Agrippina - Kaiserin von Rom
sich schneller, immer schneller, immer wilder, wie im Wettlauf eilte die Tänzerin den Noten nach. Längst hatten die Gäste aufgehört, sich die Süßigkeiten in ihre gierigen Mäuler zu stopfen, selbst die Damen unterbrachen ihr geschäftiges Geschwätz und starrten mit offenen Mündern auf die Tänzerin, die jetzt, wie unbeabsichtigt, ihren ersten zarten Schleier verlor. Weitere, hauchdünne, golddurchwirkte Seidenschleier bedeckten Kopf und Körper.
Die Tänzerin begann jetzt, sich in fast lasziven Zuckungen zu winden, lag flach auf dem Boden, um im nächsten Augenblick die Beine gespreizt in die Höhe zu stellen. Die Schleier rutschten und gewährten einen Blick auf sehnige, gebräunte Schenkel, um sie im nächsten Augenblick wieder schamhaft zu verhüllen. Jetzt flog der nächste Schleier, segelte einen Augenblick wie trunken durch die Luft und wurde von Volturcius Crassus unter dem Beifall der berauschten Gäste aufgefangen.
Valerius fühlte sich seltsam erregt, konnte nicht abwarten, bis auch die anderen Schleier fielen. Da, der nächste. Jetzt deckte nur noch ein Schleier notdürftig die Blöße, ließ die zarten runden Brüste ahnen und das üppige, tiefschwarze Dreieck der Scham durchscheinen. Dirana drehte sich nun in rasendem Tanz um die eigene Achse und wirbelte dabei ihr langes schwarzes Haar durch die Luft. Aber schon wurden die Flöten langsamer, klagend, und die Tänzerin folgte ihnen mit ihren Drehungen. Plötzlich erstarb die Musik völlig, und im gleichen Augenblick lag Dirana auf dem Boden, Arme und Beine weit von sich gestreckt, die hübschen Rundungen ihres Pos fast unverhüllt den Gästen entgegengestreckt.
Beifall brandete auf, schwoll an und steigerte sich zu ungeahnter Lautstärke. Dirana raffte ihre Schleier zusammen – der letzte war bis zuletzt nicht gefallen! –, verbeugte sich in Richtung des Gastgebers und verschwand hinter einem Vorhang.
» Vivat! Vivat!« Die Begeisterung der Gäste war stürmisch. Lediglich die anwesenden Damen hielten sich mit ihrem Beifall merklich zurück und klatschten diskret in ihre zarten Hände. Der Aedil hatte sich von seinem Platz erhoben und näherte sich schwankenden Schritts Valerius.
»Sie versteht es, die Sinne der Männer zu reizen, nicht wahr, Tribun?«
Valerius nickte. »Sie kann sich mit den gadetanischen Tänzerinnen von Rom messen, ohne Zweifel. Überhaupt, mein lieber Publius Statilius, das Gastmahl war ein voller Erfolg. Ich habe mich lange nicht mehr so gut vergnügt. Musik, Tanz, Küche, es hat einfach alles gestimmt.«
»Ein Kompliment aus deinem Munde gereicht mir zur Ehre«, antwortete der Aedil, » morgen wollen wir mit unserer Arbeit beginnen, aber jetzt wollen wir uns amüsieren. Lasst uns sehen, was der Weinmeister noch alles zu bieten hat.«
Üblicherweise folgte auf den offiziellen Teil eines Gastmahls eine Comissatio , was nichts anderes als ein Trinkgelage bedeutete. Die meisten Gäste blieben auf ihren Liegen und tranken, was man ihnen reichte. Valerius jedoch trank sparsam und ließ sich den Wein immer mindestens zur Hälfte mit kühlem Wasser mischen. Aufmerksam blickte er in die Runde. Die Frauen zumindest waren bereits leicht erheitert und gackerten lustig umher.
»Wer sind die Damen?«, fragte er Quintus.
»Die Dicke dahinten mit den aufgetürmten Haaren und der grellen Schminke ist die Frau des Flottenkommandanten von Bonna, Gaia Flaminia. Die Schlanke daneben in der roten Tunika mit den schwarz gefärbten Haaren ist Claudia Volturcia, die Frau des Prätors . Und die Kleine dort, die sich soeben den halben Becher über das Gewand geschüttet hat und jetzt so schrill herumschreit, das ist Valeria Caecilia, die Frau des Dicken dort drüben, der schon eingeschlafen ist.«
»Und wer ist das?«
»Das ist Manlius Caecilius, einer der beiden Duumviri. Er ist einer der größten Gutsbesitzer in unserer Stadt. Er hat nicht nur hier Güter, sondern auch bei Bonna, Novaesium und Juliacum, einer der reichsten Männer der Stadt.«
»Und deine Mutter? Verzeih die Frage. Ist sie nicht hier?« Das Gesicht des jungen Mannes verfinsterte sich. »Meine Mutter ist am Fieber gestorben, als ich vierzehn Jahre war.«
»Und dein Vater hat nie mehr geheiratet?«
»Nein! Hier scheint ihm keine gut genug zu sein. Was er braucht, holt er sich auch so!«
Die offenen Worte des jungen Mannes verwunderten den Tribun. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn schien nicht das beste zu sein. Aber Valerius unterließ es, weitere Fragen zu
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