Agrippina - Kaiserin von Rom
was die beiden hatten. Und sollten sie deinen Laden noch einmal betreten, rate ich dir: Sei freundlich! Dieser Mann hier ist ein persönlicher Freund unseres göttlichen Cäsars! Und in der Arena von Rom ist ein arroganter Nichtsnutz wie du stets willkommen.«
***
Die Taberna » Ad tres Quercos« gefiel Valerius wesentlich besser. Dirana beobachtete die beiden Männer mit großen Augen. Gaius hatte einen kräftigen Lammbraten mit Lauch und Kohl bestellt und Valerius dazu überredet, das einheimische Cervisia zu probieren.
»Dirana, ich möchte dir meinen besten Freund vorstellen. Was heißt Freund? Er war immer wie ein großer Bruder für mich! GaiusTullius Eximius.« Der Beiname »Eximius« war nicht übertrieben, denn obwohl Valerius mit sechs Fuß über eine weit überdurchschnittliche Körpergröße verfügte, überragte Gaius ihn um fast einen Kopf. Sein Körperbau war der eines Gladiators, die muskelbepackten Oberarme schienen das dünne Tuch seiner Uniform schier zerreißen zu wollen.
»Seit zwanzig Jahren kennen wir uns! Wir sind beide auf dem Esquilinus aufgewachsen und gemeinsam mit siebzehn Jahren in die Legion eingetreten. Zusammen haben wir die ersten zwei Jahre in Belgica gedient, und zusammen sind wir dann in die Garde eingetreten. Freilich ist Gaius etwas später zum Tribun befördert worden ...«
Gaius lachte: »Ich hatte nicht das Glück, den göttlichen Claudius hinter dem Vorhang zu entdecken und ihn auf den Schultern durch den Palast tragen zu dürfen.«
»Wahrscheinlich, weil du wieder einmal besoffen warst.« Beide Männer lachten schallend.
»Und dann, dann haben wir uns aus den Augen verloren.«
»Weil du die Garde nach zwölf Jahren verlassen hast.« In Valerius’ Stimme schwang etwas wie ein Vorwurf mit.
»Wofür ich meine Gründe hatte«, sagte Gaius stirnrunzelnd, »jedenfalls habe ich mich wieder zur Legion versetzen lassen. Vier Jahre habe ich in der VI. Victrix in Hispania gedient. Vor drei Monaten hat man mich nach Novaesium versetzt, zur XVI. Gallica . Aber nun sag, was macht ein Prätorianer hier in der Provinz?«
Wenn Valerius vor jemandem keine Geheimnisse hatte, dann war es sein Herzensfreund Gaius. Aber da war ja noch Dirana ... Die Sklavin spürte, worüber Valerius nachdachte.
»Wollt ihr einen Augenblick allein sein?«, fragte sie und wollte den Tisch verlassen.
»Bleib, Dirana.« Valerius legte seine Hand auf ihren Arm. »Du wirst es schon gemerkt haben, wie nah du meinem Herzen stehst. Also sollst du auch an meinem Geheimnis teilhaben.« Er stärkte sich mit einem ordentlichen Schluck Cervisia und begann zu erzählen: von dem Auftrag des Kaisers, von der Begegnung mit der Augusta , dem Zettel des Unbekannten. Er ließ nichts aus, berichtete von den Anschlägen gegen sein Leben und allem, was ihm in derUbierstadt zugestoßen war. Als er den hageren Mann in seinem schwarzen Mantel erwähnte, zuckte Dirana unmerklich zusammen.
»Kannst du ihn näher beschreiben?«, fragte sie atemlos.
»Das kann nur Niger sein!«, rief Dirana so laut, dass sich einige der Gäste umdrehten.
»Wer?«
»Tullius Torquatus Niger. Ein übler Schurke. Ich kenne ihn recht gut, denn er war oft Gast im Haus meines Herrn.«
»Des Aedils? « Valerius war völlig verblüfft.
»Seit einigen Monaten nicht mehr, aber davor regelmäßig. Zuletzt ... zuletzt ist er vor etwa drei Monaten bei uns gewesen.«
»Was weißt du über ihn?«
Aber bevor Dirana antworten konnte, unterbrach Gaius. »Tullius Torquatus Niger? Den musst du auch kennen, mein Freund. Erinnere dich an die Zeit, bevor Agrippina die Augusta war.«
Valerius schüttelte nur den Kopf. »Nein, beim besten Willen. Der Name sagt mir nichts.«
»Er ist einer ihrer besten Geheimagenten!«
»Ich wüsste nicht, dass ich ihn jemals im Palast gesehen hätte.«
»Er diente schon dem ›Stiefelchen‹. Er ist äußerst gefährlich«, ergänzte Gaius, »so jemand spaziert nicht im Palast herum. Ich kenne ihn noch aus meiner Zeit, wenn auch nur oberflächlich. Wenn der hier seine Finger im Spiel hat, kann es sehr gefährlich für dich werden. Ich sehe schon, mein Lieber, ich werde auf meinen kleinen Bruder aufpassen müssen.« Gaius sah zum Fenster hinaus. »Ich muss leider ins Lager zurück! Wir haben im Augenblick so viele Kranke, gerade unter den Offizieren, dass jeder Mann gebraucht wird. Wollte eigentlich nur einen Imbiss bei Symmachus einnehmen. Der Kerl ist zwar ein hochnäsiger Affe, aber seine Küche verdient ihren guten Ruf. In
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