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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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. . was?«
    »Traditionelles nordisches Fischgericht. Laugenfisch, in einer Lauge aus Birkenwasser gewässerter Trockenfisch.«
    »Woher weißt du das?«
    »Steht hier. Mit Speck, Erbsengemüse und Kartoffeln.«
    » Gibt es auch Kjottkaker ?«, fragte Vinzi.
    »Ja. Hier, Fleischklopse in brauner Soße.« Plotek zeigte mit dem Finger in die Karte.
    Noch ehe Vinzi etwas sagen konnte, sprang Bruchmeier an seinem Tisch plötzlich auf. Er schleuderte die Speisekarte von sich auf den Tisch, als wäre es ein Sprengstoffgürtel. Dabei fiel das Weinglas geräuschvoll um und saute die Tischdecke ein. Dann rannte er mit der Hand am Mund und verzerrtem Gesicht durch den Biergarten und verschwand in der Gaststätte. Plotek und Vinzi sahen ihm interessiert hinterher. Anschließend blickten sie hinüber zu seinem Tisch, auf dem die Speisekarte aufgeschlagen neben dem umgefallenen Glas lag. Die Kieningers hingegen ließen sich weiterhin von alldem nicht stören.
    »Auch seekrank?« Vinzi sagte es mehr als Feststellung denn als Frage. Plotek war sich da nicht so sicher.
    »Dem schlägt die Schiffsreise ebenfalls auf den Magen«, vermutete Vinzi mit schadenfrohem Lächeln. Das verging ihm aber sogleich wieder.
    »Schau mal.« Plotek zeigte in Richtung Bruchmeiers Tisch. Neben dem Tischbein lag auf dem Boden im Kies ein schwarzes quadratisches Teil, in der Größe einer halben Postkarte. Natürlich war den beiden sofort klar, worum es sich hier handelte. Es war ein Polaroidfoto. Nicht klar war ihnen, was es zeigte. Sie schwankten zwischen Neugierde und der Angst, sich ihren Magen und damit das bevorstehende Essen zu ruinieren. Die Neugierde gewann. Bei beiden. Noch ehe Plotek Schnick, schnack, schnuck Vorschlagen konnte, hievte sich Vinzi aus dem Rollstuhl und hoppelte auf seinen Stummelbeinen zum Tisch von Bruchmeier. Er hob das Foto auf und kam zu Plotek zurück. Vinzi legte das Bild auf die weiße Tischdecke. Plotek wusste intuitiv, dass das ein Fehler war. Ein hässlicher Fehler. Weil: ein hässliches Bild. Es war wirklich kein schöner Anblick. Es war ein erschreckender Anblick. Kein Wunder, dass Bruchmeier auf die Toilette flüchten und sich da offenbar übergeben musste.
    Auch auf diesem Polaroid war ein Mensch abgebildet. Ein nackter Mensch. Ein toter Mensch. Es war Lars Kuhlbrodt. Eindeutig. Das Widerlichste war aber, dass ihm nicht nur wie Pastor Ralf Augustin die Augen fehlten. Es fehlte ihm auch noch das Geschlecht. Wo sein Schwanz gewesen war, klaffte jetzt ein blutiges Loch. Auf der nackten Brust stand eingeritzt, wie INRI auf der Stirn von Augustin, Johannes.
    »Johannes?« Vinzi fragte es mit einem angewiderten Zug um den Mund. »Ich dachte, der hieß Lars.«
    Plotek nickte und wirkte ähnlich angewidert und verwirrt wie Vinzi. »Was hat das zu bedeuten?«
    Vinzi zuckte mit den Schultern. »Wie es aussieht, wurde er entmannt.«
    Allein die Vorstellung schmerzte die beiden.
    »Womöglich bei lebendigem Leib.« Noch mehr Schmerzen.
    »Scheiße!«
    »Kann man wohl sagen.« Beide spürten einen Stich in der Lendengegend.
    Sie schwiegen und sahen lange auf das Foto, als wäre es ein Gruß, ein Abbild der Hölle.
    »Da wird Swantje aber traurig sein«, sagte Plotek schließlich. Vinzi sah für einen Moment lang aus, als würde ihn das ein bisschen freuen.
    Der Kellner kam und fragte in fast akzentfreiem Deutsch, aber mit einem weniger norwegischen als vielmehr holländischen Einschlag: »Haben die Herren schon gewählt?« Er klang wie Rudi Carrell.
    »Zweimal Smalahove und zwei Bier«, sagte Vinzi noch ganz benommen und ohne lange nachzudenken. Der Kellner nickte, und noch ehe er ihnen den Rücken zuwenden konnte, fragte Plotek: »Wo ist der Herr?« Er zeigte dabei in Richtung Bruchmeiers Tisch. Der Kellner entdeckte das umgefallene Glas, hob es auf und stellte es auf sein Tablett. Er sagte: »Hat schon bezahlt«, was so klang wie: »Ist schon tot.« Dann verharrte er kurz. Er hob das über der Stuhllehne hängende Herrentäschchen von Bruchmeier hoch. »Hat vergessen er?«
    »Macht nichts«, sagte Vinzi. »Nehmen wir mit.«
    »Er ist auch auf der MS Finnmarken«, ergänzte Plotek, um den aufkommenden Zweifel des Kellners zu zerstreuen. Was auch gelang.
    »Dann, er hat Glück«, sagte er und verschwand wieder lächelnd in der Gaststätte.
    »Tja, das wenn man wüsste.« Vinzi schaute ihm hinterher, als hätte er da so seine Zweifel.
    Auch Plotek wurde nachdenklich. Er tippte auf das Polaroid und fragte: »Wie kommt das Foto

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