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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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erregt fort: »Bei den Göttern, er steht im einundzwanzigsten Lebensjahr. Er regiert ein riesiges Imperium, und er tut es gut. An allen Grenzen, in allen Provinzen herrscht Frieden, nicht anders als in der Pax Augusta unter seinem Urgroßvater. Das Volk liebt ihn und sieht bereitwillig über gelegentliche Eskapaden hinweg. Der Senat respektiert ihn und folgt ihm willig. Was soll er also noch tun, damit seine Mutter das Gängelband löst? Hast du dir in diesem Alter noch Vorschriften machen lassen, mit wem du dein Lager teilst?«
    Valerius verneinte mit einem Kopfschütteln.
    » Ecce , ebenso wenig wird er es tun. Die Zeit ihrer Regentschaft ist vorbei, unwiderruflich. Und entweder wird sie das erkennen und danach handeln, oder ...!«
    »Oder?«
    Seneca schüttelte den Kopf. »Ich rede zu viel.«
    »Bitte, sprich weiter. Ich muss es wissen!«
    »Warum?«
    Wieder zog Misstrauen über das schmale Gesicht des Philosophen. »Was hast du damit zu schaffen?«
    »Ich ... äh ... nichts. Aber sieh, du weißt, wie mich der Tod von Claudius mitgenommen hat. Ich möchte nicht, dass ... ich meine ... dass Agrippina etwas ... zustößt.«
    »Zustößt?«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Du meinst, dass ihr jemand nach dem Leben trachtet, nicht wahr?«
    »Ist das so völlig ausgeschlossen?«
    Senecas Gestalt straffte sich.
    »Wenn du damit meinst, ob ich meine Zustimmung dazu geben könnte, dass Agrippina ... nun, dass sie beseitigt wird, so sei versichert, dass ich weder jetzt noch irgendwann einmal einem solchen Plan zustimmen würde. Immerhin war sie es, die mich damals aus dem Exil zurückgeholt und mir ihren Sohn zur Erziehung anvertraut hat. Und immerhin habe ich ihr schon einmal das Leben gerettet.«
    Valerius musste ihn recht ungläubig angesehen haben, denn Seneca erklärte mit überlegener Miene: »Das Schwert des Henkers strich schon über ihren weißen Hals, aber das sind Dinge, die ihr in der Provinz natürlich nicht mitbekommt.«
    »Das musst du mir erklären.«
    Seneca dachte einen Augenblick nach, seine Augen schienen sich in weite Ferne zu richten. »Es muss etwa ein halbes Jahr her sein, kurz nach Agrippinas Auszug aus dem Palast. Da ging das Gerücht, und es haftete in den Gassen Roms wie Unrat auf dem Pflaster, dass Agrippina einen gewissen Rubellius Plautus, einen Mann aus altem Adel, den Enkel des Tiberius Cäsar, heiraten wollte, um ihm so den Weg zum Thron zu ebnen. Als der Cäsar davon erfuhr, packte ihn große Angst, und er wollte seine Mutter und jenen Plautus hinrichten und Burrus ablösen lassen, weil er seine Stellung Agrippina verdanke und hinter dem Komplott stecke. Es bedurfte vieler Worte, um den Kaiser zu beruhigen, und Agrippina erhielt die Gelegenheit, sich zu verteidigen. Sie konnte damals sehr überzeugend darlegen, dass ihr Leben mit dem ihres Sohnes verknüpft sei. Alles, was sie je im Leben getan habe und mancher ihr nie verzeihen werde, habe sie um ihres Sohnes willen getan.«
    »Sie meinte den Tod von Claudius?«
    Seneca machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Wie auch immer. Nero hat alles, was in dieser Anspielung gesteckt haben mochte, verstanden und sie von aller Schuld freigesprochen. Burrus behielt sein Amt. Du siehst, wenn ich Agrippinas Tod wollte, hätte ich diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen.«
    »Das sind klare Worte, und ich danke dir dafür. Aber wie steht es mit den anderen am Hofe?«
    »Wen meinst du?«
    »Poppaea, Burrus, Anicetus und all die anderen, die des Kaisers Ohr suchen oder bereits haben.«
    Seneca lächelte und griff nach einer Weintraube. »Willst du, dass ich mich für sie und ihre redlichen Absichten verpfände? Du gehst auf gefährlichem Eis, Tribun! Wie würde unser trefflicher Horaz dazu sagen? Nec scire fas est omnia – Es ist nicht recht, alles wissen zu wollen. Du scheinst mir über Gebühr Interesse an derSache zu haben. Sag, mit welcher Absicht bist du eigentlich gekommen? Und was soll diese Verkleidung?«
    »Absicht? Verkleidung? Es war ein einfacher Besuch, den ich dir aus Respekt nach langer Zeit zu schulden glaubte. Immerhin war ich seit Jahren nicht in Rom.«
    »Umso verwunderlicher, dass ein Tribun aus dem fernen Germanien einen solchen Anteil am Schicksal der Kaiserinmutter nimmt, meinst du nicht auch?« Seneca fixierte Valerius scharf.
    »Du glaubst, dass du einen alten Narren vor dir hast, der nicht mehr weiß, was um ihn herum vorgeht. Der nur noch für seine Philosophie lebt, aber den Kontakt zur Wirklichkeit verloren

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