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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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Feind kaum mit einer Aktion dieses Ausmaßes rechne. Auf die weiteren Ausführungen musste Valerius leider verzichten, weil er zur zweiten Nachtwache als Dienst habender Offizier zur Lagerwache eingeteilt war.
    ***
    Der Feldzug verlief jedoch völlig anders als geplant. Die Germanen mussten vor der Ankunft ihrer Feinde gewarnt worden sein, denn sie zogen sich gänzlich zurück. Wohin die Römer auch kamen, trafen sie nur auf brennende, verlassene Dörfer. Längst hatten sie die Rura erreicht, aber außer einem kleinen Scharmützelmit einem germanischen Jagdtrupp kam es zu keiner weiteren Feindberührung. Aus den versprochenen Wochen waren quälend lange Monate geworden. Die lästige, aber unausweichliche Routine des täglichen Lagerbaus zerrte an den Nerven. Es kam zu Spannungen innerhalb der Truppe. Disziplinarstrafen wurden verhängt. Die Vorräte gingen zur Neige und mussten erbarmungslos rationiert werden – und immer noch kein Feind in Sicht!
    Inzwischen neigte sich der Sommer dem Ende zu und die Nächte wurden empfindlich kühl. Dauernder Regen verwandelte die Wege in Morast und die Wälder in feuchte, schlammige Dome. Fast jeden Morgen herrschte undurchdringlicher Nebel, in dem tausend Gefahren zu lauern schienen. Gelegenheit zu einem Gespräch mit seinem Freund Gaius hatte bisher nicht bestanden, Valerius und er waren nie alleine. Zu gerne hätte Valerius seine neuen Erkenntnisse mit dem Freund geteilt, zu gerne hätte er mit ihm auch über das gesprochen, was ihm als schwere Last auf dem Herzen lag: Dirana! Die Vorstellung, dass sie inzwischen mit einem Metzger aus Mogontiacum verheiratet sein könnte, dass sie gar das Lager mit ihm teilte, brachte ihn fast um den Verstand.
    Da die Vorräte mittlerweile gänzlich aufgebraucht waren, blieb nichts anderes übrig, als »sich aus dem Land zu versorgen«, wie der Legat es nannte. Aber immer häufiger kehrten die Jagdtruppen ohne Beute zurück. Es schien, als hätten sich die Tiere des Waldes den Sugambrern angeschlossen und versteckt. Hätte Argober nicht hin und wieder ein Kaninchen beschafft, wäre auch Valerius von dem allgemeinen Hunger nicht verschont geblieben.
    Eines Abends kehrte der ausgesandte Jagdtrupp – fünfzig Auxiliarreiter – überhaupt nicht zurück. In dieser Nacht erfolgte der erste Angriff auf das Lager der Römer! Doch obwohl sie auf drei Seiten gleichzeitig angegriffen wurden – die vierte Seite bildete ein schroffer Berghang –, wehrten die Römer den Angriff mit geringen Verlusten ab. Bei Sonnenaufgang war der Feind wieder verschwunden.
    »So hat Arminius den Varus zermürbt«, erklärte Iunius Silanus auf der Stabsbesprechung und erschien doch unbesorgt, »mit uns werden die Germanen das nicht machen.«
    Sie zogen weiter, westwärts, den Spuren der Sugambrer nach, und aus Verfolgten wurden Verfolger. Am dritten Tag hatten sie dieGermanen gestellt, und zwar auf einer unbewaldeten Fläche, wie es den Römern am liebsten war. Valerius schätzte die Zahl der Germanen auf mehr als zehntausend. Der Tribun befehligte zwei Kohorten auf dem linken Flügel und hatte die Aufgabe, den Feind zu umgehen und ihm in den Rücken zu fallen. Auf dem Rücken seines schwarzen Hengstes Ignis, dem »Geschenk« Cataulcas, trieb er die Männer mit Anfeuerungsrufen nach vorne. Aber die Reiter der Sugambrer bemerkten seine Absicht und stellten sich ihm in den Weg. Es kam zu einem kurzen, aber erbitterten Gefecht. Valerius musste mit ansehen, wie seine Männer durch die Lanzen der germanischen Reiter reihenweise fielen.
    »Schildkröte bilden!«, schrie er ihnen zu, und sofort begaben sich die Männer in die gewohnte Schutzposition. Den Sugambrern fiel es jetzt wesentlich schwerer, durch die fest geschlossenen Reihen der römischen Kohorten zu brechen, die an allen Seiten mit Schild und Lanze gesichert waren. »Langsam vorrücken!« Der waffenstarrende Menschenpanzer setzte sich in Bewegung und zermalmte alles, was ihm in den Weg geriet.
    Eine germanische Lanze surrte knapp an seinem Kopf vorbei. Valerius duckte sich. Zwei Sugambrer preschten direkt auf ihn los. Dem ersten spaltete er mit seinem Schwert den Kopf. Der zweite aber rammte seine Axt auf das Schild des Römers, das unter der Wucht des Schlages zerbarst. Valerius warf es weg und focht Schwert gegen Axt mit dem hünenhaften Germanen. Mit einem plötzlichen Aufschrei brach der Germane zusammen und sank langsam vom Pferd. Ein Wurfspeer hatte sich in seine Brust gebohrt. Valerius sah nach hinten und

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