer. Auch ansonsten aufgeklärte Menschen geben sich dabei ganz abgeklärt: Die Wissenschaft brauche solche Versuche, heißt es. Tierliebe sei sentimental und kitschig.
Diese entsetzliche Tierquälerei ist nicht nur unverantwortlich; es ist erwiesen, dass sie auch unnötig ist. Der Dachverband der Europäischen Wissenschaftsgesellschaften hat sich kürzlich eindeutig für die Förderung und Anwendung von Alternativen zum Tierversuch ausgesprochen. Mithilfe von interaktiven Computerprogrammen könnten die bisherigen Tierversuche ersetzt werden. Dass alternative Methoden ausreichen, beweist zum Beispiel die Philipps-Universität in Marburg seit Jahren.
Wir Deutsche sind zwar Weltmeister im Züchten von Kanarienvögeln und im Halten von Schoßhündchen, wir spendieren unserem Hansi oder Waldi schon mal einen Grabstein - aber die Herkunft des Fleisches, das wir zu uns nehmen, ist uns oder zumindest war uns eher gleichgültig. Wir wissen zwar viel über den Preis, aber wenig über den Wert von Lebensmitteln.
Jedes zweite Küken landet bei der fabrikmäßigen Kükenproduktion auf dem Müll, weil es das falsche Geschlecht hat. Wir mästen Truthähne, bis sie ihr eigenes Gewicht nicht mehr tragen können und umfallen, und stopfen Hähnchen in 30 Tagen bis zur »Schlachtreife« voll. Die eigentliche Misere der europäischen Landwirtschaft ist nicht der »Rinderwahn«, sondern der alltägliche Wahn, der zur Massentierhaltung, zu Futterimport aus armen Dritte-Welt-Ländern, zu Überschussproduktion, zu grauenhafter Tierquälerei, zu Schweinepest und schließlich BSE führte. Hauptsache satt - Hauptsache billig!
Die BSE-Katastrophe liegt nicht hinter uns, sondern vor uns, sie steckt als tickende Zeitbombe schon in uns.
Denn: Bis 1989 wurden über 6000 Tonnen potenziell BSE-haltige Tiermehle aus England nach Deutschland und Holland exportiert und hier zur Geflügel-, Schweine- und Kälberaufzucht verwendet. Diese Tiere konnten gar nicht an BSE erkranken, weil sie früh geschlachtet wurden. Sie gelangten aber trotzdem in die Nahrungskette.
3. Haben Tiere eine Seele?
Vegetarisch lebenden Tieren Tierabfälle zu füttern, ist eine abgewandelte Form von Kannibalismus. Und dieser Kannibalismus ist wahrscheinlich die Ursache von BSE. Diesen Skandal nennt der britische Theologe Andrew Linzey »eines der wichtigsten moralischen Probleme aller Zeiten«. Und er macht die Kirche des Abendlandes entscheidend mitverantwortlich dafür, »dass wir Millionen Tieren Schmerz, Leid und Tod zufügen«. Im Gegensatz zum buddhistischen Kulturkreis ist Tierethik heute der blinde Fleck in der abendländischen Theologie- und Philosophiegeschichte.
In unserer Geschichte ist das Verhältnis Religion-Tier immer ein Verhältnis praktizierter Gewalt gewesen.
»Tiere haben keine Seele«, »Tiere sind Sachen«, »der Mensch im Mittelpunkt« - so lautet das Credo einer 2000 Jahre alten christlichen Theologie. Der bis heute tonangebende mittelalterliche, vom »ewigen Leben« natürlich überzeugte Theologe Thomas von Aquin formulierte es so: »Die Seele des Tieres ist nicht teilhaftig eines ewigen Seins.« Die logische Konsequenz für heute: erst das Schnitzel, dann die Moral! Deshalb gelten Tiere bei uns auch als Sperrmüll, und deshalb sollten - wie vom Bundeskabinett beschlossen - aus Gründen der »Marktbereinigung« auch gleich 400 000 Rinder »beseitigt« werden. Die Seele des Menschen verroht, wenn er die Seele der Tiere leugnet. Alles, was wächst, ist beseelt - wie sollte es sonst wachsen? Das gilt für jedes Tier und jede Pflanze.
Wenn ich sehe,
Weitere Kostenlose Bücher