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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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die Straße.
    Gegen Ende der elften Stunde betrat der Tribun Marcus Valerius Aviola sein Ziel, die Colonia Claudia Ara Agrippinensium , durch das große steinerne Südtor, auf dem in großen Lettern die Buchstaben CCAA eingemeißelt waren.

VI.
Colonia Agrippinensium
    Im größten Tempel der Stadt ist es ruhig geworden. Nur wenige haben heute den Weg ins Capitolium zu den Altären von Jupiter, Juno und Minerva gefunden, um den mächtigen Gottheiten ihren Respekt zu bezeugen. Garunnian räumt die bereitgestellten Opfergaben weg. Der alte Priester seufzt. Hier in Germanien gibt es zu viele andere Götter, die den alten römischen ihren Platz streitig machen. Und die Menschen haben anscheinend auch keine Zeit mehr für Gebet und Opfer. Seit dreißig Jahren dient er jetzt den Gottheiten, und es ist immer schlimmer geworden mit dem Unglauben der Menschen. Und jetzt noch diese neue orientalische Sekte aus Judäa, die diesen Schreinersohn anbetet. Aber er wird sie genau beobachten, denn es ist ihm gelungen, sich in ihre Kreise einzuschleichen. Niemand ahnt etwas, sie halten ihn für einen der Ihren. Pah! Er wartet nur darauf, dass sie sich gegen den Kaiser versündigen oder die Gesetze des Reiches verletzen, dann wird er sie anzeigen, und man wird sie alle vernichten. Vielleicht wird das den alten Göttern helfen.
    Jetzt noch die Tiere in ihre Käfige schaffen, und dann ist sein Tagwerk getan. Er freut sich schon auf seine kleine Kammer, die sich im hinteren Teil des Gebäudes befindet. Die Opferungen werfen immer eine gute Mahlzeit für die Priester ab, und heute wird sie noch üppiger ausfallen, denn er ist allein.
    Ein Knirschen lenkt seine Aufmerksamkeit zum Altar der Minerva. Der Raum für die Tochter Jupiters ist der kleinste und wird ganz durch die große Statue der Göttin ausgefüllt. Waren das Schritte?
    »Ist hier noch jemand?«
    Aber seine Rufe verhallen unbeantwortet in den kühlen großen Räumen der ausgedehnten Anlage. Beruhigt wendet er sich wieder seiner Arbeit zu. Hier müssen noch frische Blumen auf den Altar gelegt werden, dann ...
    Wieder dieses Knirschen!
    Garunnian ist nicht ängstlich. Der kräftige Körper streckt sich. Neulich haben ihm Kinder hier einen Streich gespielt und die Tiere aus ihren Käfigen gelassen. Was für ein Geschnatter und Gegacker war das in den heiligen Hallen! Diese Kinder haben keine Ehrfurcht mehr. Aber kann das verwundern bei diesen gottlosen Eltern, die nur noch mit ihrem Vergnügen und dem persönlichen Aufstieg beschäftigt sind? In der Ecke steht ein knorriger alter Eichenstock. Den wird er jetzt holen und ihnen zeigen, was es heißt, einen gottgeweihten Tempel zu schänden. Aus den Augenwinkeln nimmt er plötzlich hinter sich einen großen Schatten wahr.
    »Was ma... ?«
    Sein Schrei bricht abrupt ab und versinkt in einem gurgelnden Laut. Ein Blutschwall ergießt sich aus seinem Mund, färbt das makellose Gewand über der Brust rot. Mit ungläubigen Blicken starrt er auf den Dolch, der in seinem Leib steckt. Die Arme rudern wild, seine Hände greifen ins Leere. Dann bricht der mächtige Körper zusammen. Nur noch schemenhaft erkennt der Sterbende eine vermummte Gestalt, die ihn höhnisch angrinst – bis alles um ihn her verlöscht. Der Vermummte holt unter seinem Mantel ein weiteres Messer hervor, packt den Haarschopf des Toten und schneidet ihm dreimal in die Stirn. Dann eilt er mit knirschenden Schritten davon.
    ***
    Die wachhabenden Legionäre am Südtor warfen nur einen nachlässigen Blick auf den ankommenden Reiter, der sich in seinen Kapuzenmantel gehüllt hatte. Zu sehr waren sie damit beschäftigt, die durch einen umgefallenen Töpferwagen entstandene Unordnung zu regeln. Der Kutscher beschimpfte zornig einen Kollegen, der ihn mit seinem Fuhrwerk in der Enge des Torbogens gerammt hatte.
    »Bei Merkur, wer zahlt mir den Schaden? Konntest du mit deiner alten Schindmähre nicht aufpassen? Die Arbeit eines ganzen Tages ist dahin!«
    Er schlug mit der Peitsche nach dem Beschimpften, doch der wich geschickt aus und setzte eiligst seine Fahrt fort. Schmunzelnd ritt Valerius über die Tonscherben, wohl darauf bedacht, dass sein Pferd nicht in die spitzen Trümmerteile trat.
    Die Straße, auf der er sich jetzt befand, war mehr als zehn Fuß breit und mit Basaltsteinen gepflastert. Sie führte schnurgerade nordwärts und wurde auf beiden Seiten von mehrgeschossigen Wohnblöcken gesäumt, die offenbar erst in den letzten Jahren errichtet worden waren. Valerius, der mit

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