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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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den Kopf getroffen. Tatsächlich wird es wohl zu jener Zeit in der ganzen Provincia Germania keinen korrupteren Mann als Pausanias gegeben haben, aber auch keinen geschickteren, denn nie war sein habgieriges Dienstverhalten einem seiner Vorgesetzten aufgefallen. Zugleich prahlte er vor Kollegen gerne mit einflussreichen Freunden in Rom, und sein Einfluss reichte – wenn man ihm denn glauben wollte – bis auf den Palatin. Dass ihn der Bannstrahl in die Provinz versetzt hatte, verschwieg er natürlich wohlweislich.
    Neugierig betrachtete er den Tribun und rieb sich die knochigen Hände. »Wir kennen uns noch nicht, nicht wahr, Tribun? Wie ich gehört habe, bist du der Leiter der städtischen Vigiltruppe. Man erzählt viel Gutes über dich und deine Truppe hier. Du hast alles im Griff, wie man heute so sagt.«
    Valerius war erstaunt über die Geschwätzigkeit des buckligen alten Schreibers und verspürte wenig Lust, das Gespräch mit ihm fortzusetzen.
    »Hat man mich hierhin gerufen, um ein Gespräch mit einem geschwätzigen alten Kanzleischreiber zu führen?«, rief er unwirsch.
    »Geschwätziger alter Schreiber? So, so«, murmelte Pausanias beleidigt. Sein Gesicht zeugte von heller Empörung. »Ei, der Herr ist von hohem Ross. Er spricht nicht mit einem gewöhnlichen Schreiber. Ein Valerier, von altem edlen Blut, zu nobel, um mit dem alten Pausanias ein wenig zu schwätzen. Wer weiß, vielleicht würde es ihm ja gut auskommen, wenn er sich mit Pausanias gut stellen würde.« Listig blitzten seine kleinen Augen, und die schmalen Lippen verzogen sich hämisch.
    Das reichte nun! Ohne Zögern packte Valerius den Alten an seinem dürren Hals und hob ihn ein wenig in die Höhe.
    »Wirst du mir jetzt sagen, du alte Kanzleikrähe, wer mich hierhin bestellt hat und warum? Oder, bei Mars, ich prügele es aus dir heraus.«
    Das Gesicht des Alten lief rot an, und er hielt sich wehleidig den Hals. Schwer atmend krächzte er: »Mögen die Götter ...«, er hustete röchelnd, »dir dein unwürdiges Benehmen vergeben.« Wieder ein rasselnder Hustenanfall.
    »Man ...«, seine Stimme wurde schrill, »man sieht sich im Leben stets ein zweites Mal, und es könnte sein ...« Er vollendete den Satz nicht, sondern wankte zur Tür des Amtszimmers. Schweigend öffnete er sie und wies hinein. Hätten Blicke töten können, wäre Valerius auf der Stelle umgefallen, denn der Blick, den Pausanias dem Tribun nachwarf, war voller Hass. Ächzend rieb er sich die gichtigen, dürren Hände, das Gesicht zu einem bösartigen Grinsen verzogen. Man sieht sich stets zweimal ...
    Valerius brauchte einen Augenblick, um sich an die Dunkelheit des kleinen Raums zu gewöhnen. Nur spärlich wurde er von zwei Öllampen erhellt, und das kleine Fenster, das zur Ostseite herauszeigte, gewährte jetzt zur elften Stunde kaum noch Licht. Träge floss der Rhenus durch sein Bett, und das andere Ufer lag schon in völliger Dunkelheit. Den Mann, der da über Papiere gebeugt an seinem Schreibtisch saß, erkannte Valerius zunächst nicht. Erst als er den Kopf hob und das karge Licht auf die kräftigen Züge seines Gesichts fiel, erkannte er ihn – Lucius Duvius Avitus, der Statthalter und Oberbefehlshaber!
    »Ich grüße dich, Tribun Marcus Valerius!«
    Die sonore Stimme des Statthalters strahlte Wärme aus.
    »Gruß auch dir, Lucius Duvius Avitus!«
    »Ich sehe dich überrascht, nicht wahr?«
    »In der Tat, das bin ich. Ich wähnte dich in Rom. Als wir uns das letzte Mal hier in diesem Raum sahen, sprachst du von gepackten Taschen und deinem Nachfolger. Auch hörte ich, dass du einige Tage später abgereist bist.«
    » Recte , Tribun. Aber ich kam nicht weiter als bis Mogontiacum. Dort traf ich mich mit meinem Amtskollegen Titus Curtilius Mancia. Eigentlich wollte ich nach kurzer Zeit weiterreisen, aber die Nachrichten, die ich dort hörte, beunruhigten mich.«
    »Du meinst, die Nachricht vom Tod unseres Curators ?«
    »Nein, davon hörte ich erst hier bei meiner Ankunft. Nein, es scheint Schwierigkeiten mit den Germanen auf der anderen Seite des Rhenus zu geben.«
    »Welche Schwierigkeiten?«
    »Wir haben mit den Friesen einen Vertrag, der uns ein bestimmtes Gebiet als reservierten Bereich für unser Heer zusichert. Nun sind dieGermanen im Begriff, in genau dieses Gebiet einzusickern. Damit aber nicht genug. Die Nachbarn der Friesen, die Ampsivarier, haben eine Gesandtschaft zu meinem Amtskollegen geschickt. Sie beanspruchen dieses Gebiet nunmehr für sich. Es wird

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