Agrippina - Kaiserin von Rom
Caecina, die Eltern sind erst vor einigen Monaten aus Italia hierher gezogen. Der Vater war einmal Aedil in Rom!«
Valerius sah erstaunt auf. Das war eine sehr gute Nachricht.
»Wo ist er?«
»Er befindet sich im Haus seiner Eltern und wird dort gepflegt. Es geht ihm einigermaßen gut, aber noch weiß niemand, ob er den Anschlag wirklich überleben wird. Ich habe das Haus unter Bewachung gestellt. Man konnte ihn bisher nicht befragen, das überlasseich dir. Viridorix wird dir sagen, wo du ihn finden kannst. Übrigens hat Publius Statilius Taurus ein merkwürdiges Interesse an dem jungen Mann. Ich musste ihn fast gewaltsam von einer Befragung abhalten. Hast du eine Erklärung dafür?«
Valerius schüttelte den Kopf. »Der Aedil? Nein. Keine Ahnung. Ich werde mich darum kümmern. Vorher aber habe ich noch etwas anderes zu tun, das mindestens ebenso wichtig ist.« Er wollte aufstehen, doch der Prätor hielt ihn zurück.
»Noch etwas! Es ist ein weiterer Brief für dich eingetroffen.« Der Prätor reichte ihm eine Schriftrolle, die das kaiserliche Siegel trug. Valerius dankte und verließ das Zimmer. Auf dem Flur öffnete er das Schreiben hastig:
Narcissus Libertinus grüßt den Tribun Marcus Valerius Aviola
Der Cäsar ist besorgt! Unseren ersten Brief hast du nicht
beantwortet, und so wissen wir nicht, wie es um die Sache steht,
derentwegen wir dich in die Ubierstadt sandten. Es gibt hier in
Rom genügend Gründe, sich Sorgen zu machen, da müssen
wir uns nicht die Sorgen der Provinz zusätzlich aufhalsen.
Wir befehlen hiermit deine sofortige Rückkehr nach Rom zur
Berichterstattung! Der Cäsar ist äußerst ungehalten und versteht
nicht, wieso sein zuverlässigster Tribun ihn so ihm Stich lässt.
Tert. ante Non. Aug. anno 807 a. u. c.
Narcissus Lib.
Dass Narcissus den Brief höchstpersönlich unterzeichnet hatte, zeigte seine besondere Dringlichkeit. Valerius verstand die Besorgnis in Rom, man hatte jetzt schon seit Monaten nichts mehr von ihm gehört. Zugleich aber wurde klar, dass Narcissus und damit auch der Kaiser nichts von der ihm aufgezwungenen Teilnahme am Feldzug gegen die Sugambrer wussten. Das hatten andere ausgeheckt.
Rückkehr? Sofortige Rückkehr? Unmöglich. Zuerst war hier noch einiges zu erledigen. Unbedingt musste der junge Mann befragt werden, der den feigen Anschlag überlebt hatte. Aber das hatte noch zu warten, sein erstes Ziel war Mogontiacum .
Er gewährte sich selbst zwei Tage Urlaub, und auch Gaius konnte sich frei machen, um seinen Freund zu begleiten. Statt eines unbequemen Ritts entschlossen sie sich für die Annehmlichkeiten einer Schiffsreise. Am frühen Morgen nahmen sie die Kutsche nach Bonna und schifften sich dort auf das nächste Postschiff nach Mogontiacum ein. In den Mittagsstunden erreichten sie die Stadt und begaben sich sofort auf das Prätorium .
» Quintus Vinucius, der Metzger?« Der Schreiber sah die beiden Offiziere überrascht an. »Ihr seid aus Colonia Agrippinensium gekommen, um einen Metzger aufzusuchen?« Er schüttelte seinen grauhaarigen Kopf.
»Ihr geht am Forum entlang, weiter den Cardo etwa dreihundert Schritt, dann biegt ihr links in die nächste Seitengasse ein. Ihr könnt es nicht verfehlen, das Schild Ad lanios wird euch den Weg weisen. Ihr findet dort drei Metzgereien, die des Vinucius ist die erste. Aber im Vertrauen«, beugte er sich vor, »Fleisch würde ich dort nicht kaufen. Sein Fleisch ist wie er selbst, ranzig und verdorben!«
Fünfzehn Minuten später standen die Männer vor der beschriebenen Metzgerei. Ein Schild versprach den Kunden »Bestes Fleisch aus eigener Schlachtung, Wildspezialitäten, einheimische Würste«. Als sie den Laden betraten, kam ein kleines glatzköpfiges Männlein mit überdimensionalem Bauch aus dem Hinterraum auf sie zu. Seine Augen zuckten ständig, und er rieb sich die fettigen Hände.
»Was kann es sein, die edlen Herren? Quintus Vinucius steht zu eurer Verfügung. Ein köstlicher Braten oder vielleicht edles Wild, oder habt ihr ...?«
»Wir wollen Dirana sehen!«, sagte Valerius knapp.
»Diraaaaaana?« Der Alte war so verblüfft, dass er den Mund offen ließ. Seine Augen zwinkerten jetzt im Sekundentakt.
»Sie ist ... äh ... was wollt ihr von ihr? ... Äh ... sie ... sie ist meine Sklavin und fühlt sich zurzeit nicht ... äh ... ich meine, sie ist krank.«
»Wo ist sie?«, herrschte Gaius den Alten an. »Mann, du sprichst hier mit zwei kaiserlichen Tribunen! Wir sind nicht zum Spaß
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