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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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Valerius herangetreten. Eine Wolke von Met streifte das Gesicht des Tribunen.
    »Euer großer Feldherr Cäsar, der Eburonenschlächter, hat mein ganzes Volk ausgerottet. Mein Großvater starb unter den Hieben eurer Legionäre, meine Mutter und meine Tanten wurden vergewaltigt, bevor man sie verschleppte. Ich habe nie erfahren, was aus ihnen geworden ist. So bin ich ohne Familie aufgewachsen, bis mich ein römischer Sklavenhändler ebenfalls verschleppt hat – in euer schönes Rom, für eure Arena. Zur Kurzweil gelangweilter Zuschauer. Und da fragst du, warum ich euch hasse?« Er spuckte den Römer verächtlich an.
    »Aber wir haben euch Kultur und Zivilisation gebracht, Handel und Verkehrswege. Die Völker, die sich mit uns verbündet haben, leben in Ruhe und Frieden unter unserem Schutz. Ohne uns würdet ihr immer noch ...«
    »Und wer hat uns gefragt, ob wir das wollen, eure Kultur und euren Schutz?«, schrie der Germane. »Wollt ihr jedem Volk eure Kultur, oder das, was ihr dafür haltet, aufzwingen? Kultur! Oh, ja! Ich hab’ sie in euren Arenen kennen gelernt, eure Kultur. Männer und Frauen, ja sogar eure Kinder sitzen auf ihren Plätzen und knabbern gelangweilt an ihren Keksen, während im blutigen Sand der Arena Männer wie ich um ihr Leben kämpfen. Eure Kultur! Männer, die sich als Frauen benutzen lassen. Greise, die mit lüsternem Blick junge Knaben befingern. Herrinnen, die in den Armen ihrer Sklaven die Erfüllung finden, die ihnen ihre trunkenen Ehemänner nicht mehr geben können.«
    Hastig, als wolle er all das, was ihm so lange auf der Seele gebrannt hatte, loswerden, schrie er: »Beamte, die durch Bestechung in ihre Ämter kommen, Statthalter, die ihre Provinzen ausplündern. Ich habe in meinen Jahren in Rom alles kennen gelernt von eurer Kultur. Eure Philosophie habt ihr von den Griechen, eure Soldatenvon den unterworfenen Völkern, eure Götter übernehmt ihr willfährig von denen, die ihr gerade versklavt habt. Und euren Schutz haben wir nicht nötig, wir haben uns immer selbst geschützt. Unsere Krieger sind tapfer, selbst unsere Weiber haben mehr Mut als eure Legionäre. Pah!« Voller Abscheu spuckte er auf den Boden.
    Valerius hatte lange geschwiegen. Zu viel von dem, was der Germane ihm vorwarf, entsprach der Wahrheit, wie der Römer zugeben musste. Zum ersten Mal entdeckte er menschliche Züge im Antlitz dieses Barbaren.
    »Die Götter selbst haben uns den Auftrag gegeben, die Welt zu regieren. Unter dem göttlichen Augustus haben wir ...«
    »Euer göttlicher Augustus hat zuerst einmal alle seine Gegner in Rom in einem Meer von Blut ertränkt. Sein Nachfolger Tiberius zog sich aus Abscheu vor eurem grauenvollen Rom auf eine Insel zurück. Caligula, euer Stiefelchen, hat ein Pferd in das höchste Amt des Staates berufen. Und Claudius, euer göttlicher Kaiser, wird von Freigelassenen beherrscht.«
    Valerius war über die profunden Kenntnisse des Germanen mehr als überrascht. Catuvolcus schien das zu bemerken und lächelte tückisch. »Ihr solltet eure Feinde niemals unterschätzen. Als ich als Gladiator in Rom um mein Leben kämpfte, habe ich eure Sprache gelernt. Ich lernte sie sprechen und auch lesen. Und in den vielen Nächten, in denen meine Kameraden von Dirnen umsorgt und vom Wein benebelt wurden, da habe ich eure Schriften gelesen.«
    Seine gedrungene Gestalt streckte sich. »Man muss einen Feind genau kennen, wenn man ihn schlagen will. So wie es Arminius mit eurem Varus gemacht hat. Und es kommt der Tag«, herrschte er Valerius an, und seine Stimme überschlug sich fast, »ganz sicher wird er kommen, da werden alle Völker Germaniens sich vereinen und über euch verhasste Römer herfallen. Unsere Erde wird euer Blut trinken, und unsere Kinder werden mit den Gebeinen eurer Soldaten spielen. Dann werdet ihr sehen, Römer, dass man die Freiheit eines Volkes nicht auf alle Zeit unterdrücken kann. Und nun genug der Worte, Römer! Morgen werden wir sehen, wie es um deine Tapferkeit bestellt ist, wenn wir dich mit Axt und Feuer befragen.«

    ***
    Ein leiser Windzug weckte Valerius aus seinem erholsamen Schlaf. Mit einem Ruck hob sich sein geschwächter Oberkörper. Obwohl er in der undurchdringlichen Dunkelheit der Nacht nichts erkennen konnte, spürte er, dass jemand in der Hütte war.
    Er bemerkte Schritte. Jemand berührte ihn sanft an der Wange, streichelte zart über das Gesicht. Cataulca! Valerius roch den herben Geruch von Kräutern, der von ihr ausging. Er wollte ihren Namen

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