Agrippina - Kaiserin von Rom
die Hausherrin gehalten, und genau diesen Eindruck wollte sie erzeugen.
»Der edle Tribun gibt uns die Ehre«, flötete sie und lud Valerius zum Sitzen ein.
»Seit unserem letzten Treffen hast du die Garderobe gewechselt, nicht wahr?« Den kleinen Seitenhieb konnte Valerius sich nicht verkneifen.
Silana lächelte unbefangen. »Hat dir die alte besser gefallen?«
»Nun ja ... äh, ich meine, du bist ohne Zweifel eine schöne Frau.«
Silana lächelte zufrieden.
»Etwas Wein?«
Valerius nahm dankend an.
Silana klatschte in die Hände, und sofort kam eine Sklavin herein, die Valerius schon einmal gesehen hatte. Die blonde Thissa.
»Bring Wein und Gebäck, Thissa! Den guten Wein, aus der roten Flasche!«
Das Mädchen stutzte einen Augenblick, dann nickte sie und eilte hinaus.
»Du spielst hier die Rolle der Hausherrin, nicht wahr?«
»Ich bin die Hausherrin«, lächelte Silana süffisant. »Ich war es auch zu Lebzeiten von Petrusius!«
»Er war nicht verheiratet?«
»Nicht verheiratet, kein Kind, keine Verwandten. Seine Schwester Aemilia Petrusia ist vor zwei Jahren verstorben. Stell dir vor, der reichste Mann weit und breit, aber niemand, der das alles hier erbt.«
»Dann wird es der Kaiser erben!«
»So wird es wohl sein! Wir warten schon auf den Vollstrecker.« Wortlos stellte Thissa Wein und Gebäck auf den Tisch. Valerius nahm etwas von dem Wein. Ausgezeichnet, etwas süß vielleicht, aber sehr süffig. In einem Zug leerte er den Becher, blickte Silana scharf an und fragte unvermittelt: »Wo ist dein Mann?«
Wenn er geglaubt hatte, Silana damit aus dem Gleichgewicht bringen zu können, hatte er sich geirrt. Sie lächelte spöttisch und nahm den Schal so weit zurück, dass ihr Dekolletee sichtbar wurde.
»Solltest du das nicht besser wissen, Tribun? Sicher habt ihr ihn schon eingefangen, den Armen?«
»Nein, äh ... haben wir noch nicht!«
»So, habt ihr noch ... nicht?«, fragte sie gedehnt. Ihre Augen funkelten, und sie schlug die Beine derart übereinander, dass die Tunica über die Gebote des Anstands hoch rutschte.
Valerius tat, als bemerke er das nicht, gleichzeitig begann er, sich zunehmend unwohl zu fühlen. Irgendwie hatte er den Eindruck, dass ihm die Dinge hier zu entgleiten drohten. Es war inzwischen Silana, die die Gesprächsführung unmerklich an sich gerissen hatte.
»Aber sicher wirst du bald Erfolg haben, Tribun. Ein Mann wie du hat immer Erfolg. Bei seiner Arbeit und ... bei den Frauen auch, nicht wahr?«
Sie stand auf und stellte sich hinter ihn. Valerius spürte das schwere Parfüm, das ihrem Körper entströmte. Ein Duft aus Myrrhe, Narde und Rosenöl, mit einem Hauch von Zimt vermischt, schwer und sinnlich, das einem die Sinne rauben konnte. Für einen Augenblick war er versucht, seinen Kopf nach hinten zu lehnen ...
Im gleichen Augenblick stürmte einer der jungen Milizionäre ins Zimmer, in der Hand ein Stück Papier, mit dem er wie wild herumwedelte. Kurz betrachtete er die merkwürdige Szene, dann riss er sich zusammen und brüllte im Kasernenton: »Hier, Tribun, haben wir im Schlafzimmer der äh ... Dame gefunden! Sicher wichtig! Wahrscheinlich sogar geheim! War in den Laken des äh ... Bettes versteckt!«
Silana lächelte den jungen Soldaten an. »Gut gemacht, junger Soldat. Vielleicht wirst du ja jetzt einen Orden oder so etwas bekommen, oder, Tribun?«
Das Gesicht des jungen Mannes wurde von einem unnatürlichen Rot überzogen, während Valerius irgendetwas Unverständliches grummelte. Hastig nahm der Tribun das kleine Schriftstück an sich und warf einen interessierten Blick darauf:
Silana! Geliebte!
Ich werde in Durnomagus auf dich warten. In der Taberna des
alten Quintillus, du kennst sie ja. Sorge dich nicht um mich, ich
werde es schaffen. Nimm alles mit, was du für eine weitere Reise
brauchst. Wir werden diesen Teil des Landes verlassen und zu
meinem Vetter ziehen! Achte darauf, dass dir niemand folgt,
wenn du zu mir kommst! Und komm sobald wie möglich!
Fühl dich umarmt und geliebt! Ich freue mich schon auf dich!!!
Dein treuer Gulvenius
» Da wird der treue Gulvenius aber lange warten müssen!«, meinte Valerius mit einem überlegenen Lächeln.
»Ich wäre sowieso nicht gegangen«, antwortete Silana leichthin. »Wäre ich gegangen, hättest du jetzt weder mich noch den albernen Zettel gefunden.«
»Du ... du willst nicht zu deinem Mann?«
»Er ist ein Verlierer, der typische Verlierer. Immer bringt er uns in Schwierigkeiten. Glaubst du
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