Agrippina - Kaiserin von Rom
und trank einen Schluck des einheimischen, als herb beschriebenen Moselweines,der einen erfrischenden Kontrast zu der kräftigen Fischsoße darstellte.
»Eure Speisen hier können sich sehen lassen, besser speist man auch in Rom nicht.«
»Danke für das Kompliment, Tribun«, lächelt der Aedil geschmeichelt. »In der Tat war unser Küchenmeister lange Jahre in Rom tätig. Aber das Hauptmahl erst! Ich kann dir verraten, es ist ein Traum! Nunc vino pellite curas, convivae honesti – Lasst uns die Sorgen mit Wein vertreiben, wie es der treffliche Horaz empfiehlt, ehrenhafte Gäste!«
Der Aedil erhob sich schnaufend und trank seinen Gästen zu. Sein gerötetes Gesicht zeigte deutlich an, dass er dem Rat des Dichters bereits gefolgt war. Und mit schwerer werdender Zunge fuhr er fort: »Und unser edler Gast aus Rom, den Cäsar persönlich – die Götter mögen ihn schützen – hierher gesandt hat, mag sehen, dass es sich auch in der Provinz leben lässt. Auf dein Wohl, edler Tribun. Möge deine Mission hier bald erfüllt sein!«
»Es ist immer das Gleiche«, murmelte Quintus. »Mein Vater gibt sich den Lockungen des Bacchus allzu gern und allzu früh hin ... Mit deiner Mission hier meint er den Aufbau einer Polizeitruppe, nicht wahr?«
Valerius nickte. »Ich hoffe, er empfindet es nicht als eine Einmischung in sein Aufgabengebiet?«
»Keine Sorge, er hat noch genug anderes zu tun. Etwas Hilfe kann er schon brauchen. Im Augenblick beschäftigen ihn die Mordfälle hier sehr. Hast du davon gehört?«
»Wer nicht. Hat dein Vater schon eine Ahnung, wer dahinter steckt?«
»Ich glaube, er vermutet, dass die tückischen Sugambrer dahinter stecken. Sie wollen unsere Provinz in Unruhe versetzen.«
Ihr Gespräch wurde durch den Zeremonienmeister unterbrochen, der erneut mit wichtiger Miene in die Raummitte trat.
»Wenn euch die Vorspeise gemundet hat, so seiet jetzt bereit für den nächsten Gang. Der Hauptgang bietet Schweineeuter, in Koriander und Sardellenpaste gedünstet, gefüllt mit gehacktem Fleisch vom Zicklein und Pilzen, umlegt mit gewürztem Speltgraupenbrei, Mangold und ausgebackenen Gurken. Dazu empfiehlt der Kellermeistertiefroten, eisgekühlten Caecuber. Möge das Mahl euch munden!«
Während die Sklaven die dampfenden Schüsseln und Platten hereinbrachten, setzte die Musik erneut ein und untermalte das Plaudern der Gäste.
»Wie ist es mit Tanz und Akrobatik? Habt ihr auch Sklaven, die so etwas können?«, fragte Valerius den Sohn seines Gastgebers.
»Tribun, ich sage dir: Vergiss die üblichen gadetanischen Tänzerinnen. Niemand tanzt besser als unsere Dirana, aber das Beste kommt immer am Schluss. Lass dich überraschen!«
Aha, endlich fiel der Name, auf den Valerius schon so lange gewartet hatte. Er beschloss, abzuwarten und alles Weitere auf sich zukommen zu lassen. Die Sklaven begannen mittlerweile, die Platten mit den Speiseresten wieder abzuräumen, während zierliche Sklavinnen in knappen, kaum verhüllenden Tuniken aus Bastkörbchen getrocknete Rosenblätter und Minze durch den Raum streuten. Ein schwerer, betörender Duft breitete sich allmählich aus. Ein letztes Mal trat der beleibte Zeremonienmeister gravitätisch in die Mitte. Er wartete, bis er die Aufmerksamkeit aller hatte, was er sichtlich genoss. Dann erklang erneut seine hoheitsvolle Stimme: »Zum Abschluss des Mahles eine delikate Tyropatina als bescheidener Nachtisch. Wir servieren Bellaria domestica, Süßigkeiten nach Art des Hauses: getrocknete Trauben in Birnenmus, versetzt mit einem Hauch von Mulsum , geröstete und mit Anis bestreute Nüsse im Feigenmantel. Dazu reichen wir, je nach Geschmack, gekühlten, nur leicht gesüßten Honigwein von den Hängen unseres Rhenus oder Vinum Rosatum , lieblichen Rosenwein aus den Gärten des Hauses. Möge das Mahl damit einen köstlichen Abschluss finden. Doch nicht nur Zunge und Magen sollen an diesem Orte gelabt werden, auch die Augen mögen Wohltaten empfangen. Dafür wird Dirana sorgen!«
Ein leises Raunen ging durch den Raum, der Name war den Gästen nur allzu bekannt, wie es schien. Sofort begannen die Musiker mit einer leisen, leichtfüßigen Melodie, und Sekunden später betrat eine völlig verhüllte weibliche Gestalt das Speisezimmer. Zunächst stand sie regungslos vor den Gästen, dann begann sie sich langsam nach dem Klang der Flöten und Rasseln zu wiegen.Der biegsame Körper schien jede Note zu ahnen und sich ihr anzupassen. Die Musik wurde lauter, und Dirana bewegte
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