Agrippina - Kaiserin von Rom
durch die ausgedörrte Kehle. Valerius wollte sich aufsetzen, doch Cataulca drückte ihn sanft auf sein Lager zurück.
»Du krank! Liegen! Andere nicht wissen, das besser.«
Valerius war mehr als überrascht. Die Alte konnte Latein, wenn auch nur in Brocken. Mit eiligen Schritten verließ die Frau die Hütte und kehrte nach wenigen Augenblicken mit einer dampfenden Brühe zurück. Vorsichtig flößte sie ihm die kräftige Suppe ein, die sie nur für ihn aus Knochen, Fleischresten und Kräutern zubereitet hatte. Valerius leckte sich die Lippen. Die Suppe schmeckte hervorragend und brachte etwas von seinen Lebensgeistern zurück. Die Frau zeigte mit ihren schwieligen Händen auf sich.
»Cataulca!«
Valerius lächelte und zeigte auf sich: »Valerius!«
»Va – le – ri – us!«
Jede Silbe betonend, wiederholte die Germanin langsam den Namen. Ein feines Lächeln spielte um ihre spröden Lippen.
»Woher kennst du unsere Sprache?«.
»Pscht! Nichts sprechen!« Cataulca legte ihre Finger auf den Mund. »Andere hören! Ich Sprache von Manlius, römischer Sklave, aber niemand weiß.«
Mit einem Ruck wurde das Bärenfell, das die Tür verdeckte, zur Seite gerissen. Im Türrahmen erschien die muskulöse Gestalt von Catuvolcus.
»Sieh an, der römische Bastard hat die Sprache wiedergewonnen!« Höhnisch grinsend stand der Germane in der Tür und rieb sich die Hände.
»Bald gehörst du mir! Mag die Alte dich auch pflegen. Sie tut es nur, damit du gesund bist, wenn wir dich opfern. Aber vorher werden wir dich noch befragen. Dem närrischen Sigher kannst du deine Märchengeschichten erzählen, mir nicht. Du bist nicht ein einfacher Tribun, sondern ein Prätorianer! Die Rangabzeichen hab’ ich in Rom kennen gelernt. Und du wirst mir schon erzählen müssen, was ein Offizier des Kaisers hier zu suchen hat. Also lass dich gut pflegen, damit du meinen Fragen standhältst, römischer Hund!« Er lachte laut auf und verließ die Hütte.
Mit einer abschätzigen Bewegung deutete Cataulca zur Tür. »Schlecht Mann! Immer töten! Aber du nicht Opfer!« Sie zwinkerteihm vergnügt zu. »Cataulca Va – le – ri – us rettet.« Dann verließ auch sie die Hütte.
Wenig später trat Manlius ein, ein ordentliches Stück Fleisch in der Hand.
»Hier, hab’ ich für dich gestohlen.«
»Danke, mein Freund. Ich bin schon satt. Cataulca hat mich versorgt. Was hältst du von ihr? Kann man ihr trauen?«
»Cataulca? Sie hat einen Narren an dir gefressen. Du musst wissen, ihr Sohn ist vor vielen Jahren am Wundfieber gestorben. Das hat sie nie verwunden. Immer wieder geht sie in den Wald und sucht ihn. Nun scheint sie ihn in dir wieder gefunden zu haben. Wahrscheinlich ähnelst du ihm.«
»Du hast ihr unsere Sprache beigebracht?«
»So weit ich konnte. Als ich hierhin verschleppt wurde, war sie die Einzige, die mich freundlich behandelte. Und wissbegierig war sie. So habe ich ihr abends nach getaner Arbeit etwas von unserer Sprache beigebracht. Und Cataulca ist eine gute Schülerin. Aber sieh dich vor. Niemand darf das wissen, sonst ...«
»Was sonst?«
Wieder war Catuvolcus unbemerkt eingetreten. Offenbar hatte er vorher gelauscht, aber nur den letzten Satz verstanden.
»Sprich, römischer Sklave! Was darf niemand wissen?«
Manlius schwieg. Mit einem blitzschnellen Faustschlag schlug der Germane dem Sklaven mitten ins Gesicht. Blut tropfte aus der getroffenen Nase, aber Manlius schwieg weiter.
»Hinaus mit dir! Wir werden uns noch unterhalten!« Und während Manlius schnell aus der Hütte sprang, funkelte der Eburone den Römer aus hasserfüllten Augen an.
»Genieße dein Leben, Römer. Schon morgen werden wir sehen, wie tapfer ein römischer Prätorianer der Folter standhält. Und dann wirst du den heißen Tod sterben, Tribun.«
»Warum hasst du uns Römer so sehr?«, fragte Valerius, obwohl er die Antwort kannte.
»Warum? Bei Wotan, du fragst warum?« Er lachte böse und zeigte ein lückenhaftes Raubtiergebiss.
»Was macht ihr Römer eigentlich bei uns? Wer gab euch den Auftrag, wer die Vollmacht, aus eurem Land in den Norden zuziehen und fremde Völker zu unterwerfen? Euer Cäsar war noch nicht einmal der Erste! Schon seit fast hundertfünfzig Jahren treibt ihr euch hier herum und unterwerft alles, was euch begegnet. Und was ihr nicht unterwerft, das tötet ihr. Oder ihr verschleppt Männer wie mich nach Rom und zwingt sie, vor den Augen eurer blutrünstigen Zuschauer um ihr Leben zu kämpfen.« Er war ganz nah an
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