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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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Tribunensohn.
    Plötzlich setzen sie sich in Bewegung, stürmen auf die Strohballen zu. Mit raschem Griff greifen sie nach dem kleinen Burschen. Aber der wehrt sich. Den Langen tritt er heftig gegen das Bein, und dem kleinen Blonden haut er mit der Faust auf die Nase. Gleichzeitig beginnt ein Schreien und Zetern, dass nicht nur die alte Arnicia sofort wach wird, sondern auch mehrere kräftige Sklaven aus der Scheune stürmen. Mit schnellem Blick haben sie die Situation erfasst. Sie greifen nach ihren Heugabeln, nach Stöcken und Stecken und prügeln auf die beiden Männer los, dass es eine wahre Freude ist. Krächzend und schimpfend humpelt die alte Arnicia auf die Kampfbolde zu und entleert über dem verdutzten Haupt des Blonden einen Kübel voll Unrat, der auf seine Entsorgung wartete.
    Das reicht. So schnell es die Umstände zulassen, verlassen die beiden Männer die ungastliche Stätte und eilen jammernd zu den beiden Gäulen, die sie vor dem Hof abgestellt haben.
    Der Tribun Marcus Valerius Aviola aber, der eilig nach Durnomagus prescht, um endlich wieder seinen kleinen Titus zu sehen, wundert sich über die beiden verschmutzten Reiter, die ihm da begegnen. Zerlumptes Gesindel, die erbärmlichen Schindmähren, auf denen sie sich mühselig halten, nicht viel besser. Der eine von ihnen stinkt gar zum Erbarmen, wie Valerius bei der kurzen Begegnung feststellt. Offenbar hat jemand über seinen Kopf einen Kübel Mist gekippt. Schmunzelnd setzt Valerius seinen Ritt fort.
    ***
    Noch hatte die Sonne ihren täglichen Lauf nicht begonnen, und tiefe Finsternis lag über Baiae . Denn der Mond hatte sein Angesicht verhüllt, als wolle er nicht Zeuge des Verbrechens werden, das sich da anbahnte. Die Einwohner des Badeorts lagen in nächtlicher Ruhe auf ihren Betten. Aber nicht alle!
    Zu denen, die in jener Nacht keine Ruhe fanden, gehörte Claudius Tiberius Nero, der allmächtige Herrscher über das Imperium Romanum. Nervös wanderte er auf und ab, immer wieder durch die dunklen Gänge seines Palastes. Er hatte dem Wein reichlich zugesprochen, und sein Gang schwankte. Er wartete. Wartete darauf, dass Boten ihm endlich den Erfolg seiner unseligen Untat verkünden würden.
    Und die Zeit wurde lang. Längst war Nero in den großen leeren Speisesaal zurückgekehrt, hatte sich auf das längliche Sofa an der Stirnseite geworfen, um Sekunden später wieder aufzustehen und mit hastigen Schritten das Zimmer zu durchmessen. Immer wieder zeigte ihm der blecherne Klang der Clepsydra , dass erneut eine Stunde verronnen war. Aber kein Bote kam. Wütend trat er gegen eines der Seidenkissen, das weit durch den Raum flog. Er hatte alle Vertrauten, Diener, Sklaven weggeschickt, wollte allein sein. Auch Poppaea hatte es vorgezogen, sich schmollend in ihre Gemächer zurückzuziehen.
    Endlich Geräusche im Gang. Wenig später öffnete sich die Tür. Anicetus stürmte herein und warf sich vor die Füße des Kaisers: »Es ist vollbracht, erhabener Cäsar , das Werk ist vollendet!«
    Nero wurde leichenblass, schwankte zwischen grenzenloser Erleichterung und taumelndem Entsetzen. Er rang nach Luft und setzte sich schwer atmend auf einen Sessel.
    »So ... so hast du es selbst gesehen?«
    Anicetus hatte sich erhoben, sein Gesicht drückte Stolz und Zufriedenheit aus. Zufrieden auch, weil Tigellinus, sein verhasster Rivale um die Gunst des Kaisers, in der Stunde dieses Triumphes weit weg ist. Er inspiziert die Prätorianertruppen auf dem Marsfeld zu Rom. In dieser Situation ist es sehr wichtig, die einzigen Truppen in Rom bei der Stange zu halten.
    »Man hat es mir berichtet, edler Cäsar. «
    »Man hat es dir berichtet? Was heißt das? Sprich, Mann, sprich!«
    »Meine Konstruktion hat genauso funktioniert, wie wir es geplant haben. Das Schiff brach sozusagen auseinander, die Kaiserin trieb im Wasser. Wie du weißt, Göttlicher, ist sie eine gute Schwimmerin.«
    »Ich weiß, ich weiß. Weiter!«
    »Nun, in ihrer Not rief sie: ›Helft mir, ich bin Agrippina, die Mutter des Kaisers!‹ Daraufhin haben ihr meine Männer den Schädel eingeschlagen!«
    »Den ... den Schädel eingeschlagen?«, flüsterte Nero tonlos. Im Geiste sah er das Bild seiner Mutter vor sich, wie sie blutüberströmt im Wasser trieb und die Ruderblätter wieder und wieder auf ihren Kopf einschlugen. Der liebevolle Abschied von der Mutter tauchte vor seinen Augen auf, wie sie ihn umarmt und geküsst hatte. Geliebt und gehasst hat er sie, bewundert und gefürchtet, immer alles mehr, als

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