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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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überdurchschnittlich transpirierte, sondern immer wieder auch anbiedernde Pseudofragen stammelte wie: »Was schlagen Sie als Reisejournalistin denn vor, was in Trondheim sehenswert ist?« Als ob ihn tatsächlich die Stadt, in deren Hafen sie am nächsten Morgen anlegen sollten, interessieren würde.
    »Trondheim?« Swantje musste nicht lange nachdenken und schleuderte begeistert »Der Nidarosdom!« aus sich heraus. Der Dom klang in ihrem gehauchten Timbre wie ein Sündenpfuhl. Eine Lusthöhle. Ein erotisches Abenteuer. Vinzi roch ihren Atem, eine verruchte Mischung aus Pfefferminzbonbon, Rotwein und einer Note, die nicht einwandfrei zu identifizieren war. Irgendwie erinnerte ihr Atem ihn aber an den Geschmack des weiblichen Geschlechts; eine Assoziation, die Vinzi langsam die Rezeptoren in seinem Hirn verklebte. Was Plotek zu bemerken schien. Er warf ihm einen besorgten Blick zu.
    »Kennen Sie seine Geschichte?« Swantje war so nahe an Vinzi herangerückt, dass er ihr in den Mund gucken konnte. Ihre Zunge tänzelte, als verwechselte sie Kommunikation mit Cunnilingus.
    »Der Dom wurde auf der Grabstätte von König Olav errichtet, der als Wikinger erschlagen, dann als Märtyrer stilisiert und schließlich als Heiliger und Wundertäter verehrt wurde. Seither ist der Dom eine Pilgerstätte. Sieben norwegische Könige wurden im Dom gekrönt, und zehn wurden dort begraben.«
    »Interessant«, stammelte Vinzi, ganz schwindelig vom Zungentanz. Ohne dass ihm auffallen wollte, dass das alles wie aus einem Reiseführer auswendig gelernt klang. Dafür fehlte Vinzi einfach die nüchterne Einschätzung. Oder im wahrsten Sinne der kühle Kopf.
    »Auch interessant ist das Glasfenster über dem Westportal. Das müssen Sie sehen.«
    »Ich weiß nicht. . .«
    »Doch, doch, doch, den Dom müssen Sie unbedingt besuchen!« Swantje sagte es, als würden sie und ihre Zunge später für alles Weitere uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Dabei fasste sie Vinzi am Arm an, dass es ihm heißkalt den Rücken entlangprasselte.
    »Versprochen?«
    »Versprochen.« Vinzi war in Gedanken schon beim Später.
    Während Swantje Vinzi in einen Gefühlstrudel stieß, der an seinen Stummelbeinen zuzelte wie an einer Weißwurst, machte sich Herlinde Vogler-Huth an Plotek heran. Sie versuchte ihm auf Teufel komm raus ein Gespräch über Kunst aufzuzwingen, das der gar nicht haben wollte. Er wollte überhaupt kein Gespräch mit ihr führen. Sie aber gab die halbe Lebensgeschichte von Paula Modersohn-Becker von sich, danach folgten ihre eigenen Ausstellungserfolge als Malerin in der Sparkasse Oberhausen, im Finanzamt Duisburg und in einer italienischen Pizzeria in Wanne-Eickel. Plotek reagierte immer nur mit »Hmm« oder »Aha«, schüttete dabei aber Unmengen Schnaps und Bier in sich hinein. Woraufhin Herlinde Vogler-Huth ihre Strategie zu ändern schien. Sie zeigte sich plötzlich auffällig an Ploteks Leben interessiert.
    »Und Sie?«, fragte sie, während sie ihn wieder entschlossen am Oberarm packte. »Sicher haben Sie auch etwas mit Kunst zu tun, nicht wahr?«
    »Hmm.«
    »Das sieht man sofort! Lassen Sie mich raten.« Sie legte die Stirn in Falten und nahm seine beiden Hände mit ihrem muskulösen Griff. Sie sah sie lange an und sagte dann: »Schauspieler?«
    »Hmm.«
    »Ich wusste es! Lassen Sie uns darauf anstoßen.«
    Herlinde Vogler-Huth bestellte zwei Aquavit. Sie stießen an, und noch ehe Plotek trinken konnte, hakte sich Herlinde mit dem Glas in der Hand unter Ploteks Arm ein. Beide führten die Gläser zum Mund und tranken.
    »Herlinde«, sagte Herlinde Vogler-Huth.
    »Plotek«, sagte Plotek. Woraufhin Herlinde lachte. Was sich wieder wie Keckern anhörte. Sie schürzte ihre Lippen und pflanzte einen Kuss auf Ploteks Mund. Der von nun an so schwer auf seinen Lippen lastete, als säße ihm ihre Tochter Paula mit dem Arsch im Gesicht. Jetzt warf Vinzi ihm einen besorgten Blick zu. Plotek verdrehte die Augen. Was auch als Hilferuf verstanden werden konnte. Aber keine Chance. Vinzi war mit sich selbst und vor allem mit der Aufmerksamkeit Swantjes beschäftigt.
    »Darf ich dir einen Tipp geben?« In Herlindes Stimme schwang eine Portion Mütterlichkeit mit.
    »Hmm.«
    »Quark!«
    »Quark?«
    »Quark!« Herlinde nickte und strich über seinen Unterarm. »Für den Sonnenbrand, das hilft. Einfach draufstreichen, dreißig Minuten einwirken lassen und dann wieder abwischen.« Sie sagte es, als wäre es das Rezept für eine Nachspeise.
    »Komm einfach

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