Agrippina - Kaiserin von Rom
Bitte als vielmehr um einen Befehl handelte, der keine Absage zuließ.
»Worum geht es?«, fragte Valerius gleichmütig zurück. Er hatte seinen ersten Schrecken schnell überwunden, konnte aber nicht verhindern, dass die juckende Narbe an der Stirn höchste Alarmbereitschaft signalisierte.
»Wir möchten, dass du uns ein paar Fragen beantwortest.«
»Fragen? Warum sollte ich euch Fragen beantworten?«
»Weil wir zur Geheimpolizei des Cäsars gehören und in höchstem Auftrag handeln. Solltest du dich weigern«, fügte er schnell hinzu, und seine Hand wies auf eine Decurie von Prätorianern, die gerade im Paradeschritt vom Capitol herunterkam, »werden wir die nötigen Maßnahmen ergreifen.«
»Ich habe nichts zu verbergen«, meinte Valerius lächelnd und folgte den Männern zu einer kleinen Statio unweit des Circus Maximus.
Der kleine Raum diente offenbar den städtischen Vigiles zur Unterkunft. Er war spartanisch eingerichtet und verfügte nur über einen wackligen Tisch und vier Stühle. Einer der ansässigen Wächter, der mit einem Weinbecher am Tisch gesessen hatte, verließ fluchtartig den Raum, als die Ankömmlinge eintraten. Die Männer nahmen Platz, und die beiden Agenten begannen sofort mit ihrem Verhör. Der kleinere von beiden nahm einen Papyrus und fing an, mit dem Schreibgriffel auf dem Papier herumzukratzen, was ihm offenbar erhebliche Mühe bereitete.
»Dein Name?«
»Decimus Batistus.«
Langsam malte der Kleinere Buchstaben auf sein Papier.
»Woher?«
Wieder das Kratzen der Feder.
»Aus Narbo , Provincia Gallia Narbonnensis.«
Der Kleinere blickte verunsichert auf: »Äh ... wie schreibt man das?«
Freundlich lächelnd buchstabierte Valerius den Namen des Ortes.
»Kannst du dich ausweisen?«
Valerius nestelte in seinem Reisesack und brachte die Diploma zum Vorschein, die ihm der Praetor in Colonia Claudia Ara Agrippinensium ausgestellt hatte. Aufmerksam musterten beide Männer das Schriftstück, dann gaben sie es Valerius achselzuckend zurück. Im Gegensatz zum gestrigen Vorfall zweifelte offenbar niemand die Echtheit des Schriftstücks an. Allerdings bezweifelte Valerius auch, dass die Männer in größerem Umfang des Lesens kundig waren.
»Was hast du im Hause der Agrippina gemacht? Woher kennst du Horatius Pulcher? Was machst du in Rom?«
Die Fragen kamen so schnell, dass Valerius kaum Zeit zum Nachdenken blieb. Aha, daher wehte der Wind. Seine Anwesenheit dort war nicht unbemerkt geblieben, das Haus der Kaiserinmutter wurde überwacht. Valerius kratzte sich an seinem Bart (der ihm zunehmend lästiger wurde) und antwortete im breiten Dialekt der Provinzbewohner: »Also ... fangen wir mit der letzten Frage an. Wie du aus der Diploma ersehen kannst, bin ich Heereslieferant. Ich beliefere Heereseinheiten in allen Provinzen mit dicken Soldatenmänteln, Umhängen, Kapuzenmänteln, Pferdedecken und dergleichen. Vielleicht stammt der Mantel, den du eben getragen hast, aus meiner Produktion.«
Sein Gegenüber lächelte dünn.
» Horatius Pulcher kenne ich seit Jahren. Ich verehre seinen Großonkel und schätze den Umgang mit einem geistreichen Mann wie seinem Großneffen. Also habe ich ihn besucht und bei ihm Quartier genommen.«
Jetzt musste sich herausstellen, ob die Geheimpolizisten von seinem Quartier in der Subura wussten. War einer von ihnen gar der heimliche Beobachter, den sie gesehen hatten?
Aber die Männer schwiegen und machten keine Anstalten, ihn auf seine Zimmerwirtin Gaia Faustina anzusprechen. Nur das Kratzen der Feder auf dem dünnen Papier erfüllte den Raum.
Frohgemut fuhr Valerius mit seiner Geschichte fort: »Die edle Augusta kenne ich ebenfalls schon seit Jahren. Aber es war sozusagen ein geschäftlicher Besuch, den ich in ihrem Hause machte. Offensichtlich wurde ich ihr empfohlen. Ich liefere nämlich stets nur Qualitätsware, denn sie bestellte bei mir eine Partie von zweihundertWintermänteln. Ihr müsst wissen«, fuhr er eifrig fort, ganz der Geschäftsmann, der mit einem erfolgreichen Abschluss prahlt, »sie nennt sich Gründerin einer kleinen Stadt in Germanien mit Namen Colonia Claudia Ara Agrippinensium. «
Die Männer nickten eifrig.
»Nun, in Germanien ist es kalt, sehr kalt, und die Stadtgarnison friert. An öffentlichen Geldern fehlt es, wie ihr sicher wisst (zustimmendes Nicken beider Männer), und so haben sie sich mit einem Bittbrief an die Kaiserinmutter gewandt. Die hat nicht lange gezögert. So ist sie eben, unsere mildtätige Augusta, aus
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