Agrippina - Kaiserin von Rom
städtische Geburtsregister geführt wurde, wurde er fündig. Vor einem schmalen, zweistöckigem Haus blieb er stehen. Ein kleines, kaum lesbares Schild vermittelte Hoffnung:
Zimmervermietung Gaia Faustina
Saubere und preiswerte Zimmer mit und ohne Frühstück,
auf Wunsch mit kleiner Kochstelle
Informationen bei der Vermieterin im Erdgeschoss
Kräftig schlug Valerius gegen die brüchige Holztür. Von innen näherten sich bald schlurfende Schritte. Die Tür wurde geöffnet, und ein altes, von tausend Falten durchzogenes Gesicht blickte fragend durch den Spalt, argwöhnisch, aber nicht unfreundlich.
» Salve , Matrona! « Valerius zauberte ein Lächeln auf seine Lippen, für das ihn alle Schwiegermütter der Welt umarmt hätten. »Ich komme wegen des Schildes.«
Die Hausherrin blickte ihn verständnislos an. »Schild?«
»Ja, du vermietest doch Zimmer. Ich spreche doch mit der edlen Gaia Faustina?«
Bei der Bezeichnung »edel« huschte ein freudiges Lächeln über die verhärmten Züge der Frau. »So hat mich ja seit Jahren keiner mehr genannt. Ach, jetzt ... jetzt verstehe ich. Aber ich vermiete seit dem Tode meines Mannes nicht mehr, hab’ zu viel Ärger gehabt. Die einen zahlen nicht, die anderen brennen mir das halbe Haus ab, und die dritten bringen ihre grell geschminkten Huren ins Haus. Zuletzt hat mir so ein Liebchen doch in den Hausflur gekotzt. Bei den unsterblichen Göttern, das kann ich nicht brauchen. Aber mit einer allein stehenden Frau kann man es ja machen. Früher, als Faustinus noch gelebt hat, da hat es das nicht gegeben. Der hat ... na ja, das Schild, es hängt noch da, aber wie gesagt ...«
Sie schien einen Augenblick nachzudenken.
»Freilich, das Geld könnte ich gut gebrauchen.« Sie zögerte. »Und ... du machst einen ordentlichen Eindruck.«
Valerius beschloss, die zaghafte Flamme des Vertrauens zu schüren.
»Decimus Batistus, Stoffhändler und Heereslieferant aus Narbo. Ich habe einige Tage hier geschäftlich zu tun und benötige eine einfache Unterkunft. Übrigens zahle ich im Voraus.«
»Aus der Provinz kommst du? Heereslieferant bist du und kannst dir keine bessere Unterkunft als hier in der Subura leisten?« Deutlich waren Missbilligung und Misstrauen zu spüren.
»Freilich könnte ich mir ein besseres Quartier leisten, aber wer zu Hause sieben Mäuler zu stopfen hat, der verwechselt Denar und Sesterz nicht gerne.«
»Sieben Kinder hast du? Bei Juno, das ist arg. Ich hatte ja nur zwei, aber der eine ist im Britannienfeldzug geblieben, und die andere hat die Schwindsucht geholt. Aber sieben ...?! Komm herein!« Sieben Kinder schienen ein überzeugendes Argument zu sein.
Sie öffnete die Tür und gewährte Valerius Einlass. Durch einen schmalen dunklen Gang erreichten sie das Wohnzimmer der Alten. Dankbar stellte Valerius den Reisesack ab und setzte sich auf den zerbrechlichen Stuhl, den Faustina ihm anbot. Ein kurzer Blick bestätigte, dass die Räumlichkeiten einfach, aber recht sauber waren.
»Ich vermiete nicht tageweise, nur wochenweise. Zwanzig Sesterzen die Woche muss ich für das Zimmer ohne Kochstelle im ersten Stock haben, dreißig mit Kochstelle und zwei großen Straßenfenstern, fünfzehn im Dachgeschoss mit kleinem Straßenfenster. Möchtest du die Zimmer sehen?« Mit Wehmut dachte Valerius an die Preise in Colonia Agrippinensium zurück, wo er für eine ganze Wohnung fast die Hälfte weniger zahlte. Doch er nickte tapfer, und die Hausherrin führte ihn über eine knarrende steile Holztreppe in den ersten Stock.
» Ecce «, sagte sie und zeigte ihm einen kleinen Raum, der mit Bett, zwei Stühlen und einem schrankähnlichen Verhau mehr als einfach eingerichtet war. In einer Ecke, von Ruß und Kohle völlig geschwärzt, befand sich eine winzige Kochstelle.
»Und das Dachzimmer?«
Ächzend bemühte sich Gaia Faustina noch einen Stockwerk höher. Hier unter dem spitzen Giebel des Hauses war lediglich ein Zimmer untergebracht, ebenso spartanisch eingerichtet wie das andere, aber noch etwas kleiner. Allerdings gewährte das kleine Fenster einen weiten Blick über die Dächer der Stadt bis zum Esquilin und entschädigte ihn damit etwas für die ungewohnte Kargheit des Raumes.
»Ich nehme dieses Zimmer, zunächst für eine Woche!«
Schnell hatte sich Valerius entschieden und drückte der verblüfften Wirtin fünfzehn Sesterzen in die Hand. Dass jemand fürdie ganze Woche im Voraus bezahlte und nicht um den Preis feilschte, war hier gewiss noch nicht oft
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