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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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Märchen. Gut genug, kleine Kinder zu erschrecken oder zu verzaubern.«
    »Aber ...«
    Ungnädig fuhr Maternus fort. »Es gibt nur einen, wahren Gott, und das ist unser Herr! Sicher mag dir dies seltsam vorkommen, und du bist ja auch in einer gänzlich anderen Götterwelt aufgewachsen, aber es ist Zeit, dass ihr Römer endlich begreift, dass ...«
    Diesmal unterbrach ihn Valerius, und auch seine Stimme war nicht frei von Zorn und Unmut.
    »Verzeih, edler Maternus, ich sag’ es ungern, aber du verlangst zu viel! Da kommst du daher, du und deine Leute, und sagst uns Römern, uns, den mächtigsten Herren der Welt, dass wir ab sofort unsere Götter, die unser Imperium seit vielen hundert Jahren machtvoll beschützt haben, vergessen und einem Schreinersohn aus einer der entlegensten Provinzen des Reiches folgen sollen, einer Provinz, aus der noch nie etwas Gutes gekommen ist. Der Mann ist, wie ich inzwischen weiß, von unserem dortigen Statthalter Pontius Pilatus ordnungsgemäß wegen Hochverrats verurteilt und danach hingerichtet worden. Seitdem laufen seine Anhänger dort herum und verbreiten das Märchen, er sei aus dem Grab auferstanden und seinen Anhängern erschienen. Also, wenn du von mythologischen Märchen redest, dann ist das eins! Ein Toter, der aus dem Grab aufsteht und umherwandelt, das hab’ ich ja noch nie gehört. Und du nennst mich ein Kind? Kindisch ist es, solche abergläubischen Geschichten zu verbreiten, ja gar eine Religion daraus zu machen!«
    Für eine kurze Weile schien es, dass die beiden Männer über ihre auseinander liegenden Standpunkte in einen echten Streit geraten könnten. Maternus nahm einen kleinen Schluck Wein, den er sorgsam mit Wasser vermischt hatte, und sah seinen Gesprächspartner ernst an.
    »Dann ist dein Freund Horatius Pulcher auch ein Kind? Und dein Weib Dirana auch, denn sie ist unserem Glauben schon sehr nah. Und Petrus? Du hast ihn kennen gelernt, nanntest ihn beeindruckend. Kinder, alles Kinder, die sich von nichtigem Blendwerk haben blenden lassen? Aber ich sehe ein, es ist zu früh.«
    »Zu früh?«
    »Zu früh, um dich wirklich für unseren Glauben zu gewinnen. Du hast ja gehört, was Petrus geschrieben hat. Ich werde nichts unversucht lassen, um das Licht unseres Glaubens auch in dir zu entzünden.« Er seufzte. »Aber du bist ein harter Brocken. Ein Patrizier aus uralter römischer Familie, aufgewachsen und verwurzelt in römischem Gedankengut. Das braucht seine Zeit.«
    Auch Valerius hatte sich wieder gefasst und legte begütigend die Hand auf den Arm seines Gastes.
    »Verzeih, wenn ich aufbrausend war. Auch wollte ich dir nicht zu nahe treten und deinen Glauben schmähen. Aber es ist nicht der meine. Und was die anderen anbetrifft: Es ist mir schon aufgefallen, dass Dirana anders spricht als früher. Und auch unserem Titus erzählt sie viel von eurem Gott. Sic sit – Mag es so sein. Mein Weib teilt mein Bett, aber nicht meinen Glauben! Jedenfalls bräuchte es eine ganze Menge mehr als einige wundersame Ereignisse, um mich zu euch zu bringen.«
    Eine Zeit lang herrschte Schweigen. Maternus sah sehr nachdenklich aus. Dann fragte er unvermittelt: »Und meinem Zeugnis glaubst du auch nicht?«
    »Was meinst du damit, Maternus?«
    »Du kennst meine Geschichte. Du weißt, dass mich der Herr auferweckt hat, als man mich als toten Jüngling aus der Stadt Nain heraustrug. Ich war damals zwölf Jahre alt.«
    »Wissen? Nun, man hat es mir erzählt«, sagte Valerius und lächelte dünn. Seine Gedanken aber schweiften zurück zu der attraktiven Julia Spatiatica. Er hatte sie damals im Rahmen seiner Ermittlungen vernommen, weil ihr Mann, der Gewürzhändler Flavius Spatiaticus, zu den Opfern der unheimlichen Mordserie gehört hatte. Damals hatte sich Maternus bei ihr vor den mörderischen Häschern des Tullius Torquatus Niger versteckt. Von jener Witwe hatte er zum ersten Mal die wundersame Geschichte des Maternusgehört. Das alles schien schon eine Ewigkeit her, dabei lagen gerade einmal fünf Jahre zwischen den beiden Mordserien.
    »Was ist eigentlich aus Julia Spatiatica geworden?«, fragte er plötzlich.
    »Du erinnerst dich an sie?«
    »Freilich, sie ... sie hat mich beeindruckt.«
    »Du sie auch«, schmunzelte Maternus. »Sie hat bislang nicht wieder geheiratet und führt den Gewürzladen ihres verstorbenen Mannes fort. Auch sie ist eine Anhängerin unseres ... Märchenglaubens.« Das Letztere hatte Maternus nicht ohne eine gewisse Bitterkeit gesagt.
    »Ich hörte

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