Agrippina - Kaiserin von Rom
werden.«
»Tatsächlich? Haben sich diese Ereignisse schon bis zur Hauptstadt herumgesprochen?«
»Ich weiß es von Aurelius Sabinus, dem Magister equitum von Novaesium . Er war vor kurzem bei uns zu Besuch. Wie ihr vielleicht wisst, ist sein Bruder Prätor in Rom. Da hat man seine Informationen.«
»Etwas Wein, ihr edlen Herren?« Dirana war hinzugetreten, mit einer großen Weinkaraffe in der Hand. Gerne ließen sich die Männer ihre Becher nachschenken. Dabei bedachte die Sklavin Valerius mit einem langen Blick, der sein Herz sofort schneller schlagen ließ.
»Du hast wieder einmal exzellent getanzt«, lobte Manlius Flaminius Dirana und streichelte über ihr langes Haar. Schon diese harmlose Geste berührte Valerius äußerst unangenehm. Die Vorstellung, dass Statilius einem seiner Gäste die Sklavin für eine Nacht überlassen könnte, wie Quintus es angedeutet hatte, erfüllte ihn vollends mit Abscheu.
»Und wie hat es dem edlen Tribun gefallen?«, wandte sich Dirana an Valerius.
»Äh, gut ..., ich meine, du, äh, hast sehr schön getanzt«, stammelte er. Lächelnd entfernte sich Dirana wieder.
»Ein tolles Weib«, meinte der alte Sallustius, »wenn ich zwanzig Jahre jünger wäre ...«
Das Gespräch wurde durch einen spitzen Schrei unterbrochen. Alle Blicke richteten sich auf – Valerius’ Liege. Valeria Caecina, die Frau des Duumvir , war zusammengebrochen. Klirrend fiel die Weinschale, die sie in der Hand gehalten hatte, zu Boden.
»Ein Arzt! Man muss sofort einen Arzt holen!«
»Sie wird nur zu viel getrunken haben, das kennt man ja.«
»Öffnet ihre Tunika, sie bekommt ja keine Luft. Seht nur, wie blau ihr Gesicht angelaufen ist.«
»Gebt ihr etwas Wasser, das wird helfen!«
Diffuses Stimmengewirr erfüllte den Raum. Ratlos lief alles durcheinander. Inzwischen hatte man ihren Mann geweckt, der dem Treiben mit seinen im Wein schwimmenden Augen hilflos zusah. Die kleine rundliche Frau wurde auf eine Liege gelegt, und man versuchte, ihr etwas Wasser einzuflößen – vergeblich.
»Bringt sie in den Nebenraum!«, übertönte eine Stimme das Gewirr. Ein kleiner hagerer Mann in einem alten, verschlissenen Mantel drängte sich durch die Menge.
»Ich habe Peliodoros, unseren Arzt, geholt. Das war wohl das Vernünftigste, nicht wahr?«, meinte Quintus Statilius sachlich.
Valerius nickte. »Hoffentlich nichts Ernsthaftes, vielleicht hat sie wirklich nur zu viel getrunken.« Allerdings war ihm der bittere Geruch nicht entgangen, den die zersprungene Weinschale noch auf dem Boden verströmte ... Zwei Sklaven trugen die Bewusstlose vorsichtig in einen Nebenraum. Die Gespräche wandten sich allmählich wieder anderen Themen zu, und auch die Weinbecher wurden wieder geleert, als wäre nichts passiert. Nur Valerius nahm nichts mehr zu sich und beobachtete aufmerksam das Geschehen.
In der Tat war er am wenigsten von allen verwundert, als sich nach zwanzig Minuten die Tür des Nebenraums öffnete und der Arzt Peliodoros mit düsterer Stimme verkündete: »Sie ist tot. Bei den Göttern, ich habe alles versucht!«
XIII.
Sugambrer kennen keine Gnade!
»Du musst verrückt sein, absolut verrückt!« Die kreischende Stimme des Aedils überschlug sich fast. »In meinem Haus einen Mordanschlag durchzuführen, und dann noch einen, der wieder misslingt. Das wird dich deinen Kopf kosten, Tullius! Ich hatte dich gewarnt!«
Tullius Torquatus Niger, wie immer in seinen schwarzen Mantel gehüllt, betrachtete den Mann vor ihm ungerührt. Seine Blicke schweiften über das schäbige Mobiliar in Honorias Absteige.
»Wieso muss die alte Weinschnepfe auch aus der Schale trinken, die auf dem Tisch des Tribuns steht? Hatte sie keine eigene?«
»Das spielt keine Rolle«, schrie Publius Statilius, »in meinem Haus kommt ein Gast zu Tode! Ebenso hätte es auch meinen Sohn treffen können, hast du das bedacht? Oder den Prätor ! Ein Skandal ist das! In der Stadt sprechen sie über nichts anderes!«
»Aber die Todesursache ist doch keinem bekannt, oder?« Gleichgültig reinigte Niger mit einem kleinen Messer seine Fingernägel.
»Natürlich nicht. Ich habe Peliodoros geschworen, ihn in die Arena ad bestias zu schicken, wenn auch nur ein Wort über seine dürren Lippen kommt. Offiziell ist sie an ihrem schwachen Herz gestorben. Den Göttern sei Dank, dass sie vor vier Wochen schon einmal einen Anfall hatte!«
»Na also, was regst du dich so auf ? Viel ärgerlicher ist, dass der Tribun uns erneut durch die Lappen gegangen ist.
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